Wer einen Werkvertrag mit Handwerkern in seiner Wohnung schließt, kann diesen innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Eine Ausnahme gibt es höchstens bei dringenden Reparaturen auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers. Dies hat das Landgericht Coburg entschieden.
Beim Betanken der Ölheizung eines Einfamilienhauses trat Öl aus. Ein Installationsbetrieb reparierte den Tank und bot dem Kunden auch die Umstellung von Öl auf Gas an. Die Mitarbeiter unterbreiteten noch vor Ort mehrere Kostenvoranschläge und begangen einige Tage später mit der Arbeit. Der Hausherr stoppte jedoch die Arbeiten und widerrief schließlich mehrere Wochen später den Auftrag. Daraufhin verklagte die Installationsfirma ihn auf ihren Werklohn.
Widerrufsrecht vorhanden
Das Landgericht Coburg urteilte, dass der Hauseigentümer den Vertrag wirksam widerrufen hat.
Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH, erklärt:
„Wie das Gericht erläuterte, stand dem Hausbesitzer ein Widerrufsrecht zu, da er und der Unternehmer den Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen – im Wohnzimmer des Auftraggebers – abgeschlossen hatten.“
Ob der Mann die Firma zu sich nach Hause bestellt hatte, spielte keine Rolle. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn der Kunde die Handwerker ausdrücklich aufgefordert habe, zu ihm nach Hause zu kommen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten durchzuführen. Hier hätten die Mitarbeiter der Firma jedoch keine Reparaturen vorgenommen, sondern die Ölheizung auf Gas umgestellt. Daher habe der Auftraggeber den Vertrag widerrufen können.
Michaela Rassat sagt:
„Dass die 14-tägige Widerrufsfrist längst abgelaufen war, fiel hier ausnahmsweise nicht ins Gewicht. Denn der Handwerksbetrieb hatte versäumt, den Kunden auf die Widerrufsfrist hinzuweisen. In solchen Fällen beginnt die Frist gar nicht erst zu laufen, Verbraucher behalten ihr Widerrufsrecht dann für maximal ein Jahr plus 14 Tage.“
Urteil vom 9. August 2018 (Landgericht Coburg, Az. 21 O 175/18)
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