Verkehrsunfälle und mögliche Absicherungen sind ein Thema, das einerseits die Autofahrer, aber auch die Versicherer intensiv beschäftigt. Sowohl Unfallstatistiken, als auch Trends beim Kauf und der Zulassung verschiedener Automodelle spielen eine Rolle. Welche Entwicklungen sich abzeichnen, wie die Zukunft aussehen könnte und was dies für Versicherer bedeutet, erklären wir in diesem Artikel.
Entwicklung der Unfallstatistiken
Unfallstatistiken geben eine klare Auskunft darüber, wie sich die Anzahl der Verkehrsunfälle entwickelt. Zudem zeigen verschiedene Einzelaspekte an, welche Personengruppen besonders betroffen und welche Schadensarten relevant sind.
Zahlen und Schadensarten
Betrachtet man die Entwicklung der Unfallstatistiken in den letzten Jahren, so hat sich die Zahl zwischen den Jahren 2012 und 2019 von 2.401.843 auf 2.667.863 erhöht. Der entsprechende Personenschaden schwankt jedoch laut der gleichen Quelle von Jahr zu Jahr, hier ist keine deutliche Tendenz erkennbar.
Wird der Betrachtungszeitraum über mehrere Jahrzehnte ausgeweitet, ist der Anstieg der Unfallzahlen pro Jahr noch deutlicher. Grundsätzlich positiv zu werten ist, dass die Zahl der Verkehrstoten bei Betrachtung der Jahre 2015 bis 2018 laut destatis mit leicht schwankend etwas über 3000 Menschen pro Jahr im Verhältnis zur Anzahl der Unfälle und auch allgemeinen Personenschäden vergleichsweise gering ist.
Für Versicherer bedeutet dies zunächst, dass sie mit einer höheren Anzahl von Zahlungen rechnen müssen. Besonders Sachschäden müssen kompensiert werden. Andererseits bieten diese Faktoren gute Verkaufsargumente für Vollkaskoversicherungen, die Unfallschäden am eigenen Wagen abdecken.
Gerade bei Unfällen mit Wild können auch Teilkaskoversicherungen den Versicherten vor höheren Eigenzahlungen bewahren. In geringerem, aber dennoch nicht unbedeutenden Maße kann das Thema Straßenverkehr und entsprechende Sicherheit vielleicht auch bei einer Lebensversicherung eine Rolle spielen.
Relevanz der Altersgruppen
Von enorm hoher Bedeutung beim Abschluss einer Kfz-Versicherung, das ist durchaus allgemein bekannt, ist das Alter des Fahrers. Hierfür gibt es bei Betrachtung der Unfallstatistiken gute Gründe.
So wird anhand der Altersverteilung der Hauptverursacher von Unfällen aus dem Jahr 2017 deutlich, dass vor allem Fahranfänger der Altersklasse 18- 25 und Menschen, die auf das Seniorenalter zugehen oder sich bereits in dieser Lebensphase befinden, Unfälle verursachen. Je jünger beziehungsweise Älter die Personen der jeweiligen Gruppe sind, desto höher auch die Gefahr. Deutlich weniger Unfälle werden von einer mittleren Altersgruppe zwischen 35 und 55 Jahren ausgelöst.
Diese Umstände lassen sich sehr logisch begründen. Fahranfänger haben aufgrund geringerer Erfahrung ein höheres Fehlerpotenzial. Bei älteren Personen besteht aus verschiedenen, vor allem gesundheitlichen Gründen die Gefahr einer schwindenden Aufmerksamkeit.
Die Problematik wurde von Versicherern bereits erkannt. So müssen gerade Fahranfänger und ältere Personen höhere Beiträge zahlen. Bei Einsteigern begründet sich dies in der geringen Erfahrung, je mehr unfallfreie Jahr die jeweilige Person vorweisen kann, desto geringer der Beitrag.
Andersherum müssen gerade Menschen höheren Semesters oft Alterszuschläge zahlen, um die höhere Wahrscheinlichkeit von fälligen Auszahlungen bei Unfällen zu kompensieren. Diese Zuschläge sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen.
Verkehrsführung und Technologie der Zukunft
Neben den Unfallstatistiken und Anteilen der beteiligten Personengruppen ist äußerst relevant, was im Rahmen der Verkehrsplanung- und Führung für die Sicherheit unternommen wird. Experten, aber auch Kommunen und Ministerien machen sich Gedanken, wie durch veränderte Planung ein umfassenderer Schutz vor Unfällen hergestellt werden kann.
Hierzu können einerseits Tempolimits beitragen. Vielseitig wird argumentiert, dass bei geringerer Geschwindigkeit einerseits die Gefahr von Unfällen sinkt, andererseits die Schäden im Fall der Fälle geringer sind. Aber auch die Verkehrsführung in urbanen Gebieten wird an vielen heiklen Punkten immer sicherer gestaltet.
Einschneidende Änderungen?
Dabei gibts es beim Thema Verkehrsplanung zudem auch eine Reihe zukunftsorientierter Ansätze. Beispielsweise wird die Überbeschilderung als Problem wahrgenommen. Durch zu viele Schilder kann Verwirrung und Ablenkung entstehen, was das Unfallrisiko erhöht.
Daher ist es sinnvoll, bei der Beschilderung minimalistisch vorzugehen. Ein besonders revolutionärer Ansatz sieht sogar vor, im Rahmen eines sogenannten "Shared Space" vollumfänglich auf Schilder zu verzichten. Vorreiter und Versuchsgrund für diese Idee ist die Stadt Bohmte in Niedersachsen.
Auch verschiedene neuartige Ampeloptionen werden angedacht. Nicht zuletzt hat auch die zunehmende Digitalisierung (Stichwort: Smart-City) Einfluss auf die Planungsweisen. Sofern das Thema autonomes Fahren eine wachsende Rolle spielt, müssen auch hierfür neue Ansätze bezüglich einer sicheren Verkehrsführung angedacht werden.
Bedeutung für Versicherungen
Inwiefern sich zum Beispiel eine Verbreitung der Idee eines beschilderungsfreien Verkehrs auf die Lage der Kfz-Versicherungen Auswirkungen würde, ist unklar. Gesicherte Kenntnisse hierzu wird wohl erst die Praxis liefern können.
Fakt ist jedoch: Mit Konzepten wie dem autonomen Fahren oder verschiedener Smart-Technologien werden sich auch Versicherer zunehmend neue Konzepte überlegen müssen, da diese Entwicklungen für den Markt eine Reihe von Nachteilen zur Folge haben. Dies liegt vor allem daran, dass mit besseren Systemen die klassischen Unfallrisiken zunehmend sinken werden.
Rechtliche Regelungen für diese Art des Fahrens existieren bereits. Dadurch, dass der Fahrer nur noch Passagier ist, kann er nicht mehr Eingreifen und ist für Unfälle auch nicht haftbar zu machen. Im Schadensfall ist es dennoch die Pflicht der Versicherung, zu zahlen. Falls der Unfall aufgrund eines Technikfehlers entstanden ist, kann der Versicherer die gezahlte Summe vom entsprechenden Hersteller zurückverlangen.
Gerade das autonome Fahren wird zunehmend weiterentwickelt. Für Versicherer macht es infolgedessen Sinn, in diesem Bereich stets informiert zu bleiben und frühzeitig passende und innovative Konzepte zu entwickeln. Hieraus können bei einem schnellen Fortschreiten der Entwicklungen klare Marktvorteile reifen.
Unterschiede nach Fahrzeugtypen und aktuelle Technik
Aber nicht nur die Technologie der Zukunft ist relevant. Auch bei bereits zugelassenen Autos spielen Aspekte der Sicherheit, sowohl bezüglich der verschiedenen Klassen, als auch durch technische Entwicklungen, eine Rolle. Je nach Modell kann sich das Ausmaß von Sach- und Personenschäden bei Unfällen eklatant unterscheiden.
Typklassen und Kategorisierung
Verschiedene Fahrzeugtypen werden vom GDV, dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft, einer Typklasse zugeordnet. Dabei findet eine Betrachtung der Unfallschäden und Reparaturkosten der letzten drei Jahre statt. Die Liste wird immer wieder aktualisiert. Je mehr Unfälle und je höher die Schäden, desto höher ist die Typklasse und desto umfangreicher fällt auch der Beitrag aus, die Versicherte entrichten müssen. Zwar sind Versicherungen nicht verpflichtet, sich hieran zu halten, aber nur die wenigsten weichen davon ab.
Beim Vergleich verschiedener Modelle lässt sich beobachten, dass SUVs bekannter Hersteller beispielsweise oft in höheren Typklassen kategorisiert werden als Cabrios. Auch Kombis sind offenbar weniger unfallanfällig. SUVs richten durch ihre Bauweise vor allem beim Unfallgegner oft höhere Schäden an als andere Klassen.
Für Versicherer bedeuten diesen Umstände, dass es möglicherweise Sinn macht, je nach Risikofreude vermehrt bestimmte Fahrzeugtypen zu versichern. Einerseits können natürlich zum Beispiel bei einem SUV höhere Beiträge veranschlagt werden, andererseits müssen auch umfassendere Schadenszahlungen berücksichtigt werden. Je risikobereiter der Versicherer, desto mehr Sinn macht eine Spezialisierung auf SUVs. Ein solches Wagnis könnte durch besonders satte Gewinne belohnt werden.
Assistenzsysteme: Segen oder Fluch?
Gerade bei Neuwagen spielen Assistenzsysteme und automatisierte Funktionen wie ein Park- und Rangierassistent oder ein Autobahnpilot eine wachsende Rolle. Laut einer Studie der GDV können solche technischen Hilfsmittel die Verkehrs- und Fahrsicherheit erhöhen. Allerdings vermeiden sie in der praktischen Anwendung weniger Unfälle, als dies auf den ersten Blick scheinen mag, da im Straßenverkehr selten die Idealbedingungen gegeben sind.
Zudem werden durch die technischen Hilfsmittel wie Sensoren auch die Reparaturen (beispielsweise im Fall einer beschädigten Windschutzscheibe) teurer. Trotz dieser durchaus ernüchternden Erkenntnisse geht die Studie davon aus, dass verschiedene Systeme sowohl für Kfz-Haftpflichtversicherungen als auch teilweise für Kaskoversicherungen bis zum Jahr 2035 Einsparungen im einstelligen Prozentbereich mit sich bringen könnten.
Für Versicherer ist es daher ratsam, ein besonderes Augenmerk auf das Vorhandensein dieser Systeme zu legen. So können den Kunden unter entsprechenden Umständen möglicherweise kleine Einsparungen bei den Beiträgen angeboten und so Marktvorteile erreicht werden.
Fazit
Gerade durch technischen Fortschritt, sowohl bei den Automobilen selbst, als auch in der Verkehrsplanung- und Führung werden sich die Voraussetzungen für Kfz-Versicherer aller Wahrscheinlichkeit nach eher zum Negativen verändern. Dennoch bieten diese Neuerungen neben den Risiken auch große Chancen für Innovationen und neuartige Modelle der Absicherung. Versicherer sollten sich daher frühzeitig Gedanken machen, wie sie möglichst gewinnbringend auf die Herausforderungen der nahen Zukunft reagieren können.
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