Gesetzlich Versicherten stehen jetzt 2.940 neue Hilfsmittel zur Verfügung. Darunter sind auch neue digitale Pflegehilfsmittel, die Pflegebedürftigen ein selbstständiges Leben im eigenen Zuhause ermöglichen. Hintergrund ist die aktuelle Überarbeitung des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses des GKV-Spitzenverbandes von März 2022 bis Februar 2023.
Die 41 Produktgruppen des Verzeichnisses werden regelmäßig fortgeschrieben, damit relevante medizinische und technische Erkenntnisse und Entwicklungen möglichst schnell bei den Versicherten ankommen. Den sechsten Bericht über die Ergebnisse der Fortschreibung hat der GKV-Spitzenverband nun dem Bundesgesundheitsministerium übergeben.
Zusätzlich zu den fast 3.000 neu aufgenommenen Hilfsmitteln wurden 1.431 Hilfsmittel aktualisiert. 338 Produkte, die veraltet sind oder nicht mehr hergestellt werden, wurden aus dem Verzeichnis gelöscht. Bei der Fortschreibung sind zahlreiche weitere Institutionen beteiligt, unter anderem Vertretungen von Patientinnen und Patienten.
Die Digitalisierung verbessere auch die Hilfsmittelversorgung und ermögliche Innovationen, die ein selbstständiges Leben trotz Einschränkungen erleichtern, so Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes. Mit der jährlichen Fortschreibung des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses sei gewährleistet, dass solche neuen Produkte schnell in die Versorgung kommen und den GKV-Versicherten zur Verfügung stehen. Gleichzeitig garantiere die regelmäßige Prüfung die medizinische und technische Qualität der Hilfsmittel.
Digitale Pflegehilfsmittel helfen bei selbstständigem Leben
Zu den neu aufgenommenen digitalen Hilfsmitteln zählt zum Beispiel ein digitaler Medikamentenspender, der Pflegebedürftige dabei unterstützt, selbstständig ihre Medikamente zu nehmen. Außerdem gibt es jetzt ein Assistenzsystem als Pflegehilfsmittel, das unter anderem Stürze erkennt. Allen Produkten ist gemein, dass sie selbstständiges Leben unterstützen. Sie zählen zur Produktgruppe 52 (Pflegehilfsmittel zur selbständigeren Lebensführung/Mobilität).
Neuer orthopädischer Roller
Ein Beispiel für die vielen neuen nicht-digitalen Hilfsmittel ist ein dreirädriger orthopädischer Roller für Menschen mit bestimmten Einschränkungen: Der Unterschenkel liegt hier auf einer gepolsterten Auflage, mit dem gesunden Bein nimmt man Schwung.
Der Roller ermöglicht eine selbstständige, sichere Fortbewegung mit wenig Kraftaufwand. Diese Innovation hat über das Antragsverfahren den Weg in die Versorgung gefunden und ist Teil der Produktgruppe 22 (Mobilitätshilfen).
Hilfe bei Ödemen
Für Menschen mit bestimmten Ödemen gibt es jetzt medizinisch adaptive Kompressionssysteme (MAK), die zur Entstauung eingesetzt werden. Anders als die üblichen Kompressionsbandagierungen können Versicherte diese einfach selbst anlegen und mit einem Klettverschluss anpassen.
MAK gehören zur Produktgruppe 17 (Hilfsmittel zur Kompressionstherapie) und kommen unter anderem beim Lymphödem und beim ausgeprägten venösen Ödem zum Einsatz.
Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses wird fortgesetzt
Seit der 2018 abgeschlossenen Gesamtfortschreibung des Hilfs- und Pflegehilfsmittelverzeichnisses wurden bereits 30 Produktgruppen erneut überarbeitet, 15 davon im vergangenen Jahr. Elf weitere Fortschreibungen sind in Arbeit. Bis Ende 2023 werden voraussichtlich alle 41 bestehenden Produktgruppen erneut aktualisiert sein. Neu kommt die Produktgruppe 30 (Hilfsmittel zum Glukosemanagement) hinzu, um den besonders innovationsstarken Bereich der Insulintherapie besser abzubilden.
Zahlreiche Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens einbezogen
Bei der Fortschreibung waren Patientinnen- und Patientenvertretungen, Organisationen von Herstellenden und Leistungserbringenden, Fachgesellschaften und Sachverständige aus Wissenschaft und Technik involviert. Neben schriftlichen Anhörungen zu den Produktgruppen gibt es auch mündliche Anhörungen, unter anderem der Patientinnen- und Patientenvertretung.
Im Schnitt werden bei jeder Fortschreibung zwölf Organisationen um Stellungnahme gebeten und fünf Stellungnahmen eingereicht. So werden Versichertenbedürfnisse gezielt erfasst und in den Fortschreibungen berücksichtigt.
Rechte der GKV-Versicherten
GKV-Versicherte haben Anspruch auf eine mehrkostenfreie Versorgung mit Hilfs- und Pflegehilfsmitteln. Die im Hilfsmittelverzeichnis festgelegten Beratungsverpflichtungen stellen sicher, dass gesetzlich Versicherte – immerhin 90 Prozent der Gesamtbevölkerung – nicht durch ungerechtfertigte Mehrkosten belastet werden.
Leistungserbringende wie Sanitätshäuser, Orthopädiefachgeschäfte oder Hörakustikerinnen und -akustiker müssen stets aktiv über diesen Versorgungsanspruch informieren, eine Auswahl an mehrkostenfreien Hilfsmitteln anbieten und auf eventuelle Mehrkosten ausdrücklich hinweisen. Denn nur umfassend informierte Versicherte, denen geeignete mehrkostenfreie Hilfsmittel angeboten werden, können eine abgewogene Entscheidung treffen, ob sie eine Versorgung mit oder ohne Mehrkosten wollen.
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