Deutsche Sparer sind traditionell besonders risikoavers und gegenüber Aktien wenig aufgeschlossen. Viele Bundesbürger parken ihre Ersparnisse stattdessen auf Tages- und Festgeldkonten, deren Zinssatz deutlich unter der Inflationsrate liegt. Laut einer Analyse der Comdirect hat dies im ersten Halbjahr 2020 einen Wertverlust von fast 13 Milliarden Euro verursacht. Im Mittel hat jeder Deutsche seit Ende 2010 durch falsche Geldanlagen 1.638 Euro verloren.
Neben dem vermeintlich hohen Verlustrisiko nennen viele Anleger als Grund dafür auch den schweren Einstieg in den komplexen Aktienhandel. In den letzten Jahren anstand deshalb eine Reihe von Fintechs mit Social Trading Angeboten und Aktien Apps fürs Smartphone, die den Aktienhandel auch für Kleinsparer attraktiv machen wollen.
Social Trading – Handeln in einer Gemeinschaft
Das Konzept Social Trading oder Social Investing verbindet ein soziales Netzwerk mit einem Aktienbroker. Anbieter stellen ihren Kunden in der Regel eine Community-Plattform ähnlich wie Facebook bereit, auf denen sie sich über Finanzprodukte austauschen können. Ein Großteil der Investoren nutzt außerdem die Strategien sogenannter Social Trader, die als Signalgeber ihre Investitionen veröffentlichen und von anderen Anlegern kopiert werden können.
Yoni Assia, CEO des Social Trading Anbieters eToro:
„eToro wurde 2007 mit dem Ziel gegründet, die Märkte für alle zu öffnen. Alle Daten zeigen, dass ‚wir‘ immer noch nicht genug investieren – vor allem in Deutschland. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, mehr Menschen dazu zu bringen, zu investieren. Die drei Haupthindernisse für Investitionen sind: die Wahrnehmung, dass es zu komplex ist; die Vorstellung, dass Sie viel Geld zum Investieren brauchen; und die Kosten.
Indem wir Aktien und ETFs frei von Ordergebühren anbieten, tragen wir dazu bei, die Kosten-Barriere zu überwinden.
Investitionen sollten nicht als Privileg der Reichen angesehen werden oder als etwas, das für den Durchschnittsmenschen auf der Straße zu kompliziert ist. Bei eToro möchten wir es jedem so einfach wie möglich machen, in die Marken zu investieren, an die sie glauben.“
Studien zeigen – Social Trading erhöht die Rendite
Obwohl das Phänomen Social Trading noch jung ist, gibt es bereits eine Reihe von Studien, die die Renditeaussichten und das Verlustrisiko dieser Investitionsmethode analysiert haben.
Experiment des Massachusetts Institute of Technology
Ein Experiment Media Laboratory vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) belegt, dass die Schwarmintelligenz beim Social Trading die Rendite erhöht. Unter Leitung von Dr. Yaniv Altshuler erhielten 500 Probanden 20 Dollar Echtgeld auf der Plattform eToro. Anschließend wurden die Teilnehmer des Experiments in zwei Gruppen separiert.
Es zeigte sich dabei, dass die Rendite der Gruppe, die sich über ihre Investments austauschte, im Vergleich zur Kontrollgruppe um 10 Prozent anstieg. Außerdem schlossen sich ohne weiteres Zutun des Wissenschaftlers weitere Personen der Social Trading Plattform der Probandengruppe an. Dies sorgte für eine Mischung aus risikoaffinen und risikoscheuen Investoren und verhindert die Bildung einer gefährlichen Gruppendynamik, die dann entstehen kann, wenn nur Gleichgesinnte sich austauschen und Entscheidungen nicht mehr hinterfragt werden.
Studie der Universität Bochum
Eine Studie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat die Renditen der Social Trading Plattformen eToro, ayondo, Currensee und ZuluTrade miteinander verglichen. Die Wissenschaftler analysierten dafür Trades von Händlern mit mindestens 50 Followern. Überdies betrachtet die Studie auch die Sharpe-Ratio (Überschussrendite zur Risikoeinheit) sowie den Beta-Faktor und die Wertschwankungen im Verhältnis zum Gesamtmarkt.
Sie konnten dabei zwischen den einzelnen Social Trading Plattformen deutliche Unterschiede erkennen. Am höchsten war die Rendite im Studienzeitraum mit 9 Prozent bei eToro, das Risiko der Investitionen lag mit einer Sharpe-Ratio von 1,8 aber ebenfalls auf einem hohen Niveau. Deutlich weniger riskant waren mit einer Sharpe-Ratio von 3,61 Investitionen beim Social Trading Anbieter ZuluTrade, die im Mittel eine Rendite von 6 Prozent erzielten.
Außerdem beobachteten die Studienautoren, dass Trader mit besonders vielen Followern eher risikoarme Investmentstrategien nutzen. Sie erzielen somit zwar im Mittel eine geringere Spitzenrendite, investieren aber nachhaltiger und sorgen bei ihren Copy-Tradern seltener für Verluste.
Die Studienautoren konstatieren, dass „Social Trading vergleichbar mit einem Small Money Hedge Fund ist, der auch kleinen Anlegern mehr Rendite bei gleichzeitig besserer Absicherung bietet.“
Fazit
Social Trading ist laut der aktuellen Studienlage auch für Personen, die sich nicht aktiv mit dem Handel von Aktien beschäftigen möchten, eine gute Alternative zu Tagesgeld- und Festgeldkonten. Trotzdem sollten Anleger berücksichtigen, dass auch Social Trading keine Renditegarantie bietet und im Extremfall zu einem Totalverlust des Kapitals führen kann.
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