Stresstest zeigt: Europas Banken fehlt Eigenkapital zur Bewältigung der Coronakrise
Um die Wirtschaft bei einer schnellen Erholung zu unterstützen fehlt den Banken in Europa Eigenkapital.
So könnten je nach Ausmaß und Schwere der Krise bei den Kreditinstituten Kapitallücken zwischen 143 Milliarden Euro und 600 Milliarden Euro entstehen. Dabei müssten die vergleichsweise größten Verluste mit Blick auf Eigenkapital und Marktkapitalisierung Banken in Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien hinnehmen.
Allerdings ist ein ausreichend kapitalisierter Bankensektor eine wichtige Voraussetzung, die drohende Rezession für den Europäischen Wirtschaftsraum durchzustehen. Für eine nachhaltige Rekapitalisierung der Geldhäuser, mit dem Ziel, der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen, bietet sich das bislang ungenutzt Potenzial des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) an. Diese Schlüsse ziehen Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE, der Frankfurt School of Finance & Management sowie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn aus ihren Untersuchungen in einem gemeinsamen SAFE White Paper.
Für ihre Beobachtungen haben die Forscher einen Bankenstresstest mit verschiedenen Szenarien durchgespielt. Die Simulationen fußen auf Daten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zu insgesamt 79 Kreditinstituten der Eurozone, von denen 42 börsennotiert sind.
Um die Auswirkungen der Corona-Rezession für Europas Banken abzubilden, wurde eine systemische Krise simuliert, bei der die weltweiten Aktienmärkte innerhalb der nächsten sechs Monaten um 40 Prozent einbrechen. Dabei schwanken die Fehlbeträge der Banken je nach Verhältnis von tatsächlich vorhandenem Eigenkapital zu Gesamtaktiva.
Vorsorgliche Rekapitalisierungsmaßnahmen
Um die Kreditinstitute zu unterstützen, sprechen sich die Wissenschaftler dafür aus, vorsorgliche Rekapitalisierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene über den ESM zu organisieren.
Tobias Tröger, SAFE-Wissenschaftler und einer der Autoren des Papiers, dazu:
„Der Vorteil dabei ist, dass keine neuen regulatorischen Strukturen aufgebaut werden müssen, sondern die in der Krise bislang ungenutzten finanziellen Ressourcen des ESM als gesamteuropäische Auffanglösung dienen.“
Zum einen wären keine sogenannten „bad banks“ zur Abwicklung maroder Geldhäuser auf nationaler oder europäischer Ebene nötig. Zum anderen könnte der Teufelskreis aus klammen Banken und überschuldeten Staaten aufgebrochen werden.
Nach Ansicht der Wissenschaftler bremsen unterkapitalisierte Banken die wirtschaftliche Erholung von Rezessionen aus. Grund dafür ist, dass das fehlende Eigenkapital das Kreditangebot der Institute schmälert, was letztlich das schuldenfinanzierte Wachstum verlangsamt.
Tobias Tröger sagt:
„Aus der Finanzkrise von 2008/2009 wissen wir, dass Banken ein solides Kapitalpolster brauchen, um zur konjunkturellen Erholung beizutragen.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
SAFE zieht Lehren aus dem Bankenkollaps
Um Bank Runs, wie sie die Silicon Valley Bank erlebt hat, und deren Folgen auf das Bankensystem zu verhindern, ist eine erweiterte Einlagensicherung nötig. Diese sollte alle Sichteinlagen auch über 100.000 Euro sowohl von Privat- als auch von Firmenkunden umfassen.
SAFE schlägt Alternative zu Kredithilfen vor
Die Evolution der Digitalbanken: Auswirkungen auf traditionelle Banking-Modelle
Klassisches Banking mit Filialen, Vor-Ort-Berater:innen und einem meist sehr großen „Apparat“ im Hintergrund verliert immer mehr Kund:innen. Ein Grund dafür sind Digital- bzw. Neobanken – ähnliches Geschäftsmodell, völlig andere Herangehensweise.
Autofinanzierung im Überblick: Worauf bei der Wahl des richtigen Kredits zu achten ist
Die Welt der Autofinanzierung bietet faszinierende Möglichkeiten für den Weg zum neuen Fahrzeug. Von Ratenkrediten über Leasing bis hin zur Ballonfinanzierung – jede Option hat ihre eigenen Vorzüge. Ein gründlicher Vergleich lohnt sich, um die passende Lösung zu finden. Dabei gilt es, verschiedene Faktoren wie Laufzeit, Zinssätze und persönliche Präferenzen abzuwägen.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Börsenturbulenzen bremsen M&A-Aktivitäten
Die aktuelle Marktlage bleibt volatil: Die jüngsten Börsenturbulenzen verunsichern nicht nur Investoren, sondern dämpfen auch die Dynamik geplanter Fusionen und Übernahmen (M&A). Insbesondere der anhaltende Handelsstreit und mögliche Strafzölle belasten das Investitionsklima.
BaFin warnt: Milliardenverluste durch Turbo-Zertifikate für Privatanleger
Die BaFin-Studien zum Zertifikate-Markt zeigen alarmierende Ergebnisse: Während es keine Hinweise auf systematische Fehlberatung bei Anlage-Zertifikaten gibt, haben Turbo-Zertifikate in fünf Jahren Verluste von 3,4 Milliarden Euro verursacht. Die BaFin will nun strengere Maßnahmen prüfen.
Schluss mit Märchen: 5 Fake-News, die Rendite kosten
Viele Anleger kämpfen nicht nur mit den Schwankungen der Märkte, sondern auch mit psychologischen Fallen und verbreiteten Anlage-Mythen. Vito Micoli, Geschäftsführer bei FI Investments, räumt mit fünf gängigen Irrtümern auf – von der angeblichen Unvorhersehbarkeit des richtigen Einstiegszeitpunkts bis zur falschen Annahme, dass nur Aktien und Immobilien langfristig stabile Renditen bieten.
Steigende Anleiherenditen: Deutschlands Schuldenpolitik wird teuer
Die Finanzmärkte reagieren sensibel auf wirtschafts- und fiskalpolitische Entscheidungen. Das zeigt sich aktuell in der Entwicklung der Renditen für zehnjährige Bundesanleihen, die in den letzten Wochen von 2,5 % auf 2,9 % gestiegen sind.