Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat sich in den eineinhalb Jahren der Corona-Pandemie einmal mehr als Anker der Stabilität in unserem Solidarsystem bewiesen und einen maßgeblichen Anteil daran, dass wir in Deutschland bisher relativ gut durch die Pandemie gekommen sind.
Als Solidargemeinschaft mit über 73 Millionen Versicherten hat sie die medizinische und pflegerische Infrastruktur für alle Menschen, die in diesem Land leben, gesichert.
Sie ist dabei auch finanziell häufig in Vorleistung gegangen, hat Rettungsschirme für Ärzte, Hebammen, Physiotherapeuten und viele mehr organisiert und finanziert. Ein Eckpfeiler dieses Engagements war stets die Zusage der Politik, die gesetzliche Krankenversicherung finanziell nicht im Regen stehen zu lassen. Dieser Eckpfeiler ist heute ins Wanken geraten.
Politische Zusage nicht eingehalten
Bisher galt die politische Zusage, rechtzeitig im Spätsommer die Finanzsituation für das kommende Jahr zu klären. Per Gesetz hatte der Deutsche Bundestag festgelegt, dass der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz der GKV auch im kommenden Jahr bei 1,3 Prozent gehalten werden soll.
Um dies zu gewährleisten, wurden die im Hintergrund notwendigen Zwischenbilanzen und Berechnungen sowohl der Krankenkassen als auch des Gesundheitsfonds auf den August vorgezogen.
Alles mit dem Ziel, in dem heutigen Gespräch des Bundesgesundheitsministers mit den Spitzen der GKV Einigkeit darüber zu erzielen, wie hoch der zusätzliche Bundeszuschuss im kommenden Jahr sein muss. Denn nur so wird eine verlässliche Planung möglich.
Der GKV-Spitzenverband hat deutlich gemacht, dass für die Stabilität des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes im kommenden Jahr ein zusätzlicher Bundeszuschuss in Höhe von sieben Milliarden Euro notwendig wäre.
Statt wie angekündigt in der Sache über die notwendige Höhe zu sprechen, hat der Minister mitgeteilt, dass die notwendigen Entscheidungen erst Mitte Oktober 2021 getroffen werden sollen.
Steht die Sozialgarantie in Frage?
Der Bundesgesundheitsminister hat im Gespräch betont, dass die gesetzliche Vorgabe gelte, den Zusatzbeitragssatz bei 1,3 Prozent stabil zu halten. Er betonte ebenfalls, dass die dafür notwendigen Finanzmittel kommen sollten und dass damit die Sozialgarantie der Bundesregierung gelte.
Angesichts der erwartbar schwierigen Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl ist damit jedoch völlig offen, wie und wann dann tatsächlich die zur Stabilisierung der GKV notwendigen Entscheidungen getroffen werden.
Die Sozialgarantie der Bundesregierung für das kommende Jahr ist ausgesprochen, aber die dafür notwendige Entscheidung wird auf die Zeit nach der Wahl verschoben.
Themen:
LESEN SIE AUCH
GKV-Spitzenverband für Reformen: „Positionen für die 20. Legislaturperiode 2021 – 2025“
GKV-Zusatzbeitrag 2025 höher als erwartet: Sozialabgaben erreichen neuen Höchststand
Der Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung liegt 2025 deutlich über der Prognose und treibt die Sozialabgaben damit auf ein neues Rekordniveau – mit spürbaren Folgen für Arbeitgeber und Beschäftigte.
Gesundheitsausgaben steigen 2021 auf über 474 Mrd. Euro an
Die Gesundheitsausgaben in Deutschland betrugen je Einwohnerin und Einwohner im zweiten Corona-Jahr 2021 durchschnittlich 5.699 Euro. Damit stiegen sie im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent und damit am stärksten seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1992.
Innungskrankenkassen mit Konzept für nachhaltige GKV-Finanzierung
Um eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung mit einer fairen Lastenverteilung sicherzustellen und damit eine außerordentliche Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu verhindern, sehen die Innungskrankenkassen die Verbreiterung der Einnahmenbasis als entscheidenden Faktor an.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.