Photo credit: depositphotos.com
Ein guter Kundenservice ist wichtig für die Kundenbindung – auch und gerade für Versicherer. Denn die Branche befindet sich mitten in einem grundlegenden Wandel. Doch eine Analyse zeigt: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit bestehen häufig noch große Unterschiede.
Ein Beitrag von Madeleine Kracke und Tim Ludorf, Versicherungsexpert*innen bei Q_PERIOR
Ein maßgeschneiderter Kundenservice und -kontakt über alle Kanäle hinweg ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Versicherer. Derzeit erfassen jedoch fast drei Viertel der Versicherer separate Kennzahlen pro Servicekanal, wie Telefon, Chat oder E-Mail. Auch die Steuerung von Kundenanfragen erfolgt überwiegend nach Eingangskanal oder nach Sparte. Das zeigen die Ergebnisse der Hybrid Experience Studie (HES), einer (bevölkerungs-)repräsentativen Befragung der Business- und IT-Beratung Q_PERIOR in Zusammenarbeit mit den Versicherungsforen Leipzig.
Diese Differenzierung nach Kanal oder Produkt hat den Vorteil, dass einzelne Bereiche im Kundenkontakt spezifisch betrachtet werden können. Sie erlaubt es jedoch nicht, die Kundenkommunikation ganzheitlich zu betrachten. Die Konsequenz: Mangelndes Wissen darüber, wann, wie und wozu zuletzt mit einem Kunden kommuniziert wurde.
Dies steht im Widerspruch zu einer kundenzentrierten Omnichannel-Strategie, die in der Grundausrichtung vieler Versicherer verankert ist. Denn die Erwartungen der Kunden verändern sich und die Anforderungen an Serviceangebote sowie Kontaktkanäle steigen.
Getrieben durch Entwicklungen aus anderen Branchen wie dem E-Commerce sind Kunden zunehmend an komfortable Customer Journeys und eine konsequente Kundenzentrierung gewöhnt. Zudem verändern Vergleichsportale und InsurTechs die Versicherungsbranche. Der Druck auf Versicherer wächst, digitale und mehrwertbringende Serviceangebote zu schaffen, um die Kundenbindung zu erhöhen und sich vom Wettbewerb zu differenzieren.
Herausforderungen für den Omnichannel-Ansatz
Wie die Ergebnisse der HES zeigen, stehen dem verfolgten Omnichannel-Ansatz häufig auch organisatorische Faktoren entgegen. So geben über 65 Prozent der Versicherer an, dass eine systemische Integration der verschiedenen Kontaktkanäle fehlt, 63 Prozent haben keine kanalübergreifende Steuerung und bei gut 46 Prozent besteht eine organisatorische oder fachliche Trennung. All diese Punkte sind jedoch entscheidend für den Kundenservice der Zukunft.
Eine Antwort der Branche auf diese Herausforderungen wird nach den Ergebnissen der HES in naher Zukunft das Kundenportal sein. Derzeit hat dieser Servicekanal für mehr als 50 Prozent der Versicherer keine oder nur eine geringe Relevanz. Mit Blick in die Zukunft geben jedoch gut 86 Prozent der Versicherer an, dass das Kundenportal in den nächsten drei Jahren für sie eine sehr hohe oder hohe Relevanz für sie haben wird. Aus gutem Grund.
Denn die Studie zeigt auch, dass Kunden es durchaus schätzen, bestimmte Anliegen schnell, unabhängig und effizient selbst erledigen zu können, ohne auf telefonische Erreichbarkeit angewiesen zu sein. Hierzu zählt bereits heute oft die Möglichkeit, Stammdaten zu ändern oder einen Schaden zu melden. Hier liegen enorme Potenziale für Versicherer, die sowohl für Kunden als auch für die interne Organisation Effizienzgewinne bieten, die zudem positiv wahrgenommen werden.
Fazit
Für einen reibungslosen Self-Service ebenso wie für übergreifende Kontaktangebote ist es jedoch unerlässlich, eingefahrene Strukturen und Silodenken zu überwinden. Gefragt sind ein frischer Blick und die Fähigkeit, die Kundenperspektive einzunehmen. Denn was für Experten ein intuitiver Prozess ist, muss für Kunden noch lange nicht schnell, einfach und verständlich sein.
Es geht darum, die Bedürfnisse und Probleme der Kunden zu verstehen und Produkte, Dienstleistungen und Support so zu entwickeln, dass diese erfüllt werden. Das Ziel ist ein nahtloses Kundenerlebnis über alle Kanäle hinweg zu schaffen – und dabei nicht zuletzt die Mitarbeitenden (auch technologisch) zu befähigen und zu begleiten.
Zu den Autoren
Madeleine Kracke ist Managerin und Versicherungsexpertin bei Q_PERIOR. Sie verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Beratung von Versicherungsunternehmen mit Fokus auf Customer Excellence und digitalen Geschäftsmodellen. Dabei gilt ihre besondere Leidenschaft der Contact Center Transformation, den e2e-Geschäftsprozessen und dem Einsatz sowie der Implementierung von Service Center Tools zur Unterstützung und Befähigung von Mitarbeitenden.
Tim Ludorf ist Manager und Versicherungsexperte bei Q_PERIOR und beschäftigt sich seit sieben Jahren mit dem Thema Customer Management, sein Beratungsschwerpunkt liegt dabei auf der Transformation von Contact Centern. Neben seinem Beratungsschwerpunkt interessiert sich Tim Ludorf besonders für kundenzentrierte Organisationsformen und den datengetriebenen Ansatz der Hyperpersonalisierung.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Cloud-basierte Lösungen für smartere Kundenkonversationen
Um konkurrenzfähig zu bleiben und die Kundenzufriedenheit zu steigern, müssen Unternehmen eine relevante und personalisierte Konversationen schaffen. Ohne eine Neugestaltung der Kundenkommunikation ist dies nicht möglich.
10 bewährte Kundenservice-Tipps zum Wachstum Ihres Kleinunternehmens
Ein hervorragender Kundenservice ist für Unternehmen erfolgsentscheidend. Er trägt zur Kundenbindung und infolge zum Unternehmenswachstum bei. Zehn Tipps, wie ausgezeichneter Kundenservice geboten werden kann, der Kundentreue, Umsätze und Gewinne steigert.
Lästigen Papierkram mit digitalen Kundenerlebnissen ersetzen
Moderne Plattformen transformieren formularbasierte Prozesse in intelligente, interaktive Benutzererlebnisse. Sie intensivieren den Kundendialog und optimieren interne Prozesse. Kurz: Sie sorgen dafür, dass der Kunde jeden Moment als angenehm, schmerzlos und sehr persönlich empfindet.
Finanzdienstleister und Kundenzentrierung im digitalen Zeitalter
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Wie Unternehmer Steuern im Voraus sparen können
Wie heißt es zum Jahreswechsel immer so schön? Neues Jahr, neues Glück. Um diesem geflügelten Wort auch Taten folgen zu lassen, gibt die Gesetzgebung Unternehmern einige praktische Hilfsmittel an die Hand, damit sich der geschäftliche Erfolg einstellt. Eines davon ist der Investitionsabzugsbetrag, kurz IAB. Wie der richtig genutzt wird, erklärt Prof. Dr. Christoph Juhn, Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule und geschäftsführender Partner der Kanzlei JUHN Partner im Gastbeitrag.
Die Team- und Zusammenarbeit neu justieren
Viele Teams in den Unternehmen stehen aktuell vor der Herausforderung, sich selbst und ihre Zusammenarbeit neu zu definieren, um ihre Leistungsfähigkeit zu bewahren. Das zeigt eine Befragung von Personalverantwortlichen durch die Unternehmensberatung Kraus & Partner.
Mit Mitarbeiter-Benefits die Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen
Deutschlands Mittelstand steht aktuell vor einem Dilemma. Die Auftragsbücher zahlreicher Firmen sind gut gefüllt. Doch leider fehlen Fachkräfte, um die nötigen Aufgaben zu übernehmen. Mitarbeiter-Benefits können helfen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Werden sie richtig aufgebaut, können sie im Wettkampf um die besten Leute ausschlaggebend sein.
Voll versteuert!? Drei Stolperfallen, die Unternehmen mühelos vermeiden können
Teure Materialien sowie steigende Energie- und Transportpreise führen in zahlreichen Unternehmen zu Sparmaßnahmen. Unvorhergesehene und potenziell kostspielige Steuernachzahlungen können in einer angespannten Situation den Druck auf die finanziellen Ressourcen empfindlich erhöhen. . Dabei lassen sich einige steuerliche Stolperfallen umgehen.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.