Arbeitsrecht bei Insolvenz: Was Mitarbeitende und Personalverantwortliche wissen müssen
Die Insolvenz des Digitalversicherers Element Insurance AG zeigt: Wirtschaftliche Schieflagen können plötzlich auftreten — mit weitreichenden Folgen für Mitarbeitende. Fachanwältin Dr. Elke Trapp-Blocher erklärt, was Personalverantwortliche über arbeitsrechtliche Konsequenzen einer Insolvenz wissen müssen und welche Rechte Arbeitnehmer haben.
Nach der Insolvenz des Digitalversicherers Element zeigt sich erneut, wie schnell Unternehmen in eine finanzielle Schieflage geraten können. Der anhaltende Anstieg bei Unternehmensinsolvenzen dürfte sich auch 2025 fortsetzen. Mit jedem Insolvenzantrag beginnt für Mitarbeitende häufig eine Phase der Unsicherheit: Gilt mein Arbeitsvertrag noch? Bekomme ich weiterhin Gehalt? Dr. Elke Trapp-Blocher, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei Schultze & Braun, gibt einen Überblick über die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fakten.
Insolvenz ist kein rechtsfreier Raum
Auch bei einer Insolvenz behalten Arbeitnehmer besondere Rechte. Arbeitsverträge bleiben grundsätzlich bestehen. Ein Kündigungsgrund „Insolvenz“ existiert nicht. Allerdings können Insolvenzen arbeitsrechtliche Besonderheiten auslösen:
- Arbeitgeberrolle: Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens übernimmt der Insolvenzverwalter in der Regel die Arbeitgeberrolle. In Schutzschirm- oder Eigenverwaltungsverfahren bleibt sie beim Unternehmen.
- Vergütung: Für die drei Monate vor Insolvenzeröffnung erhalten Arbeitnehmer Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Danach gelten Lohnansprüche als sogenannte Masseverbindlichkeiten.
- Arbeitszeitguthaben: Guthaben aus Arbeitszeitkonten vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen und können finanzielle Verluste bedeuten.
- Urlaub: Urlaubsansprüche bleiben grundsätzlich erhalten; Urlaubsabgeltungen bei Kündigung nach Insolvenzeröffnung werden als Masseverbindlichkeiten behandelt.
Besonderheiten bei Kündigung und Freistellung
Arbeitsverhältnisse können in der Insolvenz mit verkürzter Frist von maximal drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden — vorausgesetzt, ein sachlicher Kündigungsgrund liegt vor. Auch Arbeitnehmer müssen diese Kündigungsfrist beachten.
Freistellungen sind möglich, müssen jedoch sozial ausgewogen erfolgen. Arbeitnehmer dürfen durch eine Freistellung nicht willkürlich benachteiligt werden.
Sozialplan und Schadensersatz
Wird ein Sozialplan erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen, sind die Leistungen begrenzt. Arbeitnehmer, die infolge einer Kündigung finanzielle Einbußen erleiden, können unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz als Insolvenzforderung geltend machen.
„Arbeitnehmer haben in der Insolvenz eine Sonderstellung, müssen sich aber auf Änderungen einstellen“, resümiert Trapp-Blocher. Für Personalabteilungen ist es daher entscheidend, rechtzeitig Informationen bereitzuhalten, um Verunsicherung zu vermeiden und die Sanierung des Unternehmens zu unterstützen.
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