Mehrheit der Deutschen hält Niedrigzinspolitik der EZB für falsch

Mehrheit der Deutschen hält Niedrigzinspolitik der EZB für falsch
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53 Prozent der Bundesbürger hielten im vergangenen Jahr die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für falsch. In diesem Jahr sind es sogar 61 Prozent. Das ist ein Ergebnis einer Studie zum Anlageverhalten der Deutschen, die die Gothaer Asset Management AG (GoAM) von der forsa Politik- und Sozialforschung durchführen ließ.

So halten nur noch 29 Prozent der Befragten die Leitzinspolitik der EZB für richtig. Die schärfsten Kritiker befinden sich in der Altersgruppe der über 60-Jährigen. Dort halten 66 Prozent die Niedrigzinspolitik für falsch.

Zudem ist eine starke Meinungsänderung in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen zu verzeichnen: Waren 2019 noch 47 Prozent von der Niedrigzinspolitik überzeugt, sank die Zustimmung 2020 um 17 Prozentpunkte auf 30 Prozent.

Christof Kessler, Vorstandssprecher der Gothaer Asset Management AG, dazu:

„In Zeiten von Negativzinsen ist es nicht verwunderlich, dass die Zinspolitik der EZB immer stärker an Rückhalt in der Bevölkerung verliert. Schließlich treffen die Folgen vor allem auch die Kleinanleger, die um ihre Altersvorsorge bangen.“

Wichtigste Facette von Nachhaltigkeit

Wenn die verschiedenen Facetten von Nachhaltigkeit – Umwelt- und Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder verantwortungsvolle Unternehmensführung betrachtet werden, nannten 44 Prozent der Befragten den Umwelt- und Klimaschutz. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 68 Prozent, gefolgt von den 45- bis 59-Jährigen, wo 42 Prozent dieser Aspekt am wichtigsten ist.

53 Prozent der Befragten sind sogar bereit, in eine nachhaltige Geldanlage zu investieren, auch wenn sie gleichzeitig eine geringere Rendite erhalten würden. Besonders ausgeprägt ist diese Einstellung bei den 18- bis 29-Jährigen (60 Prozent). Derzeit investieren jedoch erst 6 Prozent der deutschen Bürger in nachhaltige Fonds.

Wichtigster Faktor bei der Geldanlage

Mit 52 Prozent der Befragten ist das wichtigste Anliegen bei der Geldanlage weiterhin die Sicherheit. Dennoch ist dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozentpunkte (2019: 57 Prozent) gesunken. Flexibilität in der Anlage spielt für 31 Prozent die wichtigste Rolle (2019: 29 Prozent). Eine hohe Rendite hat nach wie vor nur für eine kleine Minderheit von 10 Prozent die größte Bedeutung (2019: 9 Prozent).

Wie legen die Deutschen ihr Geld an?

Nach wie vor liegt an erster Stelle das Sparbuch mit aktuell 48 Prozent. Aber auch Lebensversicherungen erfreuen sich mit 30 Prozent (2019: 29 Prozent) großer Beliebtheit. Fonds bleiben mit 24 Prozent (2019: 26 Prozent) relativ konstant. Ein deutlicher Rückgang ist bei der Anlage in Immobilien zu verzeichnen: 2019 betrachteten 36 Prozent der Befragten Immobilien als bevorzugte Anlageform, 2020 sind es nur noch 32 Prozent.

Fonds mit steigender Nachfrage

Die Bundesbürger, die in Fonds investieren, setzen weiterhin vor allem auf Aktien- und Mischfonds mit 42 Prozent und 40 Prozent.

Einen starken Rückgang verzeichnen hingegen offene Immobilienfonds: Waren es 2019 noch 15 Prozent, sank die Nachfrage der Anleger 2020 um 5 Prozentpunkte auf 10 Prozent. In Nachhaltigkeitsfonds investieren bisher 6 Prozent der Deutschen, diese Fondskategorie steht damit noch am Anfang.

Auffällig ist dabei, dass die 18- bis 29-Jährigen am ehesten in nachhaltige Fonds investieren würden (60 Prozent), sie ihre Ersparnisse aber größtenteils noch in Sparbüchern angelegt haben (60 Prozent).

Fonds und Aktien lassen höhere Renditen erwarten

29 Prozent der Befragten nennen bei der Frage nach Anlageformen mit höherer Renditeerwartung an erster Stelle Aktien. Das sind drei Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr.

Immobilien werden deutlich weniger oft genannt als im Vorjahr mit einem Minus von 4 Prozentpunkten gesunken auf 27 Prozent. Fonds sehen konstant 16 Prozent der Befragten als lukrativ an (2019: 15 Prozent). 33 Prozent der Befragten konnten keine Alternative benennen (2019: 34 Prozent).

Angst vor Inflation und Brexit-Sorge

Lag die Angst vor einer Inflation 2019 noch bei 58 Prozent, ist diese 2020 um 4 Prozentpunkte auf 62 Prozent gestiegen. 47 Prozent der Befragten befürchten nach wie vor, dass die getätigten Geldanlagen nicht ausreichen werden, um den aktuellen Lebensstandard zu halten.

Die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone ist – vermutlich durch den Brexit – von 24 Prozent im Jahr 2019 auf 27 Prozent deutlich gestiegen.