März 2021: Impfungen gegen Covid-19 nehmen zu langsam Fahrt auf. Ein beschädigtes Image des Impfstoffs AstraZeneca. Krisenkommunikation ohne Klarheit. Immer mehr Unternehmen stehen vor der Pleite. Deutsche Gründlichkeit in den Behörden, aber kaum Tempo in der Umsetzung. Und das Sahnehäubchen Politiker, die sich an der Pandemie bereichern.
Wen wunderts, dass diese Aktionen, die eine Strategie vermissen lassen, wenig Zustimmung finden und Existenzängste hoch waren und auch bleiben. Wiederkehrende Lockdowns bis zum Ende der Impfungen ängstigen mehr als jeden zweiten Deutschen. Zudem schwindet nach einem Jahr Corona das Vertrauen in die Politiker. Das zeigt auch eine Sonderbefragung zur R+V-Studie "Die Ängste der Deutschen".
Zweite Sonderbefragung zu Corona-Ängsten
Seit fast 30 Jahren untersucht das Infocenter der R+V Versicherung jeden Sommer mit der Langzeitstudie "Die Ängste der Deutschen" die Sorgen der Bundesbürger rund um Politik, Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit.
Bereits zum zweiten Mal hat die R+V ihre Studie am Jahresanfang um eine Sonderbefragung zu den Ängsten in der Corona-Krise ergänzt. Für die repräsentative Umfrage unter 1.049 Bürgern wurden vier Fragen aus der Standardumfrage ausgewählt, die in der Pandemie große Bedeutung haben. Aktuell hinzugekommen sind zwei neue Fragen.
Brigitte Römstedt, Leiterin des R+V-Infocenters, sagt:
"Uns hat interessiert, wie groß die Angst vor weiteren Lockdowns ist, bis wir alle geimpft sind. Und ob die Deutschen befürchten, dass immer mehr Menschen die Lockdown-Regeln ignorieren. Die erzwungene Isolation und die Dauer der Pandemie befeuern die Ängste."
Große Angst vor Verstößen gegen Corona-Regeln
Die hohen Infektionszahlen in den vergangenen Monaten haben die Angst vor einer Erkrankung geschürt. Etwa die Hälfte der Befragten (48 Prozent) ist besorgt, dass das Coronavirus sie selbst oder die Familie und Freunde infiziert. Gegenüber dem Sommer ist das ein Anstieg um 16 Prozentpunkte.
Auch Menschenansammlungen, illegale Feiern und Maskenverweigerer lassen die Deutschen nicht kalt. Eine deutliche Mehrheit (60 Prozent) befürchtet, dass immer mehr Menschen die Lockdown-Regeln missachten - das ist der höchste Wert der diesjährigen Sonderumfrage.
Professor Dr. Manfred G. Schmidt ist Politikwissenschaftler an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg, begleitet die R+V-Studie seit vielen Jahren und kommentiert folgendermaßen:
"Der Widerstand gegenüber den staatlichen Beschlüssen zur Pandemie-Bekämpfung wächst. Dass viele Kritiker ihren Unmut äußern, indem sie die Corona-Maßnahmen ignorieren, löst bei vielen Menschen große Ängste aus."
Vertrauen in Politiker sinkt
Prof. Schmidt sagt: "Die Kritik am Krisen-Management von Bund und Ländern spiegelt sich auch im nachlassenden Vertrauen in die Politiker. 54 Prozent der Befragten befürchten, dass die Politiker von ihren Aufgaben überfordert sind - ein Anstieg von vierzehn Prozentpunkten gegenüber dem vergangenen Sommer. Prof. Schmidt ergänzt: "Die von vielen Menschen als hochgradig kritisch eingestufte Impfsituation dürfte den Unmut über die Politik weiter in die Höhe treiben."
Tatsächlich hellt der Impfstart die Stimmung in Deutschland nicht auf. 58 Prozent der Befragten befürchten, dass Lockdown auf Lockdown folgt, bis alle geimpft sind.
Mehrheit befürchtet einen Konjunktureinbruch
Wie bereits vor einem Jahr gilt im Lockdown eine Hauptsorge vieler Menschen der Stabilität der deutschen Wirtschaft. Mit 59 Prozent ist die Furcht vor einem Konjunktureinbruch auf dem höchsten Wert seit zehn Jahren. Damals hatte die Finanzmarktkrise diese Angst auf Rekordwerte von weit über 60 Prozent getrieben.
"Derzeit leidet ein erheblicher Teil der Wirtschaft unter der Last des fortwährend verlängerten Lockdowns", sagt Prof. Schmidt.
"Die umfangreichsten Finanzhilfen für die Wirtschaft in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wirken jedoch dämpfend auf die Ängste. Zusammen mit der wiedergewonnenen Exportdynamik verhindern sie einen größeren Abschwung und entschärfen die Krise."
Für Prof. Schmidt wenig überraschend: Trotz steigender Arbeitslosenzahlen bleibt die Angst vor dem Verlust des eigenen Jobs auf einem niedrigen Stand (21 Prozent). Der Politikwissenschaftler führt dies auf das Kurzarbeitergeld zurück:
"Dessen massenhafter Einsatz und die Garantie, die Kurzarbeit zu verlängern, wirken wie ein automatischer Konjunkturstabilisator. Das ist in den Augen des Großteils der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften eine Beschäftigungsgarantie und stabilisiert die politische Lage in großem Umfang."
Bilder: (1) Bild: © phoenix021 – stock.adobe.com (2) R+V Allgemeine Versicherung AG
Themen:
LESEN SIE AUCH
Deutsche wissen wenig über gesetzlichen Unfallversicherungsschutz
Nur vier von zehn Deutschen wissen, dass sich die gesetzliche Unfallversicherung auch auf den Arbeitsweg bezieht und lediglich ein Viertel aller Beschäftigten weiß um den Schutz während Dienstreisen oder Besorgungen. Noch mehr Unwissen herrscht allerdings über den Versicherungsschutz im Homeoffice.
Alt und pflegebedürftig: eine erschreckende Vorstellung
Mehr als jeder Vierte denkt, das deutsche Rentensystem ist zum Scheitern verurteilt
Psyche ist der Hauptgrund für Berufsunfähigkeit
Die Deutschen haben mehr Angst vor Trump als vor Corona
So achtet Deutschland auf seine Gesundheit
Versicherungsbranche erwartet 2025 stabiles Wachstum – GDV fordert Reformen
Die Versicherungswirtschaft prognostiziert für 2025 ein branchenweites Beitragswachstum von fünf Prozent. Besonders die Schaden- und Unfallversicherung sowie die PKV legen zu. Gleichzeitig fordert der GDV Reformen in der Altersvorsorge, Cybersicherheit und dem Steuerrecht.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.
Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite
Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.
Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an
Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.
Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken
Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.
Versicherer fordern Rechtsrahmen für automatisierte Binnenschifffahrt
Automatisierte Binnenschiffe könnten schon heute einsatzbereit sein – doch es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben. Der GDV fordert die Bundesregierung und internationale Flusskommissionen auf, Standards zu schaffen, um die Technologie voranzutreiben.