Private Altersvorsorge gewinnt in Zeiten des demographischen Wandels immer mehr an Bedeutung, doch mehr als jeder Dritte in Deutschland sorgt nicht privat fürs Alter vor und verlässt sich allein auf die gesetzliche Rente.
Der Wunsch nach stärkerer privater Altersvorsorge ist unter den 18- bis 29-Jährigen stärker ausgeprägt als unter den älteren Kohorten, und die selbstgenutzte Immobilie ist der wichtigste Baustein der privaten Altersvorsorge.
Dies sind einige der Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsunternehmen Civey im Auftrag von INDUSTRIA WOHNEN und The Grounds in der Zeit vom 17. bis zum 22. August 2021 online mit rund 1.000 Personen durchgeführt hat.
Für Jacopo Mingazzini, Vorstand der The Grounds Real Estate Development AG, ist die Tatsache besorgniserregend, dass mehr als ein Drittel der Befragten sich offenbar allein auf die gesetzliche Rente verlassen. Laut ihm sei das gesetzliche Rentensystem in Deutschland durch die demographischen Entwicklungen vor immer größere Herausforderungen gestellt.
Eigentumsförderung muss zurück auf die politische Agenda
Bemerkenswert sei, dass die Notwendigkeit eigener Vorsorgeaktivitäten den Jüngeren inzwischen offenbar deutlich stärker bewusst ist als den Altersgruppen ab 30 Jahren. Dass die selbstgenutzte Immobilie für die Befragten der wichtigste Baustein der privaten Altersvorsorge ist, sei ein klarer Auftrag an die Politik.
Die Politik werbe einerseits aus gutem Grund für mehr private Altersvorsorge, würde aber gleichzeitig die Förderung der Eigentumsbildung vernachlässigen, so Mingazzini. Besonders deutlich sei das zurzeit in Berlin sichtbar, wo nicht nur viel zu wenig Wohnungen neu entstehen, sondern auch Umwandlungen von Bestandswohnungen in Eigentumswohnungen faktisch unmöglich gemacht werden.
Deshalb sei eine konkrete Förderung der Eigentumsbildung nötig, die über bloße Absichtserklärungen hinausgeht, sowie eigentümer- und investorenfreundliche Rahmenbedingungen für den Wohnungsmarkt, damit die vorhandene Nachfrage nach Wohneigentum auf ein entsprechendes Angebot trifft.
Mingazzini sagt:
Es wäre allerdings schon viel gewonnen, wenn wenigstens bestehende Hürden, allen voran die Grunderwerbsteuer bei selbst genutztem Wohneigentum, abgebaut und andere Regulierungen und Vorschriften, etwa beim Milieuschutz, entfallen oder zumindest entschlackt werden würden.
Was erschwert den Erwerb von Wohneigentum?
Für Arnaud Ahlborn, Geschäftsführer der INDUSTRIA WOHNEN GmbH, sind die größten Hindernisse auf dem Weg zur Immobilie die hohen Preise und fehlendes Eigenkapital. Mögliche Lösungsansätze wären laut ihm hier staatliche Eigenkapitalzuschüsse oder die Streichung der Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer.
Fast alle Parteien würden in ihren Wahlprogrammen die Bedeutung von privatem Wohneigentum für die Altersvorsorge betonen und fordern grundsätzlich eine Erleichterung des Erwerbs von Wohneigentum. Allerdings bleiben die Vorschläge wenig konkret und würden sich auf der anderen Seite mit der hohen Steuer- und Abgabenlast, die eher gegenteilig wirkt, beißen.
Auch Befragte der Studie wünschen sich mehr politische Förderung
Unabhängig von ihren politischen Überzeugungen sind sich die Befragten mehrheitlich darin einig, dass die Politik die Eigentumsbildung mehr fördern müsse.
Ahlborn sagt:
Mit 55 Prozent fordern mehr als die Hälfte der Befragten eine stärkere staatliche Förderung der Eigentumsbildung. Dieser Wert unterschiedet sich hinsichtlich der Parteipräferenz der Befragten kaum. Die Politik muss hier – auch angesichts des demographischen Wandels – in den kommenden Jahren konkrete Antworten geben.
Erheblicher Aufklärungsbedarf besteht offenbar nach wie vor beim Thema indirekte Immobilienanlage, da die entsprechenden Anlageprodukte überhaupt nur wenigen Befragten bekannt sind und dementsprechend auch nur in vergleichsweise geringem Umfang genutzt werden.
Dabei ermöglichen beispielsweise Offene Immobilienfonds auch jenen eine Altersvorsorge mit Immobilien, die für den Direkterwerb einer Immobilie entweder nicht das erforderliche Kapital aufbringen können oder wollen, aber regelmäßig kleinere Beträge beiseitelegen können.
Auch unter dem Aspekt der Diversifikation nach Regionen oder Immobilien-Nutzungsarten bieten indirekte Immobilienanlagen interessante Vorteile.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Rententhematik wichtig für Wahlentscheidung
Trotz Sorgen um Altersvorsorge: Jeder Fünfte kümmert sich nicht
Private Altersvorsorge: Weg vom Standard hin zum flexiblen Produkt
Für über ein Drittel der Befragten ist die klassische Rentenversicherung mit garantierten Leistungen bis zum Lebensende nach wie vor die erste Wahl, selbst wenn sie einen Verzicht auf höhere Renditechancen bedeutet. Umgekehrt will nahezu ein Viertel für höhere Renditechancen auf garantierte Leistungen verzichten.
Aktuare kritisieren Vorschläge der Fokusgruppe
Die Vorschläge konterkarieren zum Teil das Ziel privater Altersvorsorge und fördern Altersarmut. Insbesondere die Idee, die Rente mit zeitlich befristeten Auszahlungsplänen gleichzustellenden, würde den zentralen Kerngedanken von Altersvorsorge aufzugeben.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Versicherer heben Beitragsprognose für 2025 deutlich an
Die deutschen Versicherer blicken optimistischer auf das laufende Geschäftsjahr 2025. Wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mitteilt, erwartet die Branche nun ein spartenübergreifendes Beitragswachstum.
Versicherungsbranche: Tarifabschluss bringt deutliche Lohnerhöhungen
Die Gehälter im Versicherungsinnendienst steigen deutlich – vor allem in den unteren Entgeltgruppen. Auch Azubis profitieren. Der neue Tarifvertrag läuft über 26 Monate und bringt zahlreiche zusätzliche Regelungen.
Versicherungstarifrunde: 1.400 Beschäftigte in Baden-Württemberg im Warnstreik
Im Tarifkonflikt der privaten Versicherungswirtschaft erhöhen die Beschäftigten den Druck: Rund 1.400 Angestellte legen in Baden-Württemberg die Arbeit nieder – mit klarer Botschaft an die Arbeitgeber vor der entscheidenden Verhandlungsrunde am 4. Juli.
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.