Moderne Vergütungsmodelle in der Ausschließlichkeit

Die Vergütung der Ausschließlichkeitsvermittler ist ein Dauerthema: Zusammenschlüsse von Vertriebsorganisationen, regulatorische Vorstöße des Gesetzgebers, neue Steuerungssysteme oder verändertes Kundenverhalten betreffen fast immer auch die Vergütungssysteme. Aber nur die wenigsten Versicherer trauen sich, dieses Thema konsequent anzugehen.

(PDF)
Anzugtraeger-262418188-AS-alphaspiritAnzugtraeger-262418188-AS-alphaspiritalphaspirit – stock.adobe.com

Tobias Schulz und Christian Küchler, beide Director bei EY Innovalue, kommentieren die Marktlage.

Mammutaufgabe: vier Perspektiven in einem System

Die Notwendigkeit und der Wille, die Vergütungsysteme zu modernisieren sind da. Aber zur Umsetzung kommt es meist nur, wenn harte gesetzliche Vorgaben dazu zwingen. Oft wird eine vermeintlich einfachere Teillösung gewählt: „Wir führen es nur für neue Vermittler ein.”

Dadurch koexistieren über die Zeit immer mehr Vergütungsmodelle, die teilweise schon Jahrzehnte alt sind und beispielsweise mit ihrer einseitigen Fokussierung auf Mehrumsatz moderne Steuerungsansätze erschweren. Denn die Rahmenbedingungen haben sich stark verändert:

Tobias Schulz, Director, EY Innovalue
  • Kunden erwarten einen reibungslos funktionierenden Omnikanalvertrieb
  • Der Gesetzgeber stellt den Verbraucherschutz an erste Stelle
  • Ausschließlichkeitsvermittler erwarten eine motivierende und an ein verändertes Aufgabenspektrum angepasste Vergütung
  • Der Versicherer möchte auch Kundenzufriedenheit, Qualität der Beratung und Betreuung oder dem Nutzungsgrad digitaler Beratungsinstrumente steuern

Die Crux: Wechsel-Bereitschaft und IT

In diesen veränderten Rahmenbedingungen führt das dauerhafte Festhalten an alten Vergütungslogiken zu Wettbewerbsnachteilen. Eine grundlegende Neugestaltung ist notwendig. Die größte Herausforderung dabei ist es, die Bereitschaft von möglichst vielen Vermittlern zu einem System-Wechsel zu gewinnen.

Christian Küchler, Director, EY Innovalue

Die zweite große Herausforderung ist die Technik. Existierende Systeme basieren häufig auf jahrzehntealter Software und Infrastruktur und können viele potenziell vergütungsrelevante Daten und Kennzahlen gar nicht oder nur eingeschränkt bereitstellen.

Jede Anpassung ähnelt der sprichwörtlichen „Operation am offenen Herzen“ und birgt unkalkulierbare Risiken. Somit ist die Neugestaltung der Vergütungssystematik auch fast automatisch mit einer Modernisierung der Vergütungssysteme verbunden.

Was muss also getan werden, um ein modernes Vergütungsmodell zu konzipieren und wichtiger noch erfolgreich für einen möglichst großen Anteil der Ausschließlichkeitsvermittler umzusetzen?

  1. Vergütungssystematik abhängig von verschiedenen Steuerungsgrößen definieren
    Die genauen Größen sind im Detail je nach Unternehmen unterschiedlich, sollten aber neben der Dimension Umsatz unbedingt auch die Dimensionen Rentabilität und Kundenzufriedenheit umfassen.
    Damit ist dann auch die Basis für eine Vergütungssystematik geschaffen, die attraktiv für erfolgreiche Vermittler sein kann und gleichzeitig dem Versicherer eine Steuerung hin zu rentablerem Geschäft ermöglicht. Bausteine einer solchen Systematik können zum Beispiel Schaden- und Stornoquoten, Nutzungsquoten digitaler Prozesse, der Grad der Professionalität in der Kundebetreuung und natürlich auch die Zufriedenheit der Kunden mit ihrem Vermittler sein.
  2. Taktisches und ökonomisches Kalkül verbinden
    Um abzuschätzen, wie ein neues System wirkt, muss dass Provisionsaufkommen auf der Basis von Echtdaten simuliert werden. Im Abgleich mit den Werten der geltenden Vergütungssystematiken und den zu erwartenden Steuerungseffekten auf Unternehmensseite, wie beispielsweise die Entwicklung der Schadenquoten, wird hier bereits eine erste grobe Adjustierung der oben genannten neuen Stellschrauben vorgenommen.
    Im nächsten Schritt werden Gewinner und Verlierer der neuen Vergütung auf Vermittlerebene analysiert. Auf dieser Faktenbasis werden dann Details der Vergütungssystematik angepasst.
  1. Spreu vom Weizen trennen
    Die Gewinner im neuen Vergütungssystem haben einen klaren Anreiz, auf das neue Vergütungssystem umzustellen. Anders sieht es bei Vermittlersegmenten aus, die nicht beziehungsweise erst nach Anpassungen hin zu niedrigerer Storno-/Schadenquoten oder höherer Kundenzufriedenheit zu den Gewinnern des neuen Vergütungssystems zählen.
    Für die Letzteren sollte, für einen klar definierten Zeitraum, der Übergang in das neue Vergütungssystem finanziell unterstützt und somit Anreize und Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen werden, um in dieser Zeit beispielsweise Schadenquoten im Bestand oder die Kundenbetreuung zu verbessern.

Positive Steuerungseffekte nutzen

Die Summe der zuvor beschriebenen Maßnahmen kann durchaus dazu führen, dass das Provisionsaufkommen im neuen Modell gegenüber dem Status-Quo zunimmt.

Diese oft  höheren Ausgaben führen bei einer gut ausgestalteten Vergütungssystematik aber trotzdem zu einer höheren Profitabilität, da positive Steuerungseffekte die höheren Provisionsaufwände mehr als ausgleichen. Dem steigenden Provisionsaufkommen stehen Mehrumsatz, Margensteigerung und geringerer Bestandsabrieb gegenüber.

Marktbehauptung nur durch Fortschritt

Fazit ist: Die Einführung eines neuen Vergütungsmodells kann sowohl für (erfolgreiche) Vermittler als auch den Versicherer wirtschaftlich attraktiv sein, wenn es gelingt, die Parameter des Modells gut auszutarieren und durch neue IT-Anwendungen den administrativen Aufwand und die Fehleranfälligkeit zu reduzieren.

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Dr-Peter-Schmidt-2023-Consulting-u--CoachingDr-Peter-Schmidt-2023-Consulting-u--CoachingConsulting & Coaching – Unternehmensberatung mit dem PLUSDr-Peter-Schmidt-2023-Consulting-u--CoachingConsulting & Coaching – Unternehmensberatung mit dem PLUS
Assekuranz

Hinterfragt: Herausforderungen, Wettbewerb, Transformation, Erfolg

Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht vor der gewaltigen Aufgabe, gleichzeitig die Poly-Krise sowie die Anforderungen der Transformation zu bewältigen. Dies gilt auch für Maklerunternehmen. Ein Interview mit Dr. Peter Schmidt von Consulting & Coaching darüber, wie der Wandel gelingen kann.

Business achievement concept with happy businessman relaxing inBusiness achievement concept with happy businessman relaxing inChinnapong – stock.adobe.comBusiness achievement concept with happy businessman relaxing inChinnapong – stock.adobe.com
Marketing & Vertrieb

Womit Versicherer im Gewerbekundenmarkt punkten können

Welche Services, Produkte und Betreuungsqualitäten sich dafür eignen, bisher allenfalls passiv zufriedene Gewerbekunden zu begeisterten Kunden zu machen und sich im Firmenkundengeschäft insgesamt vorteilhafter zu differenzieren, untersuchte HEUTE UND MORGEN.

Arzt Krankenhaus unscharf Flur Lift rot BettArzt Krankenhaus unscharf Flur Lift rot Bettupixa – stock.adobe.comArzt Krankenhaus unscharf Flur Lift rot Bettupixa – stock.adobe.com
Assekuranz

Zufriedenheit mit den Krankenkassen nur „befriedigend"

Mehr als jede zweite Krankenkasse erhält von Kunden lediglich eine insgesamt befriedigende Kundenbewertung. Einer der Gründe: die deutliche Zunahme an Ärgernissen. Auch die Höhe der Krankenkassenbeiträge ist für viele ein wichtiges Thema und kann Einfluss auf die Wechselbereitschaft nehmen.

Happy confident businessman video calling on laptop, working inHappy confident businessman video calling on laptop, working inDorde – stock.adobe.comHappy confident businessman video calling on laptop, working inDorde – stock.adobe.com
Assekuranz

Vermittlerbeschwerden in 2022 um 34 Prozent gesunken

Insgesamt erreichten den Versicherungsombudsmann rund 15.000 Beschwerden, wovon aber nur 444 als Vermittlerbeschwerden gezählt wurden. Damit liegt die Beschwerdequote über Vermittler in Relation zu den vermittelten Verträgen im verschwindend geringen Promillebereich.

Blindfolded BusinessmanBlindfolded Businessmanlassedesignen – stock.adobe.comBlindfolded Businessmanlassedesignen – stock.adobe.com
Assekuranz

Viele Versicherer befinden sich beim Marketing im Blindflug

Versicherer verfügen im Schnitt über ein Marketingbudget von etwa 20 Mio. Euro pro Jahr, wissen aber oft nicht, welcher Teil des Invests konkret zum Vertriebserfolg beiträgt. Mit datengetriebenen Entscheidungen können sie die Profitabilität maximieren, Kosten senken und den Umsatz steigern.

Assekuranz

De-risking Digitalisation: Effizienz, Rentabilität und Vertrieb

Versicherer haben keine andere Wahl: um relevant zu bleiben, gilt es die digitale Transformation voranzutreiben. Vielen stellt sich die Frage: in welchem Bereich setzt man zuerst die Automatisierung der Prozesse um? Was bei der Suche nach dem strategischen Sweet Spot zu beachten ist.

Mehr zum Thema

ACWells / pixabayACWells / pixabay
Assekuranz

Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an

Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.

Bei einer Wasserbüffel-Herde in Brandenburg wurde Maul- und Klauenseuche (MKS) nachgewiesen.Anduka66 / pixabayBei einer Wasserbüffel-Herde in Brandenburg wurde Maul- und Klauenseuche (MKS) nachgewiesen.Anduka66 / pixabay
Assekuranz

Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken

Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.

Technisch sind automatisierte Binnenschiffe längst realisierbar, doch rechtliche Hürden bremsen ihren Einsatz - das soll sich ändern, fordern die Versicherer (Symbolbild).Couleur / pixabayTechnisch sind automatisierte Binnenschiffe längst realisierbar, doch rechtliche Hürden bremsen ihren Einsatz - das soll sich ändern, fordern die Versicherer (Symbolbild).Couleur / pixabay
Assekuranz

Versicherer fordern Rechtsrahmen für automatisierte Binnenschifffahrt

Automatisierte Binnenschiffe könnten schon heute einsatzbereit sein – doch es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben. Der GDV fordert die Bundesregierung und internationale Flusskommissionen auf, Standards zu schaffen, um die Technologie voranzutreiben.

OleksandrPidvalnyi / pixabayOleksandrPidvalnyi / pixabay
Assekuranz

Berufsunfähigkeitsversicherung 2025: Neue Rahmenbedingungen stärken Stabilität

Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt auch 2025 ein stabiler Schutz. Franke und Bornberg analysieren die Entwicklungen des Vorjahres und beleuchten die veränderten Rahmenbedingungen, darunter die Erhöhung des Höchstrechnungszinses und neue Produktanpassungen.

Dr. Olaf Schmitz, Vorstandsmitglied für die LebensversicherungFoto: VPVDr. Olaf Schmitz, Vorstandsmitglied für die LebensversicherungFoto: VPV
Assekuranz

VPV Versicherungen: Neuerungen zum Jahreswechsel durch Höchstrechnungszinsanhebung

Mit dem Jahreswechsel bringt die VPV Versicherungen (VPV) umfassende Anpassungen und Neuerungen in mehreren Produktbereichen.

Laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) verzeichnen Krankenhäuser jedes Jahr etwa 800 bis 1.000 Verletzte, die durch Feuerwerkskörper zu Schaden kommen.Foto: GrokLaut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) verzeichnen Krankenhäuser jedes Jahr etwa 800 bis 1.000 Verletzte, die durch Feuerwerkskörper zu Schaden kommen.Foto: Grok
Assekuranz

Die Risiken der Silvesternacht und der richtige Versicherungsschutz

Die Silvesternacht ist für viele Menschen ein festlicher Höhepunkt, an dem das alte Jahr verabschiedet und das neue mit Feuerwerk und Feierlaune begrüßt wird. Doch der Übergang ins neue Jahr birgt auch Gefahren, die häufig unterschätzt werden.