Der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland beläuft sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Mai voraussichtlich auf 7,9 Prozent und erreicht damit ein Niveau wie zuletzt 1973/1974 – im Zuge der Ölpreiskrise. Der auf europäischer Ebene harmonisierte Verbraucherpreisindex legte sogar um 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu.
Ein Kommentar von Carsten Mumm Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL.
Besonders deutlich stiegen erneut die Preise für Energie und Nahrungsmittel. Aber auch Dienstleistungspreise haben mit 2,9 Prozent deutlich stärker als die Zielgröße der EZB für die Gesamtinflation von zwei Prozent zugelegt. Offensichtlich betreffen die erhöhten Preissteigerungen also immer stärker alle relevanten Segmente der Volkswirtschaften. Dazu trugen auch die – im April im Vorjahresvergleich mit 31,7 Prozent – gestiegenen Importpreise sowie die um 33,5 Prozent höheren Erzeugerpreise bei, wobei einzelne Komponenten wie beispielsweise importierte Düngemittel sich im Preis nahezu verdreifachten.
Gewerkschaften fordern höhere Löhne
Auch vonseiten der Löhne wird in Deutschland zunehmender Preissteigerungsdruck aufgebaut. Nachvollziehbarerweise fordern Gewerkschaften deutlich höhere Lohnabschlüsse, um neben einem Ausgleich der Preissteigerungen auch eine reale Lohnsteigerung für ihre Mitglieder zu erzielen. Die IG Metall wird ihre Forderung von 8,2 Prozent mehr Lohn in der Stahlindustrie kurzfristig mit Warnstreiks untermauern. Weitere Arbeitskämpfe dürften im Laufe des Jahres folgen.
Vor diesem Hintergrund gerät die kommende EZB-Sitzung am 9. Juni 2022 schon verfrüht in den Fokus, zumal EZB-Präsidentin Lagarde selbst kürzlich eine Beendigung der Nettowertpapierkäufe am Anfang des dritten Quartals sowie erste Zinsanhebungen im Juli in Aussicht stellte. Während sich für die Fed erste Anzeichen eines nachlassenden Inflationsdrucks zeigen, läuft die EZB der Entwicklung noch massiv hinterher. Damit werden neben der Anhebung der Einlagenzinsen auf das Nullniveau auch mehrere Leitzinsanhebungen bis zum Jahresende immer wahrscheinlicher.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Erster Silberstreif am Horizont für die deutsche Konjunktur
2024 dürfte die deutsche Wirtschaft zu einem moderaten Realwachstum von 0,6 Prozent zurückkehren. Vor allem eine Wiederbelebung der privaten Kaufkraft stützt die Konjunktur. Die Konsumerholung wird allerdings etwas später einsetzen als bisher angenommen.
Aussicht auf moderates Wachstum bei moderater Inflation
Die Anzeichen für einen nachlassenden Inflationsdruck sind inzwischen an vielen Stellen erkennbar: Sowohl Lieferketten als auch Rohstoff- und US-Immobilienpreise stabilisieren sich. Und für 2024 wird ein positives Wirtschaftswachstum erwartet.
Zinswende bremst Preisentwicklung
Trotz der starken Entwicklung der Wohnimmobilienpreise in der ersten Jahreshälfte 2022 ist in der zweiten Jahreshälfte sowie im kommenden Jahr mit einer Dämpfung der Preisentwicklungzu rechnen.
Der Lebensstandard im Alter steht auf dem Spiel
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Börsenturbulenzen bremsen M&A-Aktivitäten
Die aktuelle Marktlage bleibt volatil: Die jüngsten Börsenturbulenzen verunsichern nicht nur Investoren, sondern dämpfen auch die Dynamik geplanter Fusionen und Übernahmen (M&A). Insbesondere der anhaltende Handelsstreit und mögliche Strafzölle belasten das Investitionsklima.
BaFin warnt: Milliardenverluste durch Turbo-Zertifikate für Privatanleger
Die BaFin-Studien zum Zertifikate-Markt zeigen alarmierende Ergebnisse: Während es keine Hinweise auf systematische Fehlberatung bei Anlage-Zertifikaten gibt, haben Turbo-Zertifikate in fünf Jahren Verluste von 3,4 Milliarden Euro verursacht. Die BaFin will nun strengere Maßnahmen prüfen.
Schluss mit Märchen: 5 Fake-News, die Rendite kosten
Viele Anleger kämpfen nicht nur mit den Schwankungen der Märkte, sondern auch mit psychologischen Fallen und verbreiteten Anlage-Mythen. Vito Micoli, Geschäftsführer bei FI Investments, räumt mit fünf gängigen Irrtümern auf – von der angeblichen Unvorhersehbarkeit des richtigen Einstiegszeitpunkts bis zur falschen Annahme, dass nur Aktien und Immobilien langfristig stabile Renditen bieten.
Steigende Anleiherenditen: Deutschlands Schuldenpolitik wird teuer
Die Finanzmärkte reagieren sensibel auf wirtschafts- und fiskalpolitische Entscheidungen. Das zeigt sich aktuell in der Entwicklung der Renditen für zehnjährige Bundesanleihen, die in den letzten Wochen von 2,5 % auf 2,9 % gestiegen sind.