Nachhaltigkeit bei der Geldanlage für viele nachrangig

Nachhaltigkeit ist seit Jahren ein Trendthema. Sorgen vor hohen Energiepreisen und vor weiterer Verknappung führen zu einer noch stärkeren Präsenz von Nachhaltigkeitsfragen in der Öffentlichkeit. Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) hat vor diesem Hintergrund erneut gefragt, ob dieser Bewusstseinswandel zwischenzeitlich auch beim Thema Geldanlage angekommen ist.

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Immerhin sind 53,8 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass nachhaltige Geldanlagen auch wirklich zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen können. Allerdings halten mehr als ein Drittel (37,5 Prozent) der Befragten das Thema Nachhaltigkeit in der Geldanlage lediglich für eine Modeerscheinung. Die Ergebnisse entstammen einer Sonderbefragung des DIVA von 2.000 Bürgerinnen und Bürgern zu nachhaltigen Geldanlagen und individuellen Anlagepräferenzen. Sie sind auch vor dem Hintergrund des europäischen Green Deals zu betrachten, zu dessen Zielsetzungen die Förderung nachhaltiger Geldanlagen gehört.

Dazu Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA:

Die durchaus vorhandene Skepsis bei über einem Drittel der Bevölkerung gegenüber nachhaltigen Geldanlagen sollte der Politik und genauso der Finanzwirtschaft Anlass zur Reflexion geben. Zu diesem Misstrauen trägt sicherlich auch die Entscheidung der Europäischen Union bei, Atomenergie und Investitionen in neue Atomkraftwerke als nachhaltige Übergangstechnologie einzustufen. Gerade deutsche Anlegerinnen und Anleger sehen das anders oder dürften angesichts der Energiepolitik der letzten Jahre zumindest irritiert sein. Und auch die Finanzwirtschaft muss Signale ernst nehmen, dass bei vielen Diskussionen Verdachtsmomente für ein sogenanntes „Green-Washing“ aufgekommen sind.

Die Zurückhaltung gegenüber Nachhaltigkeitsthemen in Geldfragen spiegelt sich laut DIVA-Befragung auch in den konkreten Anlageentscheidungen wider. Für mehr als die Hälfte der Befragten (59,4 Prozent) hatte Nachhaltigkeit bei der letzten getätigten Geldanlageentscheidung keine ausdrückliche Relevanz. In einer weiteren Frage sollten die Anlagekriterien Sicherheit, Rendite, Liquidierbarkeit und Nachhaltigkeit nach ihrer Wichtigkeit in eine Reihenfolge gebracht werden. Im Vergleich zur letzten Befragung des DIVA vor einem halben Jahr verändern sich die Ergebnisse dazu nur geringfügig: Sicherheit ist mit 41 Prozent weiterhin der dominierende Faktor. Rendite hat im Vergleich zur Wintererhebung leicht zugelegt und liegt nun bei 30 Prozent, gefolgt von Liquidität mit 17 Prozent. Nachhaltigkeit rutscht weiter ab und bleibt mit nun 12 Prozent Schlusslicht.

„Bei den konkreten Anlageentscheidungen geht es um Vermögensaufbau, die Entschuldung einer Immobilie oder um die eigene Altersvorsorge. Da ist es nachvollziehbar, dass die Menschen hier erst einmal an das eigene Portemonnaie denken“, sagt Heuser: „Für die Finanzbranche kann dies nur heißen, möglichst Anlageprodukte zu entwickeln, die gleichermaßen Sicherheit, Rendite und Nachhaltigkeit bieten. Unter Marketingaspekten wäre eine Überbetonung des Kriteriums Nachhaltigkeit nicht zielführend.“

Die Detailergebnisse der Befragung zeigen, dass die Befragten Nachhaltigkeit kaum mit anderen Anlagekriterien in Verbindung bringen. Nur ein gutes Drittel der Befragten (36 Prozent) ist der Auffassung, dass sich nachhaltiges Anlegen langfristig risikomindernd auswirkt. Und nur wenige mehr (37,4 Prozent) bringen Nachhaltigkeit langfristig mit einer höheren Rendite in Verbindung – letzteres allerdings mit deutlichen Unterschieden zwischen den Altersgruppen. Während mehr als die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen (54,9 Prozent) glaubt, dass nachhaltiges Anlegen langfristig eine höhere Rendite erwirtschaftet, schrumpft diese Überzeugung bei den Über-50-Jährigen auf weniger als 30 Prozent.

Dr. Helge Lach, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Vermögensberater (BDV), des Trägers des DIVA, sieht auch die Politik in der Verantwortung: „Der Green Deal ist nur finanzierbar, wenn massiv privates Kapital in den Klimawandel investiert wird. Von allein ist ein Großteil der Bevölkerung dafür aber nicht zu gewinnen, das zeigen die Ergebnisse der Umfrage. Deshalb sollte darüber nachgedacht werden, nachhaltige Geldanlagen durch gezielte finanzielle Anreize, also Steuerersparnisse oder Zulagen, zu fördern. Beispiele wie vermögenswirksame Leistungen oder die Riester-Rente haben die Wirksamkeit solcher Anreize unter Beweis gestellt.“

Kritisch sieht der BDV-Vorsitzende die Anfang August 2022 in Kraft getretene Verpflichtung für freie Berater und Vermittler, nach der Kunden zu ihren Präferenzen zur Nachhaltigkeit verpflichtend befragt werden müssen: „Die über 200.000 Vermittler in Deutschland wären die besten Botschafter für nachhaltige Geldanlagen und würden mit Sicherheit das Thema sehr schnell in der Bevölkerung verbreiten. Aber es ist ein Unding, dass die Verpflichtung nur für Versicherungsanlageprodukte, nicht aber für Investmentfonds gilt. Außerdem sind es am Ende die Vermittler, die den Ärger des Kunden abbekommen, wenn sich als nachhaltig deklarierte Geldanlagen im Nachhinein als Mogelpackung herausstellen. Man hätte alle Unstimmigkeiten der Taxonomie im Vorfeld beseitigen müssen, dann könnten die Vermittler ihrem Auftrag auch nachkommen“, so Lach.

Die Befragung ist Teil der aktuellen Sommer-Ausgabe des Deutschen Geldanlage-Index (DIVAX-GA). Befragt wurden 2.000 Personen in Deutschland. Alle Ergebnisse sind auf der Website des DIVA zu finden. Das DIVA informiert auch über seinen Twitter-Kanal @DivaFinanzen laufend über seine aktuellen Forschungsergebnisse.

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