70 Prozent der Naturkatastrophen-Schäden durch schwere Gewitter
Eine ausgedehnte Serie schwerer Gewitter (Konvektivgewitter) allein in den USA war im ersten Halbjahr 2023 für 68 Prozent der weltweiten versicherten Naturkatastrophen-Schäden verantwortlich. Dies verdeutlicht, dass sekundäre Naturgefahren immer höhere Schäden verursachen.
"Hauptursache der überdurchschnittlich hohen Versicherungsschäden im ersten Halbjahr 2023 waren schwere Gewitter. Damit wird diese sekundäre Naturgefahr zu einem der wichtigsten globalen Treiber für Versicherungsschäden" so Martin Bertogg, Head of Catastrophe Perils bei Swiss Re. Die Schadenshöhe bestätige zudem den Trend, dass die versicherten Schäden pro Jahr um durchschnittlich 5–7 Prozent steigen, bedingt durch die Erwärmung des Klimas, aber mehr noch durch die rasante Zunahme der wirtschaftlichen Werteakkumulation in städtischen Gebieten weltweit. Der Zyklon und die Überschwemmungen in Neuseeland im ersten Quartal 2023 zeigen, welches Risiko für große städtische Zentren heute bestehe, und schreiben die Muster fort, die 2021 bei dem Hochwasser in Deutschland und 2022 in Australien und Südafrika zu beobachten waren, resümiert Bertogg.
Rasanter Anstieg von versicherten Schäden
Schwere Konvektivgewitter – Unwetter mit Donner, Blitz, Sturm, Starkregen, Hagel und plötzlichen Temperaturveränderungen – verursachten in der ersten Jahreshälfte 2023 weltweit versicherte Schäden in Höhe von 35 Mrd. US-Dollar (knapp 70 Prozent) und sind damit in nur sechs Monaten fast doppelt so hoch wie im Jahresdurchschnitt der vergangenen zehn Jahre (18,4 Mrd. US-Dollar).
In den USA verursachte eine Serie schwerer Gewitter in der ersten Jahreshälfte 2023 versicherte Schäden in Höhe von 34 Mrd. US-Dollar – die höchsten versicherten Schäden, die jemals innerhalb von sechs Monaten aufgetreten sind. Bei zehn Ereignissen erreichten die Schäden je mindestens 1 Mrd. US-Dollar, verglichen mit durchschnittlich sechs Ereignissen gleicher Größenordnung pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren. Am stärksten betroffen war der Bundesstaat Texas.
In Neuseeland kam es Anfang 2023 im Abstand von nur zwei Wochen zu zwei schweren Wetterereignissen, die das zunehmende Risiko verdeutlichen, dass wetterbedingte Gefahren große städtische Zentren treffen. Insbesondere die Nordinsel Neuseelands wurde im ersten Quartal zunächst von schweren Überschwemmungen in Auckland, der größten Stadt des Landes, und kurz darauf von den Ausläufern des Zyklons Gabrielle heimgesucht. Mit versicherten Schäden von insgesamt 2,3 Mrd. US-Dollar waren dies die beiden Ereignisse mit den höchsten wetterbedingten Versicherungsschäden in Neuseeland seit 1970.
Auswirkungen zeigen sich in immer extremeren Wetterereignissen
"Die Auswirkungen des Klimawandels sind bei bestimmten Naturgefahren wie Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Extremniederschlägen bereits zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Verplanung von stärker gefährdeten Flächen an Küsten und Flüssen und die Zersiedelung der Natur zu einer Werteakkumulation in risikoreicheren Lagen führt, die kaum umkehrbar ist," erklärt. Jérôme Jean Haegeli, Group Chief Economist von Swiss Re
Damit Versicherungsprodukte für solche stark gefährdeten Objekte wirtschaftlich bleiben, müssen Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Es sei höchste Zeit, verstärkt in die Klimaanpassung zu investieren, warnt Haegeli.
Finanzielle Widerstandsfähigkeit gegen Naturkatastrophen
Schwere Regenfälle in der norditalienischen Region Emilia-Romagna führten Mitte Mai zu großflächigen Überschwemmungen mit versicherten Schäden von voraussichtlich mehr als 0,6 Mrd. US-Dollar. Damit handelt es sich um das teuerste Wetterereignis in Italien seit 1970. Die wirtschaftlichen Schäden werden auf 10 Mrd. US-Dollar geschätzt. Da in Italien 94 Prozent der Schäden nicht versichert sind, kommt Versicherern eine wichtige Rolle dabei zu, diese Deckungslücke zu schließen und Haushalten zu helfen, ihre finanzielle Widerstandsfähigkeit gegen Naturkatastrophen zu stärken. In Norditalien herrschte in den vergangenen beiden Jahren Trockenheit. Durch die starken Niederschläge wurde der Boden schnell gesättigt, was zu Überschwemmungen führte.
Der Trend zeigt eine deutliche Zunahme von Dürren in Südeuropa. Veränderungen in der Saisonalität können dazu führen, dass Starkregenereignisse seltener werden, aber intensiver ausfallen. Seit Anfang Juli hatten besonders die USA, Nordwestchina und Südeuropa unter Hitzewellen zu leiden. In Südeuropa verschlimmerten trockene Witterungsbedingungen und starke Winde die (höchstwahrscheinlich von Menschen verursachten) Waldbrände auf vielen griechischen Inseln, aber auch in Italien und Algerien. Für eine Schätzung der wirtschaftlichen und der versicherten Schäden ist es allerdings noch zu früh.
Erdbeben gehören nach wie vor zu den Ereignissen mit den gravierendsten humanitären und finanziellen Folgen. Die schlimmste Katastrophe gemessen an den wirtschaftlichen und den versicherten Schäden war das Erdbeben in der Türkei und in Syrien, das enorme Verwüstungen angerichtet und die Existenzgrundlage von Millionen von Menschen in der Region zerstört hat. Die versicherten Schäden werden laut Swiss Re auf 5,3 Mrd. US-Dollar geschätzt, während die wirtschaftlichen Schäden nach vorläufigen Schätzungen der Weltbank bei 34 Mrd. US-Dollar liegen.
Insgesamt beliefen sich die wirtschaftlichen Schäden aus Naturkatastrophen im ersten Halbjahr 2023 auf 120 Mrd. US-Dollar, verglichen mit 123 Mrd. US-Dollar im Vorjahreszeitraum, und lagen damit um 46 Prozent über dem zehnjährigen Durchschnitt.
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