In seinem am 29.03.2022 veröffentlichten Konjunkturbericht prognostiziert der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) eine Trendwende bei den Unternehmensinsolvenzen in Deutschland. Diese werden auf moderatem Niveau zunehmen. Der BVR erklärt gezielte Hilfsmaßnahmen für notwendig.
Die Unternehmensinsolvenzen werden 2022 zunehmen, aber im historischen Vergleich noch immer moderat bleiben, erklärt BVR-Vorstand Dr. Andreas Martin. Das Konjunkturumfeld habe sich durch den Ukraine-Krieg deutlich verschlechtert und viele Unternehmensbilanzen seien nach der Coronakrise geschwächt. Zudem waren die Fallzahlen in den Krisenjahren 2020 und 2021 aufgrund der umfangreichen staatlichen Coronahilfen ungewöhnlich niedrig ausgefallen.
Im Hauptszenario der Insolvenzprognose rechnet der BVR im Vorjahresvergleich mit einem Anstieg um rund 20 Prozent auf etwa 16.800 Fälle. In den beiden Jahren 2020 und 2021 waren die Fallzahlen noch um 15,5 Prozent beziehungsweise 11,7 Prozent zurückgegangen. Modellbasierte Schätzungen des BVR signalisieren, dass durch die Hilfen der öffentlichen Hand 2020 bis zu 13.700 und 2021 bis zu 9.500 Unternehmensinsolvenzen verhindert wurden.
Nach Einschätzung des BVR konzentriert sich die Politik bei ihren bisher im Zuge des Ukraine-Krieges beschlossenen oder angekündigten Hilfsmaßnahmen vor allem auf Privatpersonen. Dagegen fehlen gezielte Entlastungen für stark von gestiegenen Energiepreisen und Lieferkettenproblemen betroffene mittelständische Unternehmen. Martin erklärt:
Auch Unternehmen mit gesundem Geschäftsmodell sind zum Teil existenziell bedroht. Diese Unternehmen sollte der Staat zielgerichtet unterstützen.
Hilfen nach dem Gießkannenprinzip sollten aber vermieden werden, um die Finanzpolitik nicht zu überfordern. Dringend geboten seien weitere Entlastungen von den Energiekosten, beispielsweise durch eine vorübergehende Absenkung der Stromsteuer. Sinnvoll wäre auch die zeitnahe Schaffung von Förderkreditprogrammen, wie in der Coronapandemie geschehen, der Förderkreditinstitute des Bundes und der Länder mit umfangreicher staatlicher Haftungsfreistellung für die betroffenen Unternehmen. Auch könnten den Unternehmen im Rahmen des Verlustvortrages einen Rücktragzeitraum von drei statt bisher zwei Jahren gegeben werden, um krisenbedingt erlittene Verluste besser mit künftigen Steuerzahlungen verrechnen zu können.
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