Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Leitzins seit dem 27. Juli 2022 mehrmals angehoben, auf ein Niveau von aktuell 4,5 Prozent. In der Folge sind die Kaufpreise für Wohnimmobilien in Deutschland im Mittel um rund 20 Prozent abgesunken. Das Sinken der Preise hat aber nicht zu einer Reduktion der Kaufangebote geführt.
Vielmehr ist das Kaufangebot für Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und Mehrfamilienhäuser massiv gestiegen und bietet damit wieder vermehrt Chancen für private und instutionelle Anleger. „Der Anstieg der Kaufangebote bei gleichzeitig gesunkenen Kaufpreisen mag zunächst überraschen, hat aber klar benennbare Gründe," erklärt Felix von Saucken, Head of Residential bei Colliers in Deutschland.
Eigentümer, die ihre Immobilien seit Längerem besitzen, profitieren bei einem Verkauf heute immer noch von der hohen Wertsteigerung der Objekte über die letzten Jahre, so der Experte weiter. Zudem fürchte sich eine wachsende Anzahl von Eigentümern vor strengeren Bestimmungen zur energetischen Gebäudeoptimierung und kommenden Veränderungen in der Grundsteuer. Die Summe dieser drei Einflüsse erkläre das aktuell wieder erhöhte Kaufangebot.
Am stärksten ausgeprägt ist der Anstieg des Kaufangebotes bei Einfamilienhäusern im Bestand. Es hat sich seit der Zinswende verdoppelt: von rund 50.000 Angeboten im Frühjahr 2022 auf über 100.000 Kaufangebote im dritten Quartal 2023. Im Neubau ist für Einfamilienhäuser im selben Zeitraum ein Angebotsanstieg von 61 Prozent zu verzeichnen. Die Anzahl der Kaufangebote für deutsche Eigentumswohnungen im Bestand hat um 70 Prozent zugelegt: von rund 92.000 Wohnungen zu rund 145.000 Wohnungen im dritten Quartal 2023.
Im Neubau liegt der Anstieg in dieser Kategorie bei 60 Prozent. Eine weitere Kategorie bilden Mehrfamilienhäuser und so genannte Wohn- und Geschäftshäuser, die neben Wohnflächen auch kleinere gewerblich genutzte Flächen beinhalten. Hier sind die Kaufangebote ohne Differenzierung von Bestand und Neubau um 44 Prozent gestiegen.
„Der deutsche Wohnmarkt bietet privaten und institutionellen Anlegern inzwischen wieder in allen Wohnkategorien deutlich mehr Angebot. Gleichzeitig beobachten wir, wie Käufer und Verkäufer vermehrt zueinander finden, auch wenn die Verkaufsprozesse in der Regel etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen als vor der Zinswende. In Summe gilt: Wenn beide Seiten an einer Transaktion interessiert sind, lassen sich Lösungen finden“, sagt von Saucken.
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