Tritt bei Menschen aufgrund des Alters, schwerer Erkrankungen oder nach Unfällen eine Pflegebedürftigkeit ein, haben Sie Anspruch auf professionelle Pflege und Unterstützung. Um die individuelle Pflegebedürftigkeit festzustellen, wird ein sogenanntes Pflegegutachten erstellt. Dieses dient der Feststellung des vorhandenen Pflegebedarfs und der dafür benötigten Zeit - die Ergebnisse gelten dann als Basis für die Berechnung und den Erhalt von Leistungen der Pflegekasse.
Im Pflegegutachten, das von der Pflegekasse in Auftrag gegeben wird, sind Empfehlungen bezüglich des zu erteilenden Pflegegrades sowie ein individueller Pflegeplan enthalten. Anhand dessen können dann die anfallenden Kosten für die notwendigen Leistungen ermittelt werden.
So läuft das Begutachtungsverfahren ab
Bei gesetzlich Versicherten werden für das Gutachten speziell geschulte Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hinzugezogen. Bei privat Versicherten übernimmt dies die MEDICPROOF GmbH. Der Gutachter prüft dabei mehrere Punkte, die Aufschluss über den Grad der Beeinträchtigung bei der Bewältigung des Alltags geben und stellt den Pflegegrad fest. Grundsätzlich soll mit dem Pflegegutachten also festgestellt werden, wobei die betroffene Person auf personelle Hilfe angewiesen ist.
Damit der Gutachter ein umfassendes Bild von der Krankengeschichte erhält, müssen alle Krankenunterlagen vorliegen. Zur Vorbereitung des Pflegegutachtens ist es außerdem empfehlenswert, über zwei oder mehr Wochen ein Pflegetagebuch zu führen, das alle erbrachten Pflegeleistungen in diesem Zeitraum auflistet.
Durch die Corona-Pandemie findet die Begutachtung momentan nicht persönlich als Hausbesuch, sondern als Telefoninterview statt. Der Termin dafür wird vom MDK vergeben. Der Gutachter führt das Gespräch am Telefon mit dem Pflegebedürftigen und im Idealfall auch dessen Angehörigen oder einem Pflegeberater durch.
Das beinhaltet das Gespräch zur Pflegebegutachtung
Vor dem persönlichen Gespräch bzw. dem Telefoninterview muss ein Fragebogen zur Selbstauskunft ausgefüllt werden. Dieser dient zur Vorbereitung auf den Termin mit dem Gutachter. Im Fragebogen werden verschiedene Lebensbereiche betrachtet, die mit unterschiedlicher Gewichtung in die Gesamtbewertung zur Ermittlung des Pflegegrads einfließen:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
- Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
Auch die außerhäuslichen Aktivitäten und die Haushaltsführung werden begutachtet. Im Gespräch wird zudem die aktuelle Versorgungs- und Betreuungssituation erörtert. Auch alle notwendigen Pflegeleistungen, die ärztliche Versorgung und Heilmittel werden bei der Erstellung des Pflegegutachtens berücksichtigt sowie das häusliche Umfeld und die Wohnsituation des Pflegebedürftigen. Da der Gutachter bei der telefonischen Begutachtung nur mündliche bzw. schriftliche Informationen erhält, sollte die aktuelle Situation so umfassend wie möglich geschildert werden.
Diese Pflegegrade gibt es beim Pflegegutachten
Die Erstellung des Pflegegutachtens erfolgt anhand festgelegter Begutachtungsrichtlinien, mit deren Hilfe die Pflegebedürftigkeit eingeschätzt und der individuelle Pflegegrad festgelegt wird. Im Rahmen der Pflegebegutachtung werden je nach Intensität der notwendigen Unterstützung entsprechende Punkte vergeben. Je höher die Punktzahl insgesamt, desto größer der Hilfsbedarf des Pflegebedürftigen und umso umfangreicher die Pflege- und Betreuungsleistungen. Diese Pflegegrade gibt es:
- Pflegegrad 1: Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 2: Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 3: Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 4: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
- Pflegegrad 5: Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung
Ist das Pflegegutachten erstellt, wird es der Pflegekasse übergeben. Der kalkulierte Zeitaufwand für alle pflegerelevanten Tätigkeiten bildet die Entscheidungsgrundlage des empfohlenen Pflegegrades. In den meisten Fällen entscheidet die Pflegekasse innerhalb von vier Wochen über den Pflegeantrag.
Ein Beitrag der Toll Betreuung und Pflege GmbH & Co. KG über news aktuell.
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