Jahrhundertelang galten Unterschrift und Handschrift beim Testament als eindeutige Identifikationsmerkmale ihres Urhebers. Doch seitdem mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz die Handschrift leicht und nahezu perfekt nachgeahmt werden kann, sind Testamente einem erhöhten Fälschungsrisiko ausgesetzt.
Keine Frage: Mit der Handschrift lässt sich die Identität des Schreibers feststellen. Ja sogar dessen Persönlichkeit wollen Graphologen an der Handschrift erkennen. Deshalb hat das deutsche Erbrecht an die Handschrift die weitreichende Folge geknüpft, dass neben dem notariell beurkundeten Testament nur das handschriftliche Testament wirksam ist. Doch seitdem es Wissenschaftlern an der Mohamed bin Zayed University of Arificial Intelligence in Abu Dhabi gelungen ist, jede Handschrift sprichwörtlich im Handumdrehen mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz Software so gut zu imitieren, dass das Imitat mit bloßem Auge nicht mehr vom Original unterschieden werden kann, ist die alte Ordnung der Juristen aus den Fugen geraten.
Kopie eines Testaments reicht aus
„Natürlich macht die künstliche Intelligenz Testamente fälschungsanfälliger“, sagt Rechtsanwalt Dr. Sven Gelbke. Der Geschäftsführer des Erbrechtsportals „Die Erbschützer“ weist aber darauf hin, dass das vermeintlich handgeschriebene Computer-Testament ausgedruckt werden muss und es sich bei dem Ausdruck dann nur um eine Kopie handelt. „Zwar hat das Oberlandesgericht Naumburg entschieden, dass die Kopie eines Testaments als Beweismittel ausreichen kann, wenn das Original nicht mehr auffindbar ist. Das kann aber immer nur ein Ausnahmefall sein. Außerdem darf das Testament nicht willentlich vom Erblasser vernichtet und damit widerrufen worden sein. Würden den Nachlassgerichten nur noch Testamentskopien vorgelegt, müsste der Gesetzgeber unmittelbar handeln“, so Gelbke.
Junge Generation schreibt weniger per Hand
Er geht deshalb davon aus, dass das handschriftliche Testament nach wie vor in der Praxis der Regelfall bleibe, zumal die meisten Bürger die Notarkosten für das Aufsetzen eines öffentlichen Testaments scheuten – ganz abgesehen davon, dass das handschriftliche Testament zu jeder Zeit und an jedem Ort aufgesetzt werden kann. Rechtsanwalt Dr. Sven Gelbke prognostiziert:
Trotzdem wird man auf lange Sicht nicht umhinkommen, dem geänderten Konsumentenverhalten bei der Kommunikation Rechnung zu tragen. Die jungen Generationen kommunizieren heutzutage über Whatsapp und soziale Medien. Handschriftliche Nachrichten sind out. Deshalb erwarte ich, dass der Gesetzgeber in der Zukunft ein wie auch immer ausgestaltetes Laptop-Testament zulässt.
Denn indirekt sei das digitale Testament schon jetzt rechtsgültig. „Setzt etwa ein deutscher Staatsangehöriger in Florida ein Testament am Computer auf, kann diese Testamentsform über die Europäische Erbrechtsverordnung und das Haager Übereinkommen schon jetzt hierzulande rechtsgültig sein“, so Gelbke. Zum Hintergrund: In Florida gilt ein digitales Testament 2.0 am Computer als rechtsgültig, wenn der Text mit einer digitalen Signatur versehen und von zwei Zeugen bestätigt wird. In anderen US-Bundesstaaten gelten ähnliche Regelungen.
Testament am besten bei Gericht hinterlegen
Einen praktischen Tipp hat Rechtsanwalt Sven Gelbke für all diejenigen, die die Kosten eines notariellen Testaments hierzulande scheuen, aber die Verwirklichung ihres letzten Willens dennoch gegen Fälschungen gesichert wissen wollen: „Sie sollten ihr Testament beim Nachlassgericht hinterlegen. Dann kann niemand manuelle Änderungen an dem Dokument vornehmen. Die in der Regel gerade einmal 75 Euro können hier viel Ärger und Streitigkeiten unter den Hinterbliebenen verhindern“, ist Gelbke überzeugt.
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