Nachbarn müssen Kinderlärm hinnehmen, solange der Lärm nicht unzumutbare Formen annimmt. Dabei kommt es allerdings auf den Einzelfall an. Dies geht aus einem Urteil des Amtsgerichts München hervor.
Ein Ehepaar, das in einer Mietwohnung direkt unter einer Familie mit zwei Kindern im Alter von 14 und 16 Jahren wohnte, fühlte sich immer wieder durch laute Geräusche aus der oberen Wohnung gestört. Ein von ihnen erstelltes Lärmprotokoll wies täglich bis zu acht Lärmbelästigungen aus. Nachdem Absprachen auf Dauer keine Wirkung zeigten, verklagten sie die Familie auf Unterlassung.
Doch diese widersprach den Behauptungen und erklärte, dass die Kinder erst um 17 Uhr aus der Schule kämen. Auch trauten sie sich nicht mehr auf den Balkon, weil der Nachbar darunter sie dann sofort anschreie. Ihrer Meinung sitzt der Kläger den ganzen Tag da und macht sich Notizen über das Kommen und Gehen seiner Nachbarn. Deswegen sei er mit dem ganzen Haus zerstritten.
Kinderlärm als Ausdruck der natürlichen Entfaltung
Das Amtsgericht München urteilte, dass in Altbauten mit erhöhter Lärmbelastung zu rechnen ist. Das Gericht sah es nicht als bewiesen an, dass der Lärm im vorliegenden Fall ein unzumutbares Maß erreicht habe. Kinderlärm sei als Ausdruck der natürlichen Entfaltung von Kindern üblich und von den Nachbarn grundsätzlich hinzunehmen.
Zwar müssten die Eltern so gut wie möglich dafür sorgen, dass ihre Kinder nicht durch Lärm andere Mieter belästigten. Gerade Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren ließen sich aber nicht mehr unbedingt alles von den Eltern vorschreiben.
Deswegen können laut Gericht die Eltern für vereinzelte Lärmbelästigungen nach 22 Uhr nicht haftbar gemacht werden.
Nachdem die Kläger gegen das Urteil Berufung einlegten, veranlasste das Berufungsgericht über 14 Tage eine Dauerlärmmessung durch einen Sachverständigen. Die Messung ergab, dass die Trittgeräusche meist zwischen 22 und 33 Dezibel lagen und 37 Dezibel nicht überschritten. Bis zu 40 Dezibel gelten für Trittschall als normal.
Urteil vom 23. Mai 2019 (Amtsgericht München, Az. 283 C 1132/17)
Themen:
LESEN SIE AUCH
Wann darf der Vermieter eine Untervermietung ablehnen?
Recht auf Rückschnitt der Nachbarthujen
Keine Mieterhöhung bei Einbauküche des Mieters
Interhyp Wohntraumstudie 2024: So denken Babyboomer und Millennials
Der Wunsch nach Wohneigentum hat sich über die Generationen nicht abgeschwächt. Geht es um die wichtigsten Dinge, rangiert bei Boomern als auch bei Millennials der Wunsch nach einem schönen Zuhause direkt nach Gesundheit auf Platz zwei.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Mietpreisbremse bis 2029 verlängert – politische Debatte über Wirksamkeit und Wohnraumpolitik
Der Bundestag hat die Mietpreisbremse bis 2029 verlängert – doch Kritik an ihrer Wirksamkeit reißt nicht ab. Während SPD und Union das Signal für Mieterschutz betonen, spricht die Linke von einem „schlechten Witz“. Die Debatte rückt die ungelöste Wohnraumkrise und die Notwendigkeit tiefgreifender Reformen ins Zentrum.
Ungeziefer in der Mietwohnung: Wer trägt die Verantwortung – und wann?
Wenn Schädlinge zur Mietfrage werden: Wer zahlt, wenn Kakerlaken, Papierfischchen oder Mäuse die Wohnung befallen? Besonders im Sommer häufen sich die Fälle – und damit auch die rechtlichen Konflikte. Ein Überblick über Rechte, Pflichten und Fallstricke für Mieter und Vermieter.
Blitz- und Überspannungsschäden 2024 auf Rekordniveau
Blitze und ihre Folgen haben im Jahr 2024 massive Schäden in deutschen Haushalten angerichtet. Nach aktuellen Zahlen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden im vergangenen Jahr rund 220.000 Blitz- und Überspannungsschäden gemeldet – eine Zahl, die sich auf ein Schadenereignis alle zweieinhalb Minuten herunterbrechen lässt.
Wohngebäudeversicherung: „Preisanstieg zieht sich durch den gesamten Markt“
Eine Wohngebäudeversicherung bleibt ein essenzieller Bestandteil des privaten Risikomanagements. Doch wie steht es um Qualität und Preisentwicklung aktueller Tarife? Das aktuelle Rating von Franke und Bornberg gibt Antworten – und zeigt: Während die Tarifqualität tendenziell steigt, ziehen die Prämien weiter spürbar an. Hintergrund sind massive Schadenkosten, die Versicherer zur Anpassung zwingen.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.