Der Hype um Bitcoin und Co. hält unvermindert an. Doch es gibt kaum einen Grund anzunehmen, dass sich die virtuellen Recheneinheiten als alternative Zahlungsmittel durchsetzen werden. Anleger konnten damit zwar außerordentliche Gewinne erzielen, dennoch spricht einiges gegen ein Investment in Kryptowährungen.
Ein Kommentar von Christian Dagg, Gründer und Geschäftsführer der Brilliant Vermögensverwaltung für den Mittelstand GmbH
Ohne Frage erscheinen die Gewinne, die manche Anleger mit Kryptowährungen Medienberichten zufolge erzielt haben, märchenhaft. Für zusätzlichen Auftrieb sorgte zuletzt auch, dass mit Coinbase die erste Krypto-Handelsplattform an die Börse ging und immer neue Anlagemöglichkeiten, zum Beispiel in Form von ETFs und ETCs, auf den Markt kommen. Gleichzeitig wird in der Öffentlichkeit darauf hingewiesen, dass sich Kryptowährungen zunehmend etablieren und das Zahlungsmittel der Zukunft sind.
Was steckt wirklich hinter dem Hype um Kryptowährungen?
Bitcoin und Co. treten als alternative Zahlungssysteme mit dem Versprechen an, dezentral, sicher, anonym, praktisch und günstig zu sein. Das klingt im ersten Augenblick zu gut, um wahr zu sein. Bei genauerer Betrachtung kommen jedoch Zweifel auf, ob Kryptowährungen ihre Versprechen wirklich halten können. Beispiel dezentrale Strukturen: Eine Idee von Kryptowährungen ist, dass sie frei von Banken und staatlichen Stellen und damit ohne zentrales Organ funktionieren. Es stellt sich aber die Frage, was dieses Freiheits-Versprechen dem normalen Nutzer eigentlich bringt. Denn tatsächlich gewährleistet Bargeld diese Freiheit im Alltag bereits besser als jede Kryptowährung, weshalb es im täglichen Leben eigentlich keinen konkreten Bedarf nach dieser Art von Freiheit gibt.
Kryptowährungen: wirklich so sicher wie behauptet?
Auch soweit es den Aspekt der Sicherheit betrifft, sind Zweifel angebracht. Offiziellen Schätzungen zufolge sind 20 Prozent aller Bitcoins verloren, weil die Besitzer das Passwort vergessen haben. Und auch in der Krypto-Welt können Anwender Opfer von Diebstahl und Betrug werden. Im Vergleich dazu bietet eine Kreditkarte erhebliche Vorteile, da die dahinter stehende Firma im Zweifelsfall hilft und die beiderseitige Vertragserfüllung garantiert. Auch der Vorteil hinsichtlich des besseren Schutzes der Privatsphäre stimmt für den Großteil der Nutzer nicht. Und schließlich habe ich auch selbst festgestellt, dass eine Bezahlung mit Bitcoin doch vergleichsweise kompliziert sein kann.
Komfortabler lässt sich der Krypto-Zahlungsverkehr zwar über Handelsplattformen organisieren. Doch wird damit wieder eine zentralisierte Kontrollstelle geschaffen. Mit anderen Worten ist es so, dass bei der Umsetzung der theoretisch proklamierten Vorteile von Kryptowährungen in die tägliche Praxis Probleme und Schwächen zu Tage treten, deren Beseitigung immer auch den Vorteil selbst mit beseitigt. Versucht man also Kryptowährungen als Zahlungsmittel praxistauglich zu machen, verschwindet die Daseinsberechtigung als Alternative zum bestehenden Zahlungssystem.
Viel „heiße Luft“ und kein intrinsischer Wert
Bleibt die Frage, was das für Anleger bedeutet. Natürlich werden Kryptowährungen als Spekulationsobjekt weiter Geld, Ideen und Kreativität für ihre Weiterverbreitung anziehen, und es werden sich damit wohl auch weiter gelegentlich Spekulationsgewinne erzielen lassen. Wer mit Bitcoin und Co. spekuliert, sollte aber zwei wichtige Aspekte berücksichtigen: Zum einen ist das der enorme Energieverbrauch bei der Herstellung von Kryptowährungen. Laut dem Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index ist allein das Bitcoin-Netzwerk stromintensiver als die Ukraine. Zum anderen gibt es viele Bitcoin- und Kryptoasset-Besitzer, die sich am Rande der Legalität oder im kriminellen Bereich bewegen und man diese mit dem Kauf dieser Internetwährungen unterstützt.
Zwar ist die Spekulation mit Kryptowährungen ein legitimes Anliegen. Allerdings sollte man wissen, was man tut und sich darüber im Klaren sein, dass man damit eine Welt ohne Verbraucherschutz sowie die Verschwendung von Energie unterstützt, ohne dass damit ein vertretbarer Gegenwert geschaffen wird. Letztlich, so folgert der Experte, handle es sich dabei um ein Spekulationsobjekt mit viel heißer Luft, das – anders als Aktien oder Immobilien – keinen intrinsischen Wert hat. In einem professionell aufgebauten Portfolio, das dem langfristigen Vermögensaufbau dient, haben diese virtuellen Recheneinheiten deshalb nichts verloren.
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