Nachdem das Pandemie-Jahr 2020 auch die Pensionswerke der DAX- und MDAX-Unternehmen beeinflusst hatte, stand die erste Jahreshälfte 2021 ganz im Sinne der wirtschaftlichen Erholung. Während der Rechnungszins um 40 Basispunkte stieg, sank der Umfang der DAX-Pensionsverpflichtungen um 7,2 Prozent auf 379,6 Mrd. Euro (MDAX -7,0 Prozent auf 115,8 Mrd. Euro). Gleichzeitig erreichten einige Aktienindizes ein Allzeithoch.
In der Folge wuchsen auch die Pensionsvermögen der DAX-Unternehmen um 2,6 Prozent auf 272,8 Mrd. Euro (MDAX +3,9 Prozent auf 77,1 Mrd. Euro). Dadurch stieg der Ausfinanzierungsgrad, das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen, auf 71,9 Prozent im DAX (MDAX 66,6 Prozent).
Dies ermittelte die Unternehmensberatung Willis Towers Watson in einer Modellberechnung, dem German Pension Finance Watch. Dr. Heinke Conrads, Leiterin Retirement Deutschland und Österreich bei berichtet, dass die Pensionswerke der DAX-Unternehmen einen so hohen Ausfinanzierungsgrad zuletzt vor der Lehman-Krise im Geschäftsjahr 2007 erreichten.
Seitdem sei es den DAX-Unternehmen – trotz aller zwischenzeitlichen Kapitalmarktschwankungen – durchgehend gelungen, den Ausfinanzierungsgrad stabil bei meist etwa 65 Prozent zu halten: Dies sei möglich gewesen, weil Pensionspläne und ihre Finanzierungsstrategien frühzeitig ‚wetterfest‘ aufgestellt wurden. Conrads lobt:
Dass die Pensionswerke gerade jetzt ‚Rückenwind‘ bekommen, ist für die Unternehmen erfreulich. Sie profitieren nun sowohl von einem langjährigen vorausschauenden Management ihrer Pensionswerke als auch vom guten wirtschaftlichen Umfeld – und haben den Kopf frei für das Kerngeschäft.
Erholung der Kapitalmärkte unterstützt Wachstum der Pensionsvermögen
Nach großen Unsicherheiten im Jahr 2020 startete der Kapitalmarkt positiv in die erste Jahreshälfte 2021. Trotz steigender Infektionszahlen im ersten Quartal manifestierte sich hier bereits die Erwartung, dass auf die Corona-Krise eine wirtschaftliche Erholung folgen würde, was sich unter anderem durch Allzeithochs einiger Aktienindizes zeigte.
Hierdurch wuchsen auch die Pensionsvermögen. Es war eine Verschiebung von hochbewerteten Technologie-Titeln hin zu traditionellen Titeln, wie Industrie- und Finanzwerten, zu erkennen.
Rechnungszins gestiegen – Umfang der Pensionsverpflichtungen gesunken
Die Zinssätze für die Eurozone erholten sich in den ersten beiden Monaten 2021 deutlich, konnten ihr Niveau in der Folge jedoch aufgrund der von der Europäischen Zentralbank (EZB) bestätigten Geldpolitik lediglich halten.
In ihrer Sitzung vom 11. März äußerte die EZB die Sorge, dass die wirtschaftliche Erholung die gewünschten günstigen Finanzierungskonditionen der Unternehmen beeinträchtigen kann.
Inflationserwartung stabilisiert
Zwischenzeitlich sorgten gestiegene Inflationserwartungen und Renditen für Unsicherheiten bei den Marktteilnehmern.
Diese flachten jedoch zum Ende des ersten Quartals wieder etwas ab, nachdem die Notenbanken ihre geldpolitischen Ausrichtungen bekräftigten und keine kurzfristigen Veränderungen ihrer Strategien in Aussicht stellten.
Dies stabilisierte die langfristige Inflationserwartung per Ende Q2 auf dem Niveau von Ende 2020.
In ihrer Sitzung am 8. Juli verkündete die EZB allerdings ihre Absicht, künftig anstelle von „knapp unter 2 Prozent" ein mittelfristiges Inflationsziel von 2 Prozent zu verfolgen.
Welche Auswirkungen dies auf die tatsächliche Inflation beziehungsweise die längerfristige Inflationserwartung und damit auch auf die Pensionsverpflichtungen haben wird, bleibt abzuwarten.
Über die Studie: Wie beeinflussen aktuellen Entwicklungen in den Kapitalmärkten die Pensionspläne in Deutschland?
Dieser Frage geht die Modellberechnung „German Pension Finance Watch“ anhand von drei Benchmark-Pensionsplänen nach: Jeweils einem für den DAX und MDAX typischen Pensionsplan sowie einem Pensionsplan, der zum Stichtag 31.12.2003 vollständig ausfinanziert war und laufend in Höhe der neu erdienten Ansprüche dotiert wird (100%-Plan).
Die Analyse ergänzt die Studien von Willis Towers Watson zu den Auswirkungen der Kapitalmarktentwicklungen auf US-amerikanische Benchmark-Pensionspläne (Willis Towers Watson US Pension Finance Watch) und weltweite Benchmark-Pensionspläne (Willis Towers Watson Global Pension Finance Watch). Das aktuelle Studiendokument steht zum Download bereit.
Themen:
LESEN SIE AUCH
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad weiterhin auf Höchststand
Die Leitzinsanhebungen entlasten die Unternehmen im Hinblick auf ihre Pensionsverpflichtungen weiterhin. Zwar ist der anzusetzende Rechnungszins im langjährigen Vergleich noch niedrig, aber ansteigend. In der Folge setzt sich der Sinkflug bei den Pensionsverpflichtungen fort.
DAX-Pensionswerke mit leichtem Plus
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad springt auf Höchststand
Angesichts des derzeit hohen Ausfinanzierungsgrades können die Unternehmen sich noch nicht entspannt zurücklehnen. Denn auch wenn der Rechnungszins den Großteil seiner Zuwächse in der zweiten Jahreshälfte behaupten wird, bleibt die Volatilität an den Kapitalmärkten weiter hoch.
DAX-Pensionswerke: Ausfinanzierungsgrad auf Höchststand
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Goldpreis erreicht neuen Rekordwert
Der Goldpreis hat mit 3.600 US-Dollar je Feinunze ein neues Allzeithoch erreicht. Welche Faktoren die Rallye treiben – und warum Analystin Sarah Schalück von der apoBank den Trend noch lange nicht am Ende sieht.
Globale Renditeanstiege: Langläufer geraten unter Druck
Die Renditen 30-jähriger Staatsanleihen steigen weltweit auf neue Höchststände. Der Kapitalmarkt signalisiert: Die Phase fiskalischer Schonung ist vorbei. Emissionsdruck, politische Unsicherheiten und strukturelle Zweifel an der Schuldentragfähigkeit erzwingen eine Neubewertung. Was Anleger jetzt erwarten – und Staaten herausfordert.
KI-Aktien: Ist der Hype überschritten – oder beginnt Europas Chance?
Die KI-Euphorie hat die Börsen im Griff – doch wie tragfähig sind die Bewertungen von Nvidia, Microsoft & Co.? Während US-Tech dominiert, eröffnen sich in Europa Chancen abseits des Rampenlichts. Mike Judith, Partner und Chief Sales Officer bei TEQ-Capital, ordnet den Markt ein – und zeigt, wo Anleger jetzt genau hinschauen sollten.
Depotbanken verwahren fast 3 Billionen Euro
Die Verwahrstellen in Deutschland haben im ersten Halbjahr 2025 fast 3 Billionen Euro für Fonds verwahrt – ein neuer Rekord. Doch hinter dem Wachstum steht auch eine deutliche Marktkonzentration: Fünf Anbieter dominieren fast 70 Prozent des Geschäfts.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.