Im vergangenen Jahr haben die Benelux-Länder, Deutschland und Österreich unter der anhaltend niedrigen Zinsperiode am meisten gelitten und im Durchschnitt mehr als 350 Euro pro Person verloren. Dies zeigt eine neue Studie des Finanznachrichtenportals Franke Media.
In Spanien, Frankreich und Irland hat der durchschnittliche Sparer zwischen 130 und 180 Euro durch die niedrigen Zinsen verloren.
Seit 2011 beläuft sich der Verlust der Europäer insgesamt auf über 350 Milliarden Euro.
EZB bleibt Negativzinsen treu
In ihrer ersten großen Erklärung zum neuen Jahr lehnte es EZB-Chefin Christine Lagarde ab, Banken oder Einlegern Hoffnung auf einen schnellen Eingriff der EZB zu machen.
Die jüngsten Daten der EZB zu den Privatkunden- und Unternehmenszinsen zeigen weiterhin einen leichten Abwärtstrend. WeltSparens eigene Analyse vergleicht die Spitzenzinsen von Großbanken in jedem einzelnen Markt mit den besten verfügbaren Angeboten dieser Märkte.
Zinsen für 1-jährige Einlagen rutschen ab
Die aktuellen Daten der EZB spiegeln sinkende Zinsen für die Einlagen von Privatkunden in vielen europäischen Märkten wider. Eine wachsende Zahl von Banken äußert ihren Unmut, da sie sich weiterhin mit negativen Zinssätzen konfrontiert sehen.
Wenn überhaupt, dann gab es nur moderate Anstiege. In Frankreich kletterten die Privatkunden-Zinsen um 5 Basispunkte nach oben, während sie in Deutschland, Belgien und Irland jeweils um einen Basispunkt stiegen.
Malta und Lettland verzeichneten seit dem letzten Zinsradar eine Abweichung von 10 oder mehr Basispunkten bei den 1-jährigen Einlagen – beide nach unten. Alle anderen Märkte im Europäischen Wirtschaftsraum spürten nur kleine Verschiebungen nach oben oder unten.
Was die Zinsen für längere Geldeinlagen betrifft, so sind nur in der Tschechischen Republik, Estland und Rumänien die 1-jährigen Zinsen deutlich über dem Vorjahreszeitraum (27, 44 bzw. 25 Basispunkte) zu verzeichnen.
Regel „Je länger die Laufzeit, desto höher die Zinsen“ gilt nicht mehr
Die Spitzenzinsen für 3-jährige Einlagen in Deutschland liegen im Durchschnitt nun unter dem Zinsniveau für 1-jährige Einlagen. Das kann mehrere Gründe haben. Die meisten Kunden schließen 1-jährige Einlagen ab und Banken gehen mit Lockangeboten auf Kundenfang. Das allgemein sinkende Zinsangebot führt nun dazu, dass die Zinsen für 3-jährige Einlagen unter das um die Lockangebote aufgeblähte Niveau der 1-jährigen Einlagen gefallen sind.
In ähnlicher Weise liegen die spanischen Zinsen für 3-jährige Einlagen einen Bruchteil unter den 1-jährigen Zinsen. Das ist ein Trend, der bereits seit über einem Jahr stabil ist. Ansonsten tritt dieses Phänomen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum nur noch in Norwegen auf.
Innerhalb der Eurozone hält nur Italien die Zinsen für Einlagen mit einer Laufzeit von einem und drei Jahren deutlich über einem Prozent – bei 1,32 Prozent beziehungsweise 1,85 Prozent. Dennoch kommen die drei größten italienischen Banken mit ihren Angeboten nicht annähernd an die Inflation heran: Der Durchschnitt ihrer Top-Angebote für 1-jährige Einlagen liegt bei niedrigen 0,17 Prozent.
Zinsschere: Großbanken fallen weiter zurück
Sparer, die ihr Geld von den drei größten Banken in ihrem Land abziehen, können bei kleineren Banken in weiten Teilen Europas 5- bis 8-mal höhere Zinsen erhalten.
Denn die Schere zwischen den durchschnittlichen Zinsen der drei größten deutschen Banken und den Durchschnittszinsen für Deutschlands Top-Angebote hat sich weiter vergrößert.
Dies setzt die deutschen Einleger unter Druck, aktiv zu bleiben und nach den besten Angeboten abseits der Hausbank zu suchen. Dies zeigt aber auch, dass es Chancen für Sparwillige gibt, höhere Zinsen zu erhalten. Außerdem gibt es immer noch Chancen für kleinere Banken, mit attraktiven Zinsangeboten Gelder von neuen Kunden zu akquirieren.
Angesichts der insgesamt allgegenwärtigen niedrigen Zinsen bleibt dieser Aktivismus für Sparer der einzige Weg, um die Inflation zu schlagen oder ihr zumindest etwas entgegenzusetzen.
Vor allem in Italien und Spanien können Sparer mit 1-jährigen Einlagen das 8- bis 11-fache der Zinsen erhalten, also rund ein Prozent mehr verdienen, wenn sie für die Top-Angebote des Marktes den Großbanken den Rücken zukehren.
Einlagenzinsen für Geschäftskunden
Bei der letzten Veröffentlichung der EZB-Daten über die Zinssätze von Geschäftskunden gab es nur drei Länder mit einem Zinsniveau von über 0,5 Prozent bei Laufzeiten bis zu einem Jahr: Italien, Griechenland und Malta.
In Italien und Griechenland sind die Unternehmenszinsen seither auf 0,44 bzw. 0,46 Prozent gesunken. Damit liegen sie an der Spitze, denn in fünf Märkten der Euro-Zone liegen die Geschäftskunden-Zinsen unter 0,1 Prozent.
Weitere sieben Märkte liegen bei 0 Prozent oder sogar im Negativzins-Bereich: die Benelux-Länder, Deutschland und Österreich sowie Spanien und Irland.
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