Wie Versicherer umdenken können

Die digitale und persönliche Beratungskompetenz steht durch die Corona-Pandemie mehr denn je im Mittelpunkt. Dabei gilt es, nicht nur Tools und technische Anforderungen zu beherrschen. Empathie, Persönlichkeit und natürlich Kompetenz sind Erfolgsfaktoren einer guten digitalen Beratung. Im Gespräch mit dem experten Report geht Thorben Schwarz, Vertriebsdirektor der Monuta, auf die Elemente ein, die für eine digitale Transformation die Grundlagen bilden.

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Thorben-Schwarz-2020-Frank-Beer-MonutaThorben-Schwarz-2020-Frank-Beer-MonutaFrank Beer/Monuta

Auf welche Herausforderungen stoßen Sie in der Beratung, wenn Sie das Thema Tod und Trauerfall-Vorsorge ansprechen wollen, und wie gehen Sie diese an?

Thorben Schwarz: Unter dem Motto „Der Tod ist kein Thema“ haben wir in der ersten Hälfte des Jahres angefangen, das Thema sensibel in die Köpfe der Makler zu transportieren. Die Beratung der Trauerfall-Vorsorge funktioniert am besten, wenn die Makler es ansprechen, weil Endkunden darüber oft noch nicht nachgedacht haben, besonders nicht in jungen Jahren.  Sie denken das erste Mal darüber nach, wenn ihre eigenen Eltern oder die Schwiegereltern verstorben sind, und müssen dann vier Bestattungen kurz hintereinander finanziell tragen. Da kommen dann schnell bis zu 40.000 Euro zusammen. Hier ist eine persönliche Beratung der richtige Ansatz, denn oft ergeben sich Absicherungs- und Vorsorgewünsche erst aus einem Gespräch. Denn Vorsorge fängt nicht erst beim Tod an, sondern sollte auch in allgemeinen Versicherungsberatungsgesprächen ein Thema sein und bei Menschen ab 18 Jahren angesprochen werden. Für eine optimale Servicequalität werden Einzelmakler, Pools, Verbünde und Verbände ausreichend geschult und weiterentwickelt. Seit Anfang des Jahres sogar durch ein ausgereiftes Key-Account-Management.

Die COVID-19-Pandemie hat uns alternative und vor allem digitale Kommunikationsmaßnahmen aufgezeigt. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Die Monuta verfolgte bereits vor der Pandemie einen Multichannel-Ansatz, um den unterschiedlichen Generationenanforderungen gerecht zu werden. Neben der analogen Beratung mit persönlichen Gesprächen bilden wir unsere Makler aus, den Endkunden auch digital optimal beraten zu können. Wir nutzen etwa das Videotool finly von der Firma Future Of Finance für Gespräche über unser Outbound-Team. Wir bieten dieses Tool auch Maklern über unseren Vertriebskoffer an. Ansonsten bieten wir über Digidoor Kampagnentools an, mit denen der Makler via E-Mail-Kampagnen seine Kunden erreichen und zu einem einfachen Abschluss führen kann.

Relativ einfache Produkte können auch hier schnell erklärt werden, für denjenigen, der Beratung wünscht. Anspruchsvollere Produkte, wie die der Lebens- oder auch Krankenvollversicherung, sind oftmals nicht transportierbar. Gerade wenn der Beratungsanlass über den Vermittler erfolgt, ist der Verkauf der Produkte digital erschwert. Kommt der Anstoß aber über den Kunden, so ist die Onlineberatung eine lohnende Alternative.

Eine große Herausforderung besteht allerdings in der deutschen IT-Infrastruktur, wie beispielsweise dem fehlenden Breitbandausbau. Gerade in ländlichen Regionen waren rein digitale oder telefonische Gespräche schlecht verständlich und die Verbindung riss durchweg ab. Ebenso ließ die Serverleistung über die VPN-Verbindungen zu wünschen übrig, weil sie nicht auf den Zugriff aller Mitarbeiter ausgelegt ist. Es fehlte auch an sozialer Nähe, denn Empathie in der Situation vor Ort schafft beim Endkunden Vertrauen und damit auch Sicherheit.

Welche Chancen bietet eine womöglich ausschließlich digitale Beratung und wäre diese für Monuta umsetzbar?

Chancen bestünden schon in Big Data Analytics. Der Zugriff auf mobile Daten über Internet-of-Things(IoT)-Devices bietet das Potenzial, passgenauer auf Kundenbedürfnisse einzugehen und den Kunden in der Beratung zuvorzukommen. Um dieses Potenzial zu nutzen, ist langfristig ein Ausbau der IT-Strategien und ein Wandel zum Digital Leadership notwendig. Kurzfristig sollte das oberste Ziel sein, den Makler mithilfe von Tools und Weiterbildungen digital so zu befähigen, dass er auf die Kundenwünsche eingehen kann.

Auch gängige Tools, wie der Einsatz von Apps und Chatportalen, würden Kosten im Backoffice sparen. Der Einsatz von Chatbots würde hier allerdings an seine Grenzen stoßen und könnte einen menschlichen Berater in der Trauerfall-Vorsorge nie gänzlich ersetzen. Auch neue On-Demand-Systeme, wie sie in der Schadenfallversicherung eingesetzt werden, sind bei unserem Angebot kaum einsetzbar. Der Multichannel-Ansatz ist daher für uns weiterhin der günstigste Weg. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass sich die Versicherungsbranche diesen einschlägigen Entwicklungen nicht verschließen darf,  sondern sie langfristig in ihre Vision miteinbinden muss.

Herr Schwarz, vielen Dank für das Gespräch.

Faktenbox – für eine erfolgreiche digitale Beratungsstrategie

Besonders die Kundenanforderungen ändern sich stetig und sind zwischen den Generationen durchweg unterschiedlich. Wer eine junge, versicherbare Zielgruppe erreichen will, muss sich digitale Maßnahmen für die Customer Experience überlegen, um deren Anforderungen schon bei der ersten Produkt- oder Markenberührung gerecht zu werden.

Multi-/Omnichannel-Ansatz

Der Multi- oder Omnichannel-Ansatz ist für viele Versicherer der erste Schritt in eine digitale Zukunft und bietet zunächst analoge und digitale Beratungskompetenzen für Endkunden aller Altersgruppen. Diese können dann mit der Zeit zu rein digitalen Kompetenzen weiterentwickelt werden.

Digital Leadership

Eine digitale Strategie beginnt im Mindset der Führungskräfte. Das Management diskutiert verschiedene digitale Geschäftsansätze, die in den Arbeitsprozess nach und nach implementiert werden. Sind die Ansätze in Vision und Mission der Marke verankert, kann eine nachhaltig digitale Customer Journey für den Kunden erfolgen.

Digitalpräsenz

Um besonders für jüngere Zielgruppen sichtbar zu sein, sind Social-Media-Präsenzen für Versicherer unerlässlich. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, teure und aufwendige Kampagnen zu schalten, sondern vielmehr regelmäßigen Content zu produzieren, um wenigstens einmal wöchentlich auf dem Feed der Zielgruppe zu erscheinen.  Dieser Ansatz sollte unbedingt vom Digital Leadership miteinbezogen werden. Oft bilden diese Kanäle die ersten Berührungspunkte und leiten direkt auf die Unternehmenswebsite weiter.

Big Data

Sprachassistenten, Smartphones und weitere Geräte des IoT bieten mittlerweile große Datenmengen, die Versicherer nutzen können, um neue Bedürfnisse und Wünsche des Endkunden zu identifizieren, die bei ihm aktuell noch gar nicht richtig präsent sind. Werden die Daten effizient genutzt, erhöht sich auch die Chance, bestehende Kunden langjährig zu binden.

Es ist essenziell, hohe Investitionen zu leisten, damit die Versicherung auch langfristig weiterhin auf dem wachsenden und sich ändernden Markt in Richtung Zukunft agieren kann.

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