Ein Unfallgeschädigter darf auf das Restwertangebot eines anerkannten Sachverständigenbüros vertrauen. Er muss auch nicht auf ein höheres Angebot der Versicherung warten. Wenn das Angebot des Versicherers nach dem Verkauf des Unfallfahrzeugs kommt, wird das höhere Angebot beim Schadensersatz nicht berücksichtigt. Dies urteilte das Landgericht Konstanz.
Bei einem Vorfahrtsunfall entstand am Fahrzeug des Klägers ein Schaden von über 30.000 Euro, für den die gegnerische Versicherung vollständig aufkommen musste. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs betrug laut Gutachter aber nur etwa 25.000 Euro bei einem Restwert von 4.750 Euro.
Der Kläger verkaufte das Auto zu diesem im Gutachten angegebenen Restwert. Die gegnerische Versicherung übermittelte nach dem Verkauf ein höheres Restwertangebot in Höhe von etwa 6.100 Euro. Da sie der Meinung war, der Kläger hätte dieses annehmen müssen, berücksichtigte sie das beim Schadensersatz: Sie zog die Differenz zwischen dem tatsächlich erreichten Restwert und dem höheren Angebot der Versicherung ab.
Das Landgericht Konstanz urteilte, dass nicht das höhere Restwertangebot auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen ist. Der vom Kläger beauftragte Sachverständige habe drei Angebote des maßgeblichen regionalen Markts eingeholt. Der Restwertangabe eines anerkannten Sachverständigenbüros darf man vertrauen. Daher hat er das Fahrzeug zu dem niedrigen Restwertangebot von 4.750 Euro verkaufen können.
Zudem besteht auch keine Pflicht, auf ein höheres Restwertangebot der Versicherung zu warten. Der Unfallgeschädigte darf entscheiden, ob und zu welchem Zeitpunkt er sein Unfallfahrzeug verkauft. Da die Versicherung das Restwertangebot erst nach dem Verkauf gemacht hatte, war es dann nicht mehr zu berücksichtigen.
Urteil vom 5. Februar 2019 (Landgericht Konstanz, Az: D 2 O 43/18)
Themen:
LESEN SIE AUCH
Fristlose Kündigung wegen Veränderung von Kundendaten
Das LG Erfurt hatte sich mit der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Handelsvertretervertrages durch einen Versicherer aufgrund willkürlicher Veränderungen und Löschungen von Kundendaten durch einen Handelsvertreter zu befassen.
Haftung bei Umdeckung einer DU-Versicherung
Das LG Erfurt entschied in der Frage der Haftung eines Versicherungsvertreters bei der Umdeckung einer DU- in eine BU-Versicherung und zeigt dabei auf, wie wichtig angesichts einer etwaigen Beweislastumkehr, die ordnungsgemäße Beratungsdokumentation ist.
Kasko: Generelle Plicht zur Polizeialarmierung?
Nach einem Autounfall stellt sich die Frage, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um den Unfallhergang rechtssicher abzuwickeln. Häufig besteht zwischen Versicherungsschutz und einer möglichen Strafbarkeit eine enge Verbindung. Aber gibt es dabei auch die Pflicht die Polizei zu rufen?
Haftung des Geschäftsführers bei vorsätzlicher Insolvenzverschleppung
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
E-Scooter: Trunkenheitsfahrt kann Führerschein kosten
E-Scooter-Fahrer sind im Straßenverkehr nicht besser gestellt als Autofahrer. Wer alkoholisiert fährt, muss mit Konsequenzen rechnen – bis hin zum Führerscheinentzug. Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass bereits ab 1,1 Promille absolute Fahruntüchtigkeit besteht.
Widerrufsbelehrung: Urteil zugunsten von AXA – Verbraucherschützer prüfen nächste Schritte
Der Bund der Versicherten (BdV) und die Verbraucherzentrale Hamburg haben vor dem Oberlandesgericht Köln eine Niederlage erlitten. Die Klage gegen die Widerrufsbelehrung der AXA Relax PrivatRente Chance wurde abgewiesen (Az. 20 UKl 1/24). Das Gericht entschied, dass die Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
Betriebliche Altersversorgung während der Coronakrise ausgesetzt - zu Recht?
Die Aussetzung von Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung (bAV) im Zuge der Coronakrise unterliegt einer Prüfung nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, so das Bundesarbeitsgericht (BAG).
Fristenkontrolle: Anwälte müssen nicht doppelt prüfen
Rechtsanwälte müssen Fristen nicht doppelt prüfen, sofern sie sich auf eine funktionierende Organisation und die Vermerke in den Handakten verlassen können, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG). Das hat nicht nur praktische, sondern auch haftungsrechtliche Konsequenzen.