Quasideckung: Makler muss zahlen!

Das LG Hamburg hatte zu beurteilen, ob ein im Bewachungsgewerbe tätiger Kunde seinen Makler auf Haftung wegen fehlerhafter Beratung in Anspruch nehmen kann.

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Ein Beitrag von Jürgen Evers, Rechtsanwalt EVERS Rechtsanwälte für Vertriebsrecht

Was war passiert?

Der Versicherungsnehmer ist im Bereich mobiler Kontrolldienste tätig und übernimmt Werk- und Objektschutzleistungen für seine Auftraggeber.

Er hatte den Makler damit beauftragt, seine bestehende Haftpflichtversicherung neu zu ordnen. Die neue Police schloss Haftpflichtansprüche aus Sachschäden durch Überschwemmungen sowie durch Umwelteinwirkungen auf Wasser aus, obgleich der Kunde bereits seit vielen Jahren für Auftraggeber im Bereich Flutschutz tätig war.

Der Kunde wollte einen weiteren Alarmüberwachungsvertrag für Objekte einer Polderschutzgemeinschaft schließen und übersandte dem Makler den Entwurf des Vertrages. Es kam zum Abschluss des Vertrages, in dem sich der Kunde verpflichtete, für den Verschluss von Schiebetoren sowie eines Flutschutztores bei angekündigtem Hochwasser zu sorgen. Als bei Hochwasser wegen mangelhaften Verschlusses von Flutschutztoren Wasser in die zu schützenden Objekte eingedrungen war, erlitt die Polderschutzgemeinschaft einen erheblichen Schaden.

Der Haftpflichtversicherer lehnte die Deckung unter Hinweis auf den Risikoausschluss für Überschwemmungsschäden ab. Die Deckungsklage des Kunden blieb in allen Instanzen erfolglos. Nun begehrte der Kunde im Klagewege die Feststellung, dass der Makler ihn von der Verpflichtung zum Schadensersatz gegenüber den Auftraggebern freizuhalten hat. Zudem sollte der Makler ihm die Kosten des verlorenen Deckungsprozesses sowie die vorgerichtlichen Anwaltskosten der Geltendmachung der Haftungsansprüche gegen den Makler erstatten.

Der Kunde vertrat die Ansicht, der Makler hätte den Versicherungsschutz so organisieren müssen, dass er das Risiko von Überschwemmungen deckt. Schließlich sei er bereits seit vielen Jahren im Bereich Flutschutz tätig. Jedenfalls habe der Makler ihn bei dem Abschluss der Alarmüberwachungsverträge fehlerhaft beraten. Der fehlende Versicherungsschutz sei ihm nicht bewusst gewesen. Hätte er den Mangel gekannt, hätte er die Verträge mit der Polderschutzgemeinschaft nicht abgeschlossen.

Wegen der Fehlleistungen, ein bestimmtes Risiko abzudecken, könne er verlangen, so gestellt zu werden, als habe er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten. Dem hielt der Makler entgegen, er habe dem Kunden vom Abschluss abgeraten. Das Landgericht gab der Feststellungsklage und der auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichteten Klage statt. Soweit mit ihr die Zahlung der Prozesskosten begehrt wurde, blieb der Klage der Erfolg versagt.

Die Urteilsbegründung

Die Kammer begründete ihre Entscheidung damit, dass nach den Grundsätzen der Quasideckung der Versicherungsnehmer gemäß §§ 63 S. 1, 60, 61 Abs. 1 VVG vom Makler verlangen kann, so gestellt zu werden, als hätte er den erforderlichen Versicherungsschutz erhalten.

Dies gelte, wenn dieser es pflichtwidrig unterlassen hat, ein bestimmtes Risiko abzudecken. Den Makler träfen weitgehende Pflichten. Er müsse den Kunden mit einem individuellen und an das Risiko angepassten Versicherungsschutz versorgen, das Risiko von sich aus untersuchen und ungefragt über seine Bemühungen unterrichten.

Im Rahmen der laufenden Betreuung müsse der Makler das versicherte Risiko überwachen und den Kunden bei Veränderungen darauf hinweisen und auf eine Anpassung hinwirken. Diese Pflichten verletze er, wenn er sich die mangelnde Deckung des Haftpflichtrisikos von Überschwemmungsschäden nicht vergegenwärtige. Denn auf diese hinzuweisen, sei seine Pflicht als Makler. Zudem habe der Makler das versicherte Risiko selbstständig zu überwachen.

Nach allgemeinen Regeln trage der Makler die Beweislast für seine Behauptung, den Kunden auf mangelnden Versicherungsschutz hingewiesen zu haben. Diesen Beweis hat der Makler im Streitfall nicht eingebracht, weil sich Aussage des Mitarbeiters des Maklers und Aussage der Mitarbeiterin des Kunden gegenübergestanden haben und das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangen konnte, dass die Behauptung des Maklers zutrifft.

Unterlasse er es, den Kunden auf mangelnden Versicherungsschutz hinzuweisen, könne der Kunde gemäß § 63 VVG Versicherungsschutz verlangen. Dabei sei der Kunde vom Makler so zu stellen, wie er stünde, wenn er durch ihn ordnungsgemäß versichert worden wäre.

Ausschlussklausel war unwirksam

Erfolglos berief der Makler sich auf eine Klausel im Maklervertrag, nach der die Haftung für Vermögensschäden auf einen Betrag von 2,5 Millionen Euro beschränkt sein sollte. Denn die Haftungsbeschränkung schloss Fälle grober Fahrlässigkeit nicht aus. Deshalb verstoße sie gegen §§ 309 Nr. 7 lit. b), 310 BGB. Eine geltungserhaltende Reduktion sei verboten.

Deckungsklage war freiwillig

Die Kosten für den verlorenen Deckungsprozess kann der Maklerkunde nicht ersetzt verlangen. Sie stellten keinen Schaden dar, der wegen einer Pflichtverletzung ersatzfähig sei. Als Schaden seien nur unfreiwillige Einbußen am Vermögen oder an anderen Rechtsgütern anzusehen. Freiwillige Vermögensopfer, die im Eigeninteresse erfolgten, seien dagegen Aufwendungen.

Es sei allein die Entscheidung des Kunden, eine Deckungsklage zu erheben, deren Ausgang nach Lektüre des Versicherungsvertrags eindeutig ist. Eine Einstandspflicht des Maklers für die Kosten des Deckungsprozesses unter dem Gesichtspunkt vergeblicher Aufwendungen nach § 284 BGB scheide aus, da der Makler nicht Anspruchsgegner der Deckungsleistung des Versicherers sei und der Kunde die Aufwendungen zur Führung des Deckungsprozesses wegen der klaren Rechtslage auch billigerweise nicht habe machen dürfen.

Rechtsanwaltskosten ersatzfähig

Allerdings könne der Kunde vom wegen Beratungsfehlers in Anspruch genommenen Makler die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Durchsetzung seines Schadensersatzanspruchs gegen den Makler ersetzt verlangen. Diese Anwaltskosten gehörten zum ersatzfähigen Schaden, weil sie aus Sicht des Kunden zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig seien.

Dabei hänge von der voraussichtlichen Abwicklung des Schadensfalls ab, ob der Kunde im Einzelfall die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten darf. Sofern der Schadensfall schwierig gelagert sei oder er nicht bereits bei der ersten Anmeldung reguliert werde, sei die Heranziehung eines Rechtsanwalts gerechtfertigt.

Mache der Kunde als Hauptforderung einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 63 S. 1, 60, 61 Abs. 1 VVG geltend, der nicht klar und eindeutig gelagert sei, dürfe er dies. Das der Makler dem Streit im Deckungsprozess beigetreten sei, ändere nichts daran, dass der Kunde die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten darf.

Dies gelte jedenfalls, wenn der Makler dem Streit beitrete, ohne sich zu den gegen ihn gerichteten Ansprüchen zu erklären. Unter diesen Umständen könne der Kunde nicht unzweifelhaft annehmen, sein Ziel der Anspruchsdurchsetzung ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe erreichen zu können.

Sie finden diese Entscheidung zur Haftung des Maklers im Geschäftsbereich Betriebshaftpflichtversicherung ebenso wie andere Entscheidungen zu diesem Thema im EversOK: Leitsatzkommentar zum Vertriebsrecht.

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