Photo credit: depositphotos.com
Schäden durch politische Ereignisse könnten bald einer der größten Schadentreiber für Unternehmen in Deutschland und Europa werden. So haben Terrorismus, Kriegshandlungen und gewalttätige Proteste – neben den Risiken aus Klimawandel, Cyberangriffen und anhaltender Inflation – zunehmend Folgen für den Geschäftserfolg vieler Organisationen.
Diese müssen Risikomanagement und Versicherungsschutz entlang der neuen Risikolandschaft ausrichten. Was dies für einzelne Branchen und Sparten bedeutet, thematisiert der MarktSpot, Trendreport zur Industrieversicherung der Unternehmensberatung WTW.
„Im heutigen Risikoumfeld reichen traditionelle Versicherungslösungen bei Weitem nicht mehr aus, um sich abzusichern“, sagt Thomas Olaynig, Head of Corporate Risk & Broking DACH & Polen bei WTW. „Die weltweit zunehmenden Konflikte verdeutlichen, wie wichtig eine ganzheitliche Analyse der Risikolage eines jeden Unternehmens ist. Wir können und müssen heute viel mehr Daten nutzen, um Risiken einzuschätzen und individuell abzusichern.“
Auf das Worst-Case-Szenario vorbereiten
Der Bedarf an Versicherungsschutz für politische Risiken ist stark gestiegen – ungeachtet der Region, in der Firmen tätig sind. Allein 2022 haben weltweit 9 von 10 Unternehmen nach eigenen Angaben Schäden durch politische Ereignisse erlitten. Die hohen Schadensummen führten dazu, dass Industrieversicherer ihren Risikoappetit reduzierten und die Prämien erhöhten. „Unternehmen müssen darauf reagieren, indem sie sich selbst Standort für Standort ein klares Bild von möglichen Ereignissen verschaffen – und darauf ausgerichtet präventive Maßnahmen ergreifen sowie flankierend ihren Versicherungsschutz überarbeiten“, sagt Olga Losing-Malota, Head of Broking DACH, Corporate Risk & Broking bei WTW.
Management von Klimarisiken erfordert eigenen Antrieb
Der Trendreport richtet das Augenmerk darüber hinaus auf weitere wesentliche Aspekte der „neuen Risikolandschaft“: So erfordert der Klimawandel immer mehr Weitsicht der Risikomanager. Sie müssen eigene Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen, aber zugleich den ESG-Kriterien der Investoren und Versicherer entsprechen, um auch künftig Finanzierung und Deckung zu erhalten. „Mit den ESG-Pflichten haben Wirtschaft und Politik erste wichtige Grundsteine für einen angemessenen Umgang mit Klimarisiken gelegt. Doch Unternehmen müssen darüber hinaus aktiv werden, selbstständig bestimmen, wie sich zukünftige Naturkatastrophen auf ihr Geschäftsmodell auswirken werden und besonders gefährdete Standorte schützen“, sagt Losing-Malota.
Cyber-Angriffe ziehen strenge Auflagen für Unternehmen nach sich
Ein nachhaltiger Geschäftserfolg hängt auch von der Resilienz im Cyber-Bereich ab: Ransomware-Fälle und Angriffe auf die digitale Lieferkette, sogenannte „Digital Supply Chain Attacks“, halten die Schadenquoten in der Cyber-Versicherung hoch. Infolgedessen haben die Versicherer ihre Anforderungen an die IT-Sicherheit weiter verschärft. Für kleine und mittelständische Unternehmen stehen zwar noch ausreichend Versicherungssummen zur Verfügung. Großkunden dagegen sind auf einen guten Zugang zu internationalen Kapazitäten angewiesen.
Risiken datengestützt und automatisiert managen
Um sich abzusichern, müssen Unternehmen ihre individuelle Risikosituation genau kennen und den Versicherern fundierte Daten liefern können. Fehlt den Anbietern eine Bewertungsgrundlage, setzen diese ihre Prämien höher an oder zeichnen Risiken seltener. Eine Kernaussage des MarktSpots ist daher auch, dass und wie Unternehmen in einzelnen Versicherungssparten ein aktives Risikomanagement betreiben sollen.
„Dem Anspruch, immer mehr und häufiger Unternehmens- und Risikodaten abzuliefern, werden wir nur mit Automatisierung gerecht“, sagt Olaynig. So müssten Versicherte und Anbieter gleichermaßen einen fortschrittlicheren Umgang mit Daten und Technologien wagen. „Der automatisierte Austausch von Risikodaten reduziert Fehlerquoten und spart kostbare Ressourcen bei Unternehmen und Versicherern.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Ransomware-Vorfälle auf besorgniserregendem Niveau
Hacker nehmen zunehmend digitale Lieferketten ins Visier und starten massenhafte Cyberangriffe, um Geld von Unternehmen zu erpressen. Zwischen 2019 und 2022 stieg die Zahl der Cyber-Vorfälle, in denen Daten abfließen, auf fast 80 Prozent. Für 2023 ist ein weiterer signifikanter Anstieg absehbar.
WTW mit neuer Präsenz im Süden Deutschlands
Der Berater und Broker WTW hat mit seinem Geschäftsbereich Corporate Risk & Broking (CRB) einen weiteren Standort in Stuttgart bezogen. Damit sind die Spezialisten für Risikoberatung und Industrieversicherung noch näher an ihren Kunden im süddeutschen Raum.
Top-Risiken 2022 der Risiko- und Versicherungsmanager
Allianz-Konsortium vor Abschluss des Viridium-Deals – WTW sieht Belebung des Run-Off-Marktes
Die Übernahme von Viridium durch ein Allianz-geführtes Konsortium steht offenbar kurz vor dem Abschluss. WTW erwartet, dass der Deal den deutschen Run-Off-Markt nachhaltig beleben wird.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Lebensversicherung: ZZR-Rückflüsse bringen Spielraum
Zinsanstieg, ZZR-Rückflüsse und demografischer Wandel verändern das Geschäftsmodell der Lebensversicherer grundlegend. Die Branche steht finanziell stabil da – doch das Neugeschäft bleibt unter Druck.
Wiederanlage im Bestand: Versicherer verschenken Milliardenpotenzial
In Zeiten stagnierender Neugeschäftszahlen und hoher Leistungsabfüsse rückt der Versicherungsbestand zunehmend in den Fokus strategischer Überlegungen. Das gilt insbesondere für die Lebensversicherung: Dort schlummern ungenutzte Chancen, die Erträge stabilisieren und die Kundenbindung stärken könnten – wenn Versicherer systematisch auf Wiederanlage setzen würden. Der Text erschien zuerst im expertenReport 05/2025.
#GKVTag – Pflegeversicherung unter Reformdruck: Stabilität durch Solidarität
Drei Jahrzehnte Pflegeversicherung – eine sozialpolitische Erfolgsgeschichte mit strukturellen Rissen. Seit ihrer Einführung garantiert sie die Absicherung pflegebedürftiger Menschen und setzt dabei auf das Zusammenspiel von Solidarität und Eigenverantwortung. Doch mit wachsender Zahl Anspruchsberechtigter, einem Ausgabenvolumen von inzwischen 65 Milliarden Euro und einem Beitragssatz von 3,6 Prozent (zuzüglich Kinderlosenzuschlag) gerät das System an seine finanziellen Grenzen.
„Fünf Tierseuchen gleichzeitig – Tierhalter geraten weiter unter Druck“
Mit einem neuen Höchstwert von 96 Millionen Euro Schadenaufwand blickt die Vereinigte Tierversicherung (VTV) auf das bislang teuerste Jahr ihrer Geschichte zurück. Der Großteil der Schäden entstand durch Tierseuchen – allen voran durch die Blauzungenkrankheit, die allein 30 Millionen Euro kostete. Diese betraf 2024 vor allem Wiederkäuer-Bestände in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hessen. Die VTV ist Marktführer in der landwirtschaftlichen Tierversicherung und Teil der R+V Gruppe.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.