Aktualisiert: Was bedeuten die BGH-Entscheidungen im Dieselskandal für Verbraucher?
Der Bundesgerichtshof hat entschieden (Az. VI ZR 5/20), dass Besitzer von manipulierten VW-Dieselfahrzeugen keinen Schadensersatz durchsetzen können, wenn das Fahrzeug nach dem öffentlichen Bekanntwerden des Skandals gekauft wurde. Auf Deliktzinsen haben betroffene Halter zudem keinen Anspruch.
„Die Karlsruher Richter deuteten heute an, dass die Halter von manipulierten VW-Dieselfahrzeugen wohl keinen Schadensersatz durchsetzen können, wenn sie ihren PKW erst nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals Ende 2015 gekauft haben. Betroffene PKW-Besitzer haben wahrscheinlich dennoch eine Möglichkeit, um erfolgreich gegen Volkswagen vorzugehen: Ende April hat die Generalanwaltschaft des Europäischen Gerichtshof in einem Schlussantrag verkündet, dass sämtliche Fahrzeugfunktionen als illegale Abschalteinrichtungen gelten, wenn diese im Realbetrieb zu einem höheren Abgasausstoß führen als auf dem Prüfstand. Zahlreiche Tests haben ergeben, dass die manipulierten VW-Dieselfahrzeuge nach der Durchführung des verpflichtenden Software-Updates nur bei bestimmten Temperaturen tatsächlich sauber sind. Auch im Rahmen des Software-Updates von VW wurde also eine Abschalteinrichtung integriert. Dieses sogenannte Thermofenster unterscheidet sich jedoch von der ursprünglich verwendeten Manipulationssoftware und gilt bislang als nicht illegal. Dies wird sich aller Voraussicht bald ändern. Es ist davon auszugehen, dass die Richter des Europäischen Gerichtshof der Rechtsauffassung der Generalanwaltschaft in ihrem baldigen Urteil folgen werden. Dann würde auch die neu verwendete Abschalteinrichtung von VW als illegal erklärt werden. Betroffene Halter von VW-Fahrzeugen könnten ihre Rechte demnach durchsetzen, obwohl sie ihren PKW erst im Jahr 2016 oder sogar später gekauft haben. Mehrere Millionen VW-Fahrzeuge mit dem Software-Update müssten dann noch einmal zurückgerufen werden. Zudem würde der Dieselskandal auch nahezu alle anderen Hersteller von Dieselfahrzeugen erreichen.”
Verzugszinsen, aber keine Deliktzinsen
„Bereits im Vorfeld sprach nur wenig dafür, dass die Karlsruher Richter den Haltern von manipulierten Dieselfahrzeugen Deliktzinsen zusprechen werden. Dies deuteten die obersten Richter bereits im Rahmen einer anderen BGH-Verhandlung in der vergangenen Woche an. Deliktzinsen werden üblicherweise nur dann fällig, wenn ein Gegenstand aufgrund eines Betruges oder einer sittenwidriger Handlung nicht genutzt werden konnte, obwohl dafür bezahlt wurde. Das ist im Dieselskandal nur bedingt der Fall.“
Verbraucherrechte im Abgasskandal
Themen:
LESEN SIE AUCH
Beratungsverzicht per Vordruck? OLG Nürnberg stärkt Versicherer und sorgt für Kritik
Ein Beratungsverzicht bei Versicherungsverträgen muss nicht zwingend in einem separaten Dokument erklärt werden, sondern kann auch innerhalb eines Antragsformulars erfolgen, sofern er optisch hervorgehoben und vom Kunden unterschrieben ist. So entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg (Az. 8 U 1684/24).
BGH: Datenschutzverstoß bei Facebook führt zu Schadensersatzanspruch
Der bloße Kontroll-Verlust über personenbezogene Daten kann einen immateriellen Schadensersatzanspruch begründen, so der Bundesgerichtshof (BGH).
Wirecard AG: BGH entscheidet über BaFin-Haftung
Der Bundesgerichtshof weist Nichtzulassungsbeschwerde eines Anlegers zurück und entscheidet, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Zusammenhang mit dem sogenannten "Wirecard-Bilanzskandal" nicht haftet.
Dieselskandal: Prozesskosten steigen auf über 1,5 Mrd. Euro
Mit dem Andauern des Dieselskandals kommen auch auf die Rechtsschutzversicherer weitere Fälle zu – und zusätzliche Kosten. So haben im Streit wegen mutmaßlich manipulierter Abgaswerte bis Ende Mai bereits fast 420.000 Kunden ihre Rechtsschutzversicherung in Anspruch genommen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Der digitale Führerschein: Ambition trifft auf Realität
Deutschland bemüht sich erneut um die Digitalisierung hoheitlicher Dokumente. Doch das Projekt „Digitaler Führerschein“ steht exemplarisch für die Differenz zwischen politischem Anspruch und operativer Wirklichkeit.
Elterngeldbezug rückläufig – Geburtenrückgang und ökonomische Unsicherheiten als zentrale Einflussfaktoren
Im Jahr 2024 bezogen rund 1,67 Millionen Frauen und Männer in Deutschland Elterngeld – das entspricht einem Rückgang von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Haushaltspaket treibt Bundesanleihen in die Höhe
Die Ankündigung eines groß angelegten Infrastruktur- und Verteidigungsprogramms durch die deutsche Regierung hat die Märkte in Bewegung versetzt. Innerhalb von nur zwei Tagen sind die Renditen von Bundesanleihen um 40 Basispunkte auf 2,9 Prozent gestiegen. Mauro Valle, Head of Fixed Income bei Generali Investments, analysiert die Folgen für Investoren.
Weniger Niedriglöhne, kleineres Lohngefälle – Deutschland verdient besser
In den letzten zehn Jahren hat sich die Einkommensstruktur in Deutschland spürbar verändert. Laut einem aktuellen Bericht des Statistischen Bundesamtes ist die Niedriglohnquote gesunken, und das Lohngefälle zwischen Gering- und Besserverdienenden hat sich verringert.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.