Die Auswirkungen des Klimawandels dürften in den kommenden Jahren die finanzielle und soziale Stabilität vieler Länder gefährden und die Forderungsrisiken für Unternehmen, die in diese Staaten liefern, deutlich erhöhen. Auf der anderen Seite werden Unternehmen, die technologische Innovationen zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels entwickeln, von der Entwicklung profitieren.
Das ist das Fazit des internationalen Kreditversicherers Atradius, der in einer Analyse den Einfluss des Klimawandels auf das Länderrisiko untersucht hat. Dieses wiederum dient Unternehmen als wichtige Grundlage für Exportgeschäftsentscheidungen.
Ist ein Länderrisiko hoch, so besteht unter anderem eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit von Staaten beeinträchtigt ist und die Unternehmen sowie öffentliche Organisationen in einem Land ihren grenzüberschreitenden Zahlungsverpflichtungen nur eingeschränkt nachkommen können.
Extreme Dürre, Hochwasser, steigende Meeresspiegel sowie eine Zunahme von Naturkatastrophen - die Auswirkungen des Klimawandels sind vielschichtig und belasten die Volkswirtschaften weltweit. Besonders betroffen sind laut der Atradius-Studie Länder in Afrika, der Karibik und der Asien-Pazifik-Region, denen die Ressourcen für die notwendigen Gegenmaßnahmen fehlen.
Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius, erklärt dazu Studiendetails:
"Staaten, die entsprechende Investitionen in technologische Innovationen im Bereich Agrartechnik, Küsten- und Gewässerschutz sowie Erneuerbare Energien vornehmen können, mindern daher das Länderrisiko und schaffen stabile Handelsbedingungen. Diese Investitionen eröffnen wiederum neue Marktchancen für innovative Unternehmen aus Deutschland und anderen Staaten, die über ein entsprechendes Know-how im Umwelt-, Agrar- und Klimaschutzbereich verfügen."
Wetterextreme gefährden Afrika und Asien-Pazifik-Region
Ein mögliches Maß, um die mit den Folgen der Klimaveränderung einhergehenden Probleme für einzelne Länder darzustellen, ist der von der Universität Notre Dame in Illinois, USA entwickelte ND-GAIN-Index.
Er bildet jährlich für 181 Länder die beiden Parameter "Verletzlichkeit" und "Anpassungsfähigkeit" im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels ab. Der Grad der Verletzlichkeit untersucht dabei Größen wie die Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit, den Zugang zu Wasser, sowie den Zustand des Ökosystems.
Dass der Klimawandel die Wetterextreme verstärkt, führt insbesondere in Afrika zu massiven Problemen im Agrar- und Nahrungsmittelbereich. In Kombination mit fehlenden staatlichen Ressourcen, um die Folgen des Klimawandels einzudämmen, verortet der ND-GAIN-Index daher afrikanische Länder wie Somalia, Niger, Tschad, Kongo-Kinshasa, die Zentralafrikanische Republik, Madagaskar, aber auch asiatisch-pazifische Staaten wie Ost-Timor, Papua-Neuguinea und Mikronesien als sehr anfällig für die Folgen des Klimawandels, was das Länderrisiko in Zukunft deutlich erhöhen dürfte.
Energieversorgung
Auch im Energiesektor sorgt der fehlende Niederschlag für erhebliche Probleme. So konnten Wasserkraftwerke aufgrund fehlender Niederschläge vielerorts nicht ausreichend Strom produzieren, was 2019 in Sambia und Südafrika zu Stromausfällen und entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft führte.
Besonders hoch ist die Abhängigkeit von der Wasserkraft als Energiequelle in Lateinamerika. So stammen gut 25 Prozent des Energie-Mixes in Ecuador, Brasilien, Peru und Venezuela aus Wasserkraftwerken.
Entsprechend hoch wären die volkswirtschaftlichen Schäden bei einem Ausfall der Turbinen aufgrund von Wasserknappheit. Ähnliches gilt für die asiatischen Staaten Vietnam und Sri Lanka, wo 14 beziehungsweise 12 Prozent der Gesamtenergie von ausreichenden Niederschlägen abhängig sind.
Anstieg der Meeresspiegel
Ein weiteres globales Problem stellt der Anstieg des Meeresspiegels dar. Dies dürfte unweigerlich zu einem Verlust von Siedlungs- und Anbauflächen in zahlreichen Küstenregionen der Welt führen. Entsprechende Umsiedlungsprogramme wären mit erheblichen Kosten verbunden.
Zudem gefährdet der Anstieg des Meeresspiegels auch Teile des Agrarsektors. Hiervon besonders betroffen sind Länder in der Karibik sowie der Region Asien-Pazifik. Allein in Asien könnten in China, Indien, Bangladesch, Vietnam, Indonesien und Thailand bis zu 300 Millionen Menschen ihren angestammten Siedlungsraum verlieren - mit entsprechenden Folgen für das Länderrisiko.
Klimaschutz schafft neue Geschäftsfelder
Sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Weltbank sowie (Anrainer-)Staaten wie China, Australien und Neuseeland unterstützen die vom Klimawandel betroffenen Länder mit Hilfsprogrammen bei der Bewältigung der Folgen.
Das betrifft beispielsweise den Gewässer- und Küstenschutz, Bewässerungstechnik, Erneuerbare Energien, Infrastruktur und Agrartechnik wie zum Beispiel effizientere Maschinen, dürreresistente Pflanzen sowie verbesserte Transport- und Lagerkapazitäten.
In all diesen Bereichen könnten auch deutsche Unternehmen ihr Know-how anbieten und zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels zum Einsatz bringen, so Thomas Langen.
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