Will die Allianz ihren deutschen Lebensversicherungsaltbestand abstoßen? Gerüchte um mögliche Run-Off-Pläne kursieren in der Branche – befeuert durch Äußerungen von Allianz-Vorstand Oliver Bäte bei der Bilanz-Medienkonferenz des Konzerns. Unrealistisch ist das nach Einschätzung des Bund der Versicherten e. V. (BdV) nicht.
„Ein Kunde zahlt über Jahrzehnte in eine Lebensversicherung, die ihm als sichere Altersvorsorge verkauft wurde. Zunehmend gewinnt er den Eindruck, dass davon die Aktienwerte des Unternehmens mehr profitieren als sein Vertrag. Und am Ende landet der bei einer Abwicklungsgesellschaft. So bekommt der schnulzige Schlager über die ‚Allianz fürs Leben‘ eine völlig neue Bedeutung: Es ist ein Hohngesang auf das Kundenvertrauen!“, meint Stephen Rehmke, BdV-Vorstand.
Die Kund*innen der Allianz dürften ziemlich überrascht sein, wenn ihnen statt der Traditionsmarke nun ein ihnen unbekanntes Unternehmen den aktuellen Stand ihrer Lebensversicherung mitteilt. War doch die Solidität und die vermeintliche Kapitalmarktexpertise des großen Versicherungskonzerns das schlagende Argument der Vertriebsmannschaften, um dessen Lebensversicherungsprodukte als sichere Rentenvorsorge zu verkaufen. Rehmke erklärt:
Auch wenn es für ein ‚Raus! Solange es noch geht‘ aktuell keine Veranlassung gibt, würde ich mir jetzt überlegen, ob ich mir weiteren Ärger mit meiner Lebensversicherung ersparen will.
Versicherte mit einem noch lange laufenden Lebensversicherungsvertrag sollten ernsthaft prüfen, ob sie ihre Anlageziele nicht besser mit anderen Geldanlagen weiterverfolgen sollten, etwa mit einem kostengünstigen ETF-Sparplan.
„Über solche Alternativen, aber auch die Nachteile einer Kündigung, sollte man sich unabhängig beraten lassen. Aber bitte nicht beim Allianzvertreter, dem man diesen Vertrag zu verdanken hat. Das wäre doch zu sehr 80er,“ sagt Rehmke.
Die Allianz hatte sich in Ländern wie Südkorea, Japan und Taiwan von Lebensversicherungsbeständen getrennt. Innerhalb Europas wurden belgische und britische Lebensversicherungsverträge verkauft – zuletzt wurde über Run-Off-Pläne in Italien berichtet.
Den Abverkauf der deutschen Bestände hatte der Konzern bisher immer explizit ausgeschlossen. Einen ausführlicheren Beitrag zu den Run-Off-Plänen der Allianz finden Interessierte im BdV-Blog.
Themen:
LESEN SIE AUCH
BdV: Zufriedenstellendes Jahr für Versicherer bedeutet katastrophales Jahr für Versicherte
Lebensversicherung: BdV setzt sich für Kostentransparenz ein
Hohe Stornoquote: LV ungeeignet zur Altersvorsorge
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Kampf um bessere Arbeitsbedingungen: Versicherungsbranche im Tarifstreit
Die Tarifverhandlungen für die rund 160.000 Innendienstbeschäftigten der Versicherungsbranche haben begonnen. ver.di fordert eine 12-prozentige Gehaltserhöhung, höhere Zulagen und eine bessere soziale Absicherung. Zudem soll ein neuer Tarifvertrag die Interessen der Beschäftigten bei der digitalen Transformation schützen.
Versicherungsbranche baut Personal aus – besonders viele neue Auszubildende
Die Versicherungsbranche wächst weiter: 2024 stieg die Gesamtzahl der Beschäftigten um 2,6 Prozent, so Daten des Arbeitgeberverbands der Versicherungsunternehmen in Deutschland (AGV). Besonders erfreulich ist der Anstieg der Auszubildenden um 7,5 Prozent – ein positives Signal gegen den Fachkräftemangel. Auch im Innendienst und Außendienst gibt es mehr Personal, während die Fluktuation stabil bleibt.
Allianz-Konsortium vor Abschluss des Viridium-Deals – WTW sieht Belebung des Run-Off-Marktes
Die Übernahme von Viridium durch ein Allianz-geführtes Konsortium steht offenbar kurz vor dem Abschluss. WTW erwartet, dass der Deal den deutschen Run-Off-Markt nachhaltig beleben wird.
Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt: Fahrradversicherung oft unverzichtbar
Fahrräder sind in Deutschland ein beliebtes Fortbewegungsmittel – sowohl im Alltag als auch in der Freizeit. Doch mit der steigenden Zahl an hochwertigen Modellen, insbesondere E-Bikes, wächst auch das Risiko von Diebstählen. Laut der polizeilichen Kriminalstatistik wurden allein 2023 über 260.000 Fahrräder als gestohlen gemeldet, die tatsächliche Zahl dürfte jedoch weit höher liegen.