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Bewertungsportale mit ihren Sternebewertungen und Kundenrezensionen spielen mittlerweile eine wichtige Rolle bei Kaufentscheidungen. Dies gilt auch für den Neuabschluss oder Wechsel von Finanzdienstleistungsprodukten; wenn auch nicht in gleich starkem Maße wie beispielsweise im Consumer-Electronics-Markt.
Aktuell haben Kundenbewertungen auf der Customer Journey zu Versicherungen, Bankprodukten oder gesetzlichen Krankenversicherungen für rund jeden zweiten Bundesbürger zumindest eine „mittlere Relevanz“. Für jeden fünften Kunden haben diese je nach Produktart sogar „hohe Relevanz“ und können unmittelbar kaufentscheidend sein. Finanzdienstleister sind daher gut beraten, sich ausführlich mit dem Nutzungsverhalten und den Wirkmechanismen von Bewertungsportalen zu beschäftigen – und dabei auch ihre eigenen Kommunikationsstrategien im Umgang mit Kundenbewertungen zu überprüfen.
Dies zeigt die aktuelle Grundlagenstudie «Nutzung und Wirkung von Bewertungsportalen bei Finanzdienstleistungen» des Marktforschungs- und Beratungsinstituts HEUTE UND MORGEN aus Köln. 2.000 Bundesbürger ab 18 Jahren wurden bevölkerungsrepräsentativ zur Nutzung und persönlichen Relevanz von Sternebewertungen und Kundenrezensionen im Finanzdienstleistungsbereich und in weiteren Branchen befragt.
Darüber hinaus wurden umfangreiche experimentelle Wirkungstests mit insgesamt über 4.000 Teilnehmern durchgeführt, um die Effekte und Wirkmechanismen von Kundenbewertungen auf die Kaufentscheidungen der Verbraucher zu analysieren. Ergänzend erfolgten mit ausgewählten Portalnutzern psychologische Tiefeninterviews zum tieferen Verständnis des Umgangs mit Kundenbewertungen und zu den Nutzungsmotiven. Differenziert wird nach unterschiedlichen Bewertungsportalen, Produktsegmenten, Nutzergruppen und nach der Markenbekanntheit der bewerteten Anbieter.
„Bewertungsportale haben in der Verbraucherdemokratie enorm an Einfluss gewonnen“, sagt Axel Stempel, Geschäftsführer bei HEUTE UND MORGEN. „Für Finanzdienstleister gilt es, die Nutzung und Wirkung von Bewertungsportalen bei Finanzdienstleistungen besser zu verstehen und überzeugende Strategien im Umgang mit Kundenbewertungen zu entwickeln. Bislang herrscht hier nicht selten noch große Unsicherheit.“
Finanzdienstleistungskunden suchen aktiv nach Bewertungen
Die Kunden von Banken, Krankenkassen und Versicherern suchen auf Bewertungsportalen überwiegend aktiv und gezielt nach Kundenbewertungen zu bestimmten Produkten oder Produktgebern (32 Prozent); teils stößt man bei der Suche im Internet auch eher nur zufällig darauf (24 Prozent). Generell führt der häufigste Weg zu Kundenbewertungen über die Google-Suche nach relevanten Kundenerfahrungen. Von hier aus gelangt man dann auf andere Portale oder trifft direkt in der Google-Suche auf entsprechende Kundenbewertungen.
Vertrauen in Kundenbewertungen und Bewertungsportale
Jeder zweite befragte Bundesbürger (51 Prozent) zeigt sich durchaus skeptisch, ob es sich bei den Bewertungen auf den Portalen wirklich um echte und vertrauenswürdige Kundenbewertungen handelt. Man fragt sich, ob diese (nicht auch) gefälscht oder gekauft sein können. Aus der spürbaren Sorge vor manipulierten Bewertungen resultiert in der Regel eine Vorsichtshaltung, aber kein generelles Misstrauen gegenüber den Bewertungsportalen.
Insgesamt überwiegen aus Kundensicht deutlich die wahrgenommenen Vorteile und man versucht, „falsche“ Bewertungen auf verschiedenen Wegen gezielt auszuschließen beziehungsweise zu ignorieren. Die höchsten Vertrauenswerte unter den zahlreichen untersuchten Bewertungsportalen genießen mit Blick auf Finanzdienstleistungen aktuell Trusted Shops, Finanzfluss, Trustpilot und Finanztip.
Relevanz von Kundenbewertungen im Branchenvergleich
Eine besonders hohe und kaufentscheidende Relevanz haben Kundenbewertungen im Bereich hochwertiger Elektronikprodukte (hohe Kaufrelevanz: 53 Prozent; mittlere Relevanz: 31 Prozent). Es folgen Energiedienstleistungen, Telekommunikationsdienstleistungen und Finanzdienstleistungen (FDL je nach Produktart: hohe Abschlussrelevanz: bis zu 21 Prozent; mittlere Relevanz: 33 Prozent). Für rund jeden zweiten FDL-Kunden spielen Bewertungsportale auf ihrer Customer Journey also zumindest eine mitbeeinflussende Rolle. Je nach Einzelbranche und verschiedenen Produktsegmenten zeigen sich hier weitere Differenzierungen.
Branchenübergreifend orientiert man sich bei seinen Entscheidungen (Kauf, Abschluss, Kontaktaufnahme mit Anbietern) besonders stark an Kundenbewertungen auf Amazon. Es folgen Google (mit eigenen Bewertungen sowie verlinkten Bewertungen auf anderen Plattformen), Trusted Shops / eTrusted, Trustpilot und Check24 (hier mit Fokus auf Kundenbewertungen, nicht Preisvergleiche).
Wirkung von Bewertungsportalen
Im Rahmen der umfangreichen experimentellen Wirkungstests (mit Experimental- und Kontrollgruppe) zu Bewertungsportalen zeigt sich unter anderem: Der Effekt positiver Kundenbewertungen auf (FDL-relevanten) Bewertungsportalen ist verglichen mit negativen Bewertungen vergleichsweise geringer.
Negative Kundenbewertungen entwickeln in der Regel deutlich stärkeren Einfluss und größere „Wucht“. Von positiven Urteilen können den Nutzern bekannte Finanzdienstleister-Marken überdurchschnittlich stark profitieren. Sie leiden umgekehrt auch etwas weniger unter negativen Bewertungen als unbekanntere Marken (aber ebenfalls in signifikanter Weise!).
Finanzdienstleister antworten mehrheitlich nicht auf Kundenbewertungen
Umso wichtiger ist die Frage, wie Unternehmen und speziell Finanzdienstleister mit Kundenbewertungen (und hier insbesondere den negativen) auf den für sie wichtigsten Bewertungsportalen umgehen. Hier zeigt sich: In den Fällen, in denen die befragten Bundesbürger eigene Bewertungen zu verschiedenen Finanzdienstleistern beziehungsweise deren Produkten abgegeben hatten, wurde die Kundenbewertung nur in höchstens jedem vierten Fall von den Unternehmen auch beantwortet.
„Beim aktiven Management von Kundenbewertungen haben viele Finanzdienstleister noch deutlichen Nachholbedarf“, sagt Axel Stempel. „Weder das Ignorieren noch das undifferenziert-pauschale Beantworten sind hier adäquat und zielführend“.
Auch Versicherungsmakler orientieren sich an Kundenbewertungen
In einem speziell für Versicherungsunternehmen durchgeführten Befragungsbaustein wurde in der Grundlagenstudie auch der Umgang von Versicherungsmaklern mit den Kundenbewertungen auf Bewertungsportalen untersucht. Hier offenbart sich insgesamt eine ambivalente Haltung: Einerseits vertrauen die Versicherungsmakler den Bewertungsportalen im Vergleich zu den Endkunden deutlich weniger, andererseits orientieren sie sich bei ihren Empfehlungen oder Nicht-Empfehlungen aber dennoch mit daran.
Dies gilt insbesondere für jüngere Makler, die sich von Kundenbewertungen insgesamt stärker beeinflussen lassen als Ältere. „Auch im Vertriebsweg Makler wird das differenzierte Management von Kundenbewertungen durch die Versicherungsgesellschaften zunehmend zum wichtigen Erfolgsfaktor“, sagt Jana Grüger, Studienleiterin bei HEUTE UND MORGEN.
Weitere Studieninformationen und -bestellung
Die komplette rund 200-seitige Grundlagenstudie «Nutzung und Wirkung von Bewertungsportalen bei Finanzdienstleistungen» kann ab sofort über HEUTE UND MORGEN bezogen werden (kostenpflichtig). Die Studie enthält für Banken, Krankenkassen und Versicherer drei ausführliche Ergebnisbausteine:
- Repräsentative Basisbefragung
- Experimentelle Wirkungstests
- Vertiefende qualitative Interviews
Speziell für die Versicherer liegen zusätzlich auch noch eine Befragung von Versicherungsmaklern zu ihrem Umgang mit Kundenbewertungen sowie ein Desk-Research-Report über aktuelle Durchschnittsnoten und die Zahl der Bewertungen verschiedener Versicherer auf den wichtigsten Bewertungsplattformen vor.
Weitere Informationen zu den Studieninhalten und zur Bestellung gibt es hier.
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