Jährlich verschwinden rund 1.300 Container im Meer – mit gravierenden Folgen für Umwelt, Handel und Versicherer. Der GDV warnt vor unzureichenden Vorschriften in der Containerschifffahrt und fordert weltweit einheitliche Regeln, um Risiken realistisch abzubilden und Zwischenfälle zu verhindern. Ein Blick auf die Ursachen und mögliche Lösungen.
Fehlende Standards erhöhen das Risiko
Trotz moderner Technik bleibt die Sicherheit im globalen Containerverkehr lückenhaft. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gehen weltweit jedes Jahr rund 1.300 Container über Bord – im Schnitt fast vier pro Tag. „Wir brauchen einheitliche Regeln, um die realen Bedingungen auf See besser abzubilden und Zwischenfälle wirksam zu verhindern“, fordert Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.
Während für Stückgut- oder Schwergutschiffe verbindliche Vorschriften zur Ladungssicherung bestehen, fehlt ein entsprechender Rahmen bislang für Containerschiffe. Klassifikationsgesellschaften arbeiten mit unterschiedlichen Bewertungsmethoden für Stabilität, Beschleunigungen und Lasten. Dadurch werden identische Schiffe je nach Herkunft unterschiedlich beurteilt – ein Sicherheitsrisiko, das sich in Sturmphasen oder Notmanövern dramatisch auswirken kann.
Ein Beispiel ist der Verlust von 99 Containern des Frachters CMA CGM Belem im August 2024. Geänderte Routen aufgrund der Krise im Roten Meer und unzureichende Stabilitätsstandards führten zum Überschreiten der Sicherungsgrenzen. Für den GDV zeigt der Vorfall, wie dringend internationale Mindeststandards nötig sind.
GDV-Positionspapier: Einheitliche Maßstäbe für Stabilität und Sicherheit
Im neuen Positionspapier „Zur wirksamen Begrenzung von Containerverlusten auf See“ benennt der Verband die zentralen Schwachstellen der Branche. Demnach basieren viele Stabilitätsnachweise auf idealisierten Betriebsbedingungen, die reale Belastungsszenarien – etwa starkem Seegang, Querkurs oder asymmetrischer Beladung – nicht ausreichend berücksichtigen.
Der GDV fordert daher:
- Harmonisierung internationaler Bewertungsgrundlagen für Stabilität und Ladesicherheit, insbesondere unter realen Off-Design-Bedingungen.
- Transparente Offenlegung der Bewertungsverfahren und Sicherheitsannahmen durch Klassifikationsgesellschaften.
- Verbindliche Mindestanforderungen für dynamische Stabilitätsnachweise, die auch kurzzeitige Extremsituationen abbilden.
- Einbindung realer Risikoprofile bereits in Konstruktion, Klassifikation und Betrieb moderner Containerschiffe.
Als kurzfristige Übergangslösung empfiehlt der Verband, den bewährten CSS-Code Annex 13 vorläufig auch für Containerschiffe anzuwenden – bis internationale Standards greifen.
Folgen für Umwelt und Versicherer
Jeder verlorene Container bedeutet nicht nur wirtschaftlichen Schaden, sondern auch Gefahren für die Umwelt und die Schifffahrtssicherheit. Treibende Container können Kollisionen verursachen, während ihre Ladung – häufig Chemikalien oder Kunststoffe – Ökosysteme belastet. Versicherer tragen die finanziellen Folgen: In Deutschland sichern sie über 26 Millionen Schaden- und Unfallverträge ab, viele davon im Transportsektor. Einheitliche Sicherheitsstandards könnten nicht nur Schäden verhindern, sondern auch die Versicherbarkeit globaler Lieferketten langfristig sichern.
Transportversicherung: Schifffahrt im Fokus
Das Thema ist nicht neu: Bereits in früheren Analysen warnte der GDV vor zunehmenden Risiken in der Schifffahrt – etwa vor Schiffsbränden und steigenden Totalverlusten infolge größerer Schiffe und komplexerer Frachtstrukturen. Die Forderung nach verbindlichen Sicherheitsstandards zieht sich damit wie ein roter Faden durch die Branchendebatte. Auch bei Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS) sieht man das ähnlich: „Einheitliche Anforderungen an die Kennzeichnung von Gefahrengütern und einheitliche Strafen für Verstöße wären ein Schritt in die richtige Richtung“, so Anastasios Leonburg, früherer Kapitän und heute Marine Risk Consultant bei AGCS.
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