„Einen ökologischen Patriotismus“ forderte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Nachgang des Spitzengesprächs zum Thema Windkraft-Ausbau mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Fakt ist: Deutschland befindet sich in einer entscheidenden Phase der Energiewende. Nur wenn die Politik jetzt die richtigen Weichen stellt, kann Deutschland das für den Klimaschutz elementare Ziel von 80 Prozent Anteil der „Erneuerbaren“ bis zum Jahr 2030 erreichen.
Ein Appell von Daniel Regensburger, Geschäftsführer Pangea Life, insbesondere die bayerische Staatsregierung
„Winds of Change“ – mit dieser Hymne gossen die Scorpions die Hoffnungen einer ganzen Generation nach dem Mauerfall in Liedform. Diesen „Wind des Wandels“ brauchen wir auch jetzt – nicht im übertragenen Sinne, sondern ganz pragmatisch. Vor allem in meiner bayerischen Heimat. Statt Aufbruch in ein nachhaltiges und klimafreundliches Zeitalter erlebte der Ausbau der Windenergie in Bayern in den letzten Jahren sogar Rückschritte.
Im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2021 gingen im Jahr 2017 in Bayern noch zehnmal so viel Megawatt neuer Windenergie ans Netz. Eine fatale Entwicklung, wenn wir das für den Planeten so essenzielle 1,5-Grad-Ziel gemeinsam erreichen und unserer Verantwortung gerecht werden möchten. Denn dafür muss sich der Anteil der regenerativen Energien im Vergleich zu heute fast verdoppeln. Besonders eine Hürde steht dem im Weg.
Gegenwind für den bayerischen Klimaschutz: Die 10H-Regel
Forscht man nach den Ursachen für den heftigen Einbruch im Ausbau der Windenergie, stößt man schnell auf die sogenannte 10H-Regel. Seitdem diese 2014 in Kraft trat, brachen die Genehmigungen für neue Windkraftprojekte in Bayern um 90 Prozent ein.
Der Grund: Die Regel schreibt vor, dass ein Windrad nur in einem Abstand von mindestens dem Zehnfachen der eigenen Höhe zur nächsten Siedlung aufgestellt werden darf – die bundesweit schärfste Restriktion. Zwar können Gemeinden mit einem entsprechenden Bürgerentscheid den Mindestabstand verringern – das Ergebnis der letzten Jahre zeigt allerdings, dass ein so relevantes Thema wir Energieerzeugung nicht Aufgabe einer Gemeinde, sondern der Bundespolitik sein muss.
Um die Versorgungssicherheit zu garantieren, braucht es eine breite technologische Diversifikation: In unserem Pangaea Life „Blue Energy Fonds“ investieren wir zum Beispiel neben Wind- und Wasserkraft auch stark in die Solarenergie. Doch wir wissen um die Wichtigkeit der Windkraft im Energiemix – denn Wind erzeugt auch nachts und im Winter Strom. Zudem erzielen moderne Windkraftanlagen rund 50 Prozent mehr Windausbeute, wenn diese 240 Meter hoch statt der bislang üblichen 200 Meter gebaut werden. Eine Lösung: Wir errichten höhere, dafür jedoch weniger Anlagen.
Im dicht besiedelten Bayern nimmt 10H der Energiewende somit buchstäblich den Wind aus den Segeln. Private Investoren, die wie Pangaea Life mit ihren Kunden den Ausbau sauberer Energien vorantreiben möchten, finden keine geeigneten Anlageobjekte oder schrecken vor den bürokratischen und langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren zurück - und investieren daher im Ausland.
Das unattraktive Umfeld für Investitionen in Windkraft ist verheerend. Denn die Energiewende kann nur gelingen, wenn von Seiten privater Investoren massiv Geld in den Ausbau erneuerbarer Energieträger fließt – zum Beispiel in Form der nachhaltigen Geldanlage deutscher Sparer.
Die Voraussetzungen für ein klimafreundliches Deutschland bis zum Jahr 2030 schaffen wir deshalb nur, wenn die bayerische Staatsregierung von ihrem harten Kurs zur 10H-Regel abrückt, wie es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aktuell fordert. Dafür braucht es Akzeptanz in der Bevölkerung und keine Verunsicherung durch die Politik. Von den Plänen, welche die Bayerische Staatsregierung bis März vorlegen will, erwarten wir uns klare Signale.
Vorbild Fitjar: Gute Nachbarn statt stählerner Invasoren
Dass die Windenergie gerade in Bayern so einen zweifelhaften Ruf genießt, liegt auch an der Art ihrer Nutzung. Anwohner fürchten, dass Windräder die Landschaft rund um ihre Heimat verunstalten. Übelnehmen kann man ihnen das nicht: Es mangelt in Bayern an Positivbeispielen, wie Windkraft und Bevölkerung in Einklang gebracht werden, ja Windkraft sogar den Alltag der Nachbarn bereichern kann.
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Nahe der bayerischen Berge wird ein großer Windpark errichtet. Nicht isoliert als Fremdkörper, sondern eingebettet zwischen Mensch und Natur. Eine symbiotische Nachbarschaft, bei welcher die Bewohner rund um den Park wirtschaftlich von der Nutzung der dezentral erzeugten Energie und über eine Bürgerbeteiligung profitieren. Aber der Nutzen ist nicht nur wirtschaftlich: Das Windparkareal dient den Anwohnern als Naherholungsgebiet für die ganz Familie. Aus Wartungswegen werden im Sommer Wanderwege – im Winter können Loipen für den Wintersport gespurt werden. Ein Nutzungskonzept in enger Abstimmung und offener Kommunikation mit der Bevölkerung vor Ort.
Wer nun glaubt, dass diese „Windpark-Romantik“ ein nie zu erreichender Traum ist, dem empfehle ich eine Reise zu unserem Windpark „Tesla“ nahe des norwegischen Örtchens Fitjar südlich von Bergen. Hier wurde der oben geschilderte Traum Realität. Einmal jährlich findet sogar ein Familien-Tag am Windpark statt: mit Orientierungsläufen, Wettlauf von Windrad zu Windrad und einem gemeinsamen Grillabend.
Statt als stählerne Invasoren verschmäht zu werden, pflegen die meisten Anwohner eine gute Nachbarschaft mit den Windrädern. Zur Wahrheit gehört zwar auch hier: Nicht alle Bürger sind Befürworter des Windparks. Die Windpark-Gegner sind jedoch klar in Minderheit. Einstimmigkeit wird und muss es in einer Demokratie zum Glück nicht geben – und Vorschläge, wie die Nachbarschaft aus Windpark und Gemeinde noch besser werden kann, sind immer herzlich willkommen.
Windparks als Naherholungszone: Ein Modell für Deutschland? Warum nicht! Denn Klimaschutz und die dafür nötige Energiewende schaffen wir nur gemeinsam mit der Bevölkerung, nicht gegen sie. Dafür jetzt die nötigen Weichen zu stellen und Anreize zu setzen, ist Aufgabe der Politik.