Schenkungsteuer: Steuerbefreiung bei Einlage eines Familienheims in Ehegatten-GbR zulässig

Mit Urteil vom 4. Juni 2025 (Az. II R 18/23) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass auch der Erwerb von Gesamthandseigentum an einem Familienheim durch einen Ehegatten im Rahmen einer GbR von der Schenkungsteuer befreit sein kann. Das Urteil stellt klar: Die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG greift auch dann, wenn das Familienheim nicht unmittelbar, sondern durch Einbringung in eine Ehegatten-GbR übertragen wird – vorausgesetzt, beide Ehegatten sind zu gleichen Teilen beteiligt und das Objekt wird zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

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BFH-Urteil: Steuerbefreiung bei Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR bestätigtBFH-Urteil: Steuerbefreiung bei Einlage eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR bestätigtDALL E prompt by experten

Hintergrund des Falls

Im Streitfall hatte eine Ehefrau ihr in Alleineigentum stehendes Familienheim unentgeltlich in das Vermögen einer neu gegründeten Ehegatten-GbR eingebracht. Beide Ehepartner waren zu 50 Prozent beteiligt, das Haus wurde von ihnen gemeinsam bewohnt. Die Übertragung wurde ausdrücklich als „ehebedingte Zuwendung“ deklariert. Das Finanzamt erkannte zwar die schenkungsteuerrechtliche Bereicherung des Ehemannes an, lehnte jedoch die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG mit der Begründung ab, dass nicht „Eigentum oder Miteigentum“, sondern lediglich Gesamthandseigentum übertragen worden sei – ein Tatbestand, der nach Auffassung der Behörde nicht vom Wortlaut der Befreiungsvorschrift gedeckt sei.

Das Finanzgericht München entschied zugunsten des Klägers, der BFH bestätigte nun diese Entscheidung in letzter Instanz.

Zentrale Erwägungen des BFH

Der BFH stellt klar, dass zivilrechtlich zwar die GbR Eigentümerin des Grundstücks wird, für schenkungsteuerliche Zwecke aber nicht die Gesellschaft, sondern deren Gesellschafter als bereichert gelten. Die Bereicherung des Ehemannes ergibt sich mithin aus seiner hälftigen Beteiligung an der GbR und dem damit verbundenen Zugriff auf das Familienheim.

Wörtlich heißt es in den Leitsätzen:

„Auch der Erwerb von Gesamthandseigentum an einem Familienheim wird von der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG erfasst.“

Diese Auslegung sei nicht nur folgerichtig im Lichte der schenkungsteuerrechtlichen Systematik, sondern auch im Sinne des gesetzgeberischen Zwecks. Der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift bezweckt, das gemeinsame Wohneigentum von Ehegatten im Rahmen ihrer Lebensgemeinschaft steuerlich zu begünstigen. Dass bei einer GbR die Verfügungsrechte beschränkt sind, stehe dem nicht entgegen – entscheidend sei der wirtschaftliche Gehalt der Zuwendung.

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil erweitert den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung für Familienheime und schafft damit Rechtssicherheit für Ehegatten, die im Rahmen einer gemeinsamen Vermögensplanung auf gesellschaftsrechtliche Konstruktionen wie eine GbR zurückgreifen. Der BFH betont, dass das Schenkungsteuerrecht die wirtschaftliche Bereicherung in den Fokus stellt – nicht die zivilrechtliche Eigentumslage.

Für steuerliche Berater und Notare ergibt sich daraus ein erweiterter Gestaltungsspielraum. Die Einbringung eines Familienheims in eine Ehegatten-GbR kann, unter Einhaltung der übrigen Voraussetzungen, schenkungsteuerfrei erfolgen.


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