Konstanter Abzinsungssatz von 3,25 Prozent für Pensionsverpflichtungen in der Handelsbilanz

Das IVS – Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. hat das Positionspapier „Handelsrechtliche Abzinsung bei Pensionsverpflichtungen“ veröffentlicht, in dem ein konstanter Abzinsungssatz von 3,25 Prozent für die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen vorgeschlagen wird.

(PDF)
Businessperson Calculating Invoice With CalculatorBusinessperson Calculating Invoice With CalculatorAndrey Popov – stock.adobe.com

Das Papier adressiert die vielfache Kritik am derzeitigen handelsrechtlichen Zinsansatz und untermauert die Forderung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) nach einem festen Abzinsungssatz.

Aktuelle HGB-Zinskonzeption nicht sachgerecht

„Derzeit werden Pensionsverpflichtungen in der deutschen Handelsbilanz in Anlehnung an die internationale Rechnungslegung auf Basis der Marktzinssätze für hochwertige Unternehmensanleihen zum Bilanzstichtag abgezinst“, erläutert Stefan Oecking, Vorstandsvorsitzender des IVS. Im Gegensatz zur internationalen Rechnungslegung müssen die Effekte von Marktwertschwankungen im deutschen Handelsrecht jedoch vollständig erfolgswirksam erfasst werden, was die Notwendigkeit eines Glättungsmechanismus für den Abzinsungssatz mit sich bringt. Mit Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes wurde der Abzinsungssatz seit dem Jahr 2010 zunächst als siebenjähriger, ab 2016 dann als zehnjähriger Durchschnittszins ermittelt.

Sowohl IDW als auch IVS haben diese Zinskonzeption in der Vergangenheit wiederholt als nicht sachgerecht kritisiert und betont, dass sie weder den handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätzen entspricht noch sich in der Praxis bewährt hat. Das IDW hat sich im September 2023 darüber hinaus explizit für einen konstanten Zins zur Bewertung von Pensionsverpflichtungen ausgesprochen, wobei Überlegungen aus der Solvency II-Bewertung von Versicherungsverpflichtungen, insbesondere die Ultimate Forward Rate, als Ansatzpunkte genannt wurden.

Konstanter HGB-Zins von 3,25 Prozent gut begründbar

In dem IVS-Positionspapier „Handelsrechtliche Abzinsung bei Pensionsverpflichtungen“ werden Überlegungen zusammengefasst, die zur Entwicklung eines Ansatzes für einen konstanten Zins angestellt wurden. Daraus wiederum wird der konkrete Abzinsungssatz für die handelsrechtliche Bewertung von Altersversorgungsverpflichtungen sowie vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen abgeleitet.

Ansätze, die auf eine risikolose Verzinsung abstellen, werden für die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen verworfen. Stattdessen wird aus aktuarieller Sicht ein Abzinsungssatz als zielführend angesehen, der sich aus der langfristigen Inflationserwartung zuzüglich einer nachhaltigen Realverzinsung zusammensetzt. Die langfristige Inflationserwartung wird dabei in Höhe des symmetrischen Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB) in Höhe von 2,0 Prozent per anno angesetzt. Die langfristige Realverzinsung wird aus volkswirtschaftlichen Überlegungen abgeleitet, die zu einer Realrendite in der Größenordnung von 1,25 Prozent bzw. innerhalb einer Bandbreite von 1,0 Prozent bis 1,5 Prozent führen.

„Vor diesem Hintergrund hält das IVS einen konstanten Abzinsungssatz in Höhe von 3,25 Prozent für die handelsrechtliche Bewertung von Pensionsverpflichtungen und vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen für sachgerecht“, resümiert Björn Ricken, Vorstandsmitglied des IVS und Leiter der Arbeitsgruppe HGB-Zins. „Das IVS schlägt daher vor, diesen Abzinsungssatz gesetzlich festzuschreiben und Übergangsregelungen für die Umstellung der Rückstellungsbewertung vorzusehen.“

Das IVS sieht darüber hinaus keinen Bedarf für einen Automatismus zur regelmäßigen, anlasslosen Überprüfung oder Anpassung dieses Abzinsungssatzes. „Eine Anpassung erscheint nur dann erforderlich, wenn grundlegende Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder gesamtwirtschaftliche Strukturbrüche eintreten, die das nachhaltig erzielbare BIP-Realwachstum oder das Inflationsziel der EZB beeinflussen“, so Ricken.

Rückkehr zum Anschaffungskostenprinzip bei der Bewertung von Deckungsvermögen

Die Festlegung eines konstanten Abzinsungssatzes geht nach Auffassung des IVS mit einer Abkehr von der Zeitwertbilanzierung etwaigen Deckungsvermögens einher. Dieses sei aus Konsistenzgründen nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu fortgeschriebenen Anschaffungskosten zu bewerten. Die Zeitwertbilanzierung sollte lediglich im Fall wertpapiergebundener Zusagen beibehalten werden, da sie hier ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zeichnet.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

wooden signwooden signwooden sign
Wirtschaft

Erster Silberstreif am Horizont für die deutsche Konjunktur

2024 dürfte die deutsche Wirtschaft zu einem moderaten Realwachstum von 0,6 Prozent zurückkehren. Vor allem eine Wiederbelebung der privaten Kaufkraft stützt die Konjunktur. Die Konsumerholung wird allerdings etwas später einsetzen als bisher angenommen.

Christof-Kessler-2022-GothaerChristof-Kessler-2022-GothaerGothaer Asset Management AGChristof-Kessler-2022-GothaerGothaer Asset Management AG
Assekuranz

Bleibt die EZB bei der Inflationsbekämpfung weiter standhaft?

Die Europäische Zentralbank hat am 8. September 2022 den Leitzins um 75 Basispunkte. Doch es geht um mehr: Welche Projektionen werden bezüglich Inflation und Wachstum gegeben? Eignen sich diese um weitere Zinsschritte zu begründen?

Unternehmen

Moderate Anpassung der Überschussbeteiligung

Die Europäische Zentralbank hält an ihrer expansiven Geldpolitik fest. Dies bedeutet, dass die Niedrigzinsphase in der Eurozone weiterhin andauert. Die Alte Leipziger Lebensversicherung reduziert vor diesem Hintergrund die laufende Verzinsung für 2022 moderat.
ARAG-Rechtsexpertin Jennifer KallweitFoto: ARAGARAG-Rechtsexpertin Jennifer KallweitFoto: ARAG
Recht

Rechtliche Stolperfallen an Silvester: Was tun, wenn der Böller nicht nur knallt?

In einem Interview gibt ARAG-Rechtsexpertin Jennifer Kallweit Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um Feuerwerkskörper, Versicherungen und rechtliche Pflichten.

Der Berliner Versicherer Element Insurance steht vor einer ernsthaften Bewährungsprobe.Foto: Presse Elements Insurance AGDer Berliner Versicherer Element Insurance steht vor einer ernsthaften Bewährungsprobe.Foto: Presse Elements Insurance AG
Unternehmen

Berliner Versicherer Element Insurance gerät in schwere Krise

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat dem Unternehmen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung (SZ) in der vergangenen Woche das Neugeschäft untersagt.

Teilhabe für Menschen mit Behinderungen ist schon im Straßenverkehr schwierig. Das gilt auch im Internet (Symbolbild).AbsolutVision / pixabayTeilhabe für Menschen mit Behinderungen ist schon im Straßenverkehr schwierig. Das gilt auch im Internet (Symbolbild).AbsolutVision / pixabay
Studien

Deutschlands Versicherer verfehlen Barrierefreiheitsstandards: Drohen ab 2025 Sanktionen?

Bei der Barrierefreiheit ihrer Internetangebote haben deutsche Versicherer Nachholbedarf, zeigt eine aktuelle Untersuchung der PPI AG. Keines der untersuchten Unternehmen erfüllte die Mindestanforderungen.

Mehr zum Thema

Bei einer Wasserbüffel-Herde in Brandenburg wurde Maul- und Klauenseuche (MKS) nachgewiesen.Anduka66 / pixabayBei einer Wasserbüffel-Herde in Brandenburg wurde Maul- und Klauenseuche (MKS) nachgewiesen.Anduka66 / pixabay
Assekuranz

Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken

Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.

Technisch sind automatisierte Binnenschiffe längst realisierbar, doch rechtliche Hürden bremsen ihren Einsatz - das soll sich ändern, fordern die Versicherer (Symbolbild).Couleur / pixabayTechnisch sind automatisierte Binnenschiffe längst realisierbar, doch rechtliche Hürden bremsen ihren Einsatz - das soll sich ändern, fordern die Versicherer (Symbolbild).Couleur / pixabay
Assekuranz

Versicherer fordern Rechtsrahmen für automatisierte Binnenschifffahrt

Automatisierte Binnenschiffe könnten schon heute einsatzbereit sein – doch es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben. Der GDV fordert die Bundesregierung und internationale Flusskommissionen auf, Standards zu schaffen, um die Technologie voranzutreiben.

OleksandrPidvalnyi / pixabayOleksandrPidvalnyi / pixabay
Assekuranz

Berufsunfähigkeitsversicherung 2025: Neue Rahmenbedingungen stärken Stabilität

Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt auch 2025 ein stabiler Schutz. Franke und Bornberg analysieren die Entwicklungen des Vorjahres und beleuchten die veränderten Rahmenbedingungen, darunter die Erhöhung des Höchstrechnungszinses und neue Produktanpassungen.

Dr. Olaf Schmitz, Vorstandsmitglied für die LebensversicherungFoto: VPVDr. Olaf Schmitz, Vorstandsmitglied für die LebensversicherungFoto: VPV
Assekuranz

VPV Versicherungen: Neuerungen zum Jahreswechsel durch Höchstrechnungszinsanhebung

Mit dem Jahreswechsel bringt die VPV Versicherungen (VPV) umfassende Anpassungen und Neuerungen in mehreren Produktbereichen.

Laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) verzeichnen Krankenhäuser jedes Jahr etwa 800 bis 1.000 Verletzte, die durch Feuerwerkskörper zu Schaden kommen.Foto: GrokLaut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) verzeichnen Krankenhäuser jedes Jahr etwa 800 bis 1.000 Verletzte, die durch Feuerwerkskörper zu Schaden kommen.Foto: Grok
Assekuranz

Die Risiken der Silvesternacht und der richtige Versicherungsschutz

Die Silvesternacht ist für viele Menschen ein festlicher Höhepunkt, an dem das alte Jahr verabschiedet und das neue mit Feuerwerk und Feierlaune begrüßt wird. Doch der Übergang ins neue Jahr birgt auch Gefahren, die häufig unterschätzt werden.

neelam279 / pixabayneelam279 / pixabay
Assekuranz

Kfz-Versicherung: Preise steigen um 43 Prozent in zwei Jahren

Die Kosten für Kfz-Versicherungen sind in den letzten zwei Jahren massiv gestiegen. Laut Verivox-Kfz-Versicherungsindex zahlen Autofahrer heute 43 Prozent mehr als 2022.