Laut eines neuen Berichts des internationalen Wirtschaftsprüfungsnetzwerks Kreston Global sehen mehr als ein Drittel (36 Prozent) der deutschen Unternehmenden, die ins Ausland expandiert haben, die größte Herausforderung darin, die richtigen lokalen Partnerunternehmen zu finden. Im Idealfall sollten sie zuverlässig sein und vertrauenswürdige Beziehungen ermöglichen. Diese Herausforderung liegt noch vor den Schwierigkeiten bei der Anpassung von Logistik und Lieferketten, dem Verständnis der nationalen Compliance-Anforderungen (beide 32 Prozent) und dem Umgang mit wirtschaftlichen Schwankungen (24 Prozent).
Der zweite Bericht von Kreston Global basiert auf einer Umfrage in 14 verschiedenen Ländern unter 1.400 „Interpreneur:innen“, d. h. Geschäftsführer:innen von Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu ca. 350 Millionen Euro (300 Millionen Pfund), die ihr Geschäft erfolgreich auf internationale Märkte ausgeweitet haben. Die Studie untersucht die globalen Mobilitätstrends für kleine und mittlere Unternehmen sowie die Strategien und Instrumente, die Unternehmensleiter:innen einsetzen, um den wirtschaftlichen Druck des globalen Unternehmertums zu bewältigen.
Antriebe und Hindernisse für den Erfolg
Übereinstimmend mit dem weltweiten Durchschnitt sind fast alle Befragten in Deutschland (95 Prozent) der Meinung, dass die globale Expansion für ihr Unternehmen von Vorteil war. Als Hauptvorteile werden Umsatz- und Ertragssteigerungen (43 Prozent) und Rentabilität (39 Prozent) genannt.
Bei der Bewertung ihres eigenen internationalen Expansionskurses gaben 43 Prozent der Befragten in Deutschland an, dass die Hauptmotivation die Sicherung von Marktwachstumschancen war, gefolgt von dem Wunsch, einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen, indem man in neuen Regionen noch vor der Konkurrenz Fuß fasst (33 Prozent).
Globaler Ehrgeiz: Wohin geht die Reise?
Drei Viertel (76 Prozent) der deutschen Befragten gaben an, dass sie in den nächsten zwölf Monaten mit einem Anstieg der Zahl der Unternehmen rechnen, die ins Ausland expandieren. Im weltweiten Vergleich liegt dieser Wert etwas unter dem Durchschnitt von 86 Prozent. Allerdings erwarten mehr deutsche Unternehmer:innen einen Rückgang der Zahl der expandierenden Unternehmen (12 Prozent gegenüber 4 Prozent), was darauf hindeutet, dass sie insgesamt im weltweiten Vergleich weniger optimistisch sind.
Diejenigen, die eine Expansion ins Ausland in Erwägung ziehen, zeigen eine Präferenz für benachbarte Märkte, wobei Westeuropa (51 Prozent) und Osteuropa (46 Prozent) gegenüber Nordamerika (35 Prozent) und Südamerika (21 Prozent) deutlich überwiegen.
Bei der Beurteilung, was ein Land oder eine Region für eine internationale Expansion am attraktivsten macht, nannten die Befragten in Deutschland günstige wirtschaftliche Aussichten (42 Prozent), die Verfügbarkeit von Fähigkeiten und Talenten (32 Prozent) sowie die technische Infrastruktur und Digitalisierung (32 Prozent). Der Punkt „günstige Handelspolitik“ landet – im Gegensatz zum weltweiten Durchschnitt (Platz 2) – bei den deutschen Befragten nur auf dem siebten Platz.
Geschäftsprioritäten auf der Agenda
Der Bericht bietet auch einzigartige Einblicke in einige der disruptiven Kräfte, die sich sowohl in Deutschland als auch weltweit auf die Führungskräfte von KMUs auswirken, darunter:
- Künstliche Intelligenz: Die meisten Befragten (84 Prozent) geben an, dass sie sich gewappnet fühlen, die Vorteile der Künstlichen Intelligenz in den nächsten zwei Jahren für ihre globalen Geschäftsabläufe zu nutzen.
- Risikomanagement: Die Befragten sind der Meinung, dass eine wirtschaftliche Abschwächung oder Rezession (40 Prozent) oder ein Mangel an Talenten und qualifizierten Arbeitskräften (38 Prozent) ein störendes oder erhebliches Risiko für die internationale Expansion darstellen.
- Zugang zu Kapital: 46 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Unternehmen wahrscheinlich die Inanspruchnahme privater Investor:innen für ein internationales Wachstum in Erwägung ziehen wird oder bereits in Anspruch genommen hat, und 36 Prozent haben eine staatliche Finanzierung für eine internationale Expansion in Betracht gezogen oder werden dies wahrscheinlich tun.
- ESG: Eine große Mehrheit (90 Prozent) findet es wichtig, ESG-Praktiken zu berücksichtigen, wenn sie Länder oder Regionen für eine Expansion in Betracht zieht.
- Globale Steuern: 29 Prozent der Befragten geben an, dass sie die globalen internationalen Steuervorschriften, die für multinationale Unternehmen gelten, genau kennen.
„Der Bericht bietet wertvolle Einblicke in die Motive und Herausforderungen von Unternehmer:innen, die ins Ausland expandieren wollen oder bereits expandiert haben. Die Aussichten deutscher Unternehmer:innen für eine künftige Expansion ins Ausland sind eindeutig etwas weniger optimistisch als im weltweiten Vergleich, obwohl bisherige Unternehmungen grundsätzlich positiv gewertet wurden“, kommentiert Andreas K. Wiedmann, Wirtschaftsprüfer | Steuerberater | Partner bei Kreston Bansbach, den Bericht.
„Die Studie unterstreicht auch die wachsende Bedeutung von ESG-Themen und die Notwendigkeit, sich mit globalen Steuerregelungen auseinanderzusetzen. Dies ist besonders relevant in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und Compliance zu zentralen Themen der Unternehmensführung geworden sind“, so Wiedmann.
„Obwohl es viele globale Herausforderungen gibt, mit denen sich Unternehmer:innen auseinandersetzen müssen, sind insbesondere KMU in der Lage, diese erfolgreich zu bewältigen. Sie machen sich die eigene Agilität zum Vorteil und können so Chancen ergreifen und neue Wege beschreiten, um ihr Unternehmen im In- und Ausland erfolgreich zu machen“, ergänzt Liza Robbins, Geschäftsführerin von Kreston Global. Und weiter: „Dieser Bericht ist ein Teil des Ziels von Kreston Global: Interpreneure und Interpreneurinnen oder diejenigen, die Ambitionen haben, international zu expandieren – zu inspirieren, damit sie sich nicht nur auf internationalen Märkten und im sich ständig verändernden regulatorischen Umfeld zurechtfinden, sondern in jeder Situation erfolgreich sind.“
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