Photo credit: depositphotos.com
In regelmäßigen Abständen tauschen sich die Chefvolkswirte von Allianz, Munich Re und Swiss Re im Format #GDVlive über konjunkturelle Fragen aus. Weltwirtschaft und EZB-Zinspolitik standen beim aktuellen "Chefökonomen-Talk" im Mittelpunkt.
Die wichtigsten Ökonomen der deutschen Versicherungswirtschaft blicken mit Sorge auf die US-Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr. Wenn der mögliche Kandidat der Republikaner, Ex-Präsident Donald Trump, gewählt werde, „dann hat das Konsequenzen für den Ukraine-Krieg, für die China-Politik oder die Nachhaltigkeit – mit großen Auswirkungen auf die Märkte“, sagte Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran bei einer Diskussion mit GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Michael Menhart, Chefökonom der Munich Re, verwies darauf, dass 2024 in 70 Ländern der Erde gewählt werde: „In vielen Fällen wird das eine Richtungswahl sein.“ Die Frage sei, ob Protektionisten gewinnen oder ob es einen Schub für den multilateralen Ansatz gebe. Für Menharts Kollegen von der Swiss Re, Jérôme Haegeli, bleibt die wichtigste Herausforderung, ob die Politik „das Wachstum zurückbringt“. Dafür müsse Schluss sein mit der Schuldenpolitik, es brauche Strukturreformen.
Überrascht von der Stärke der USA
Mit Blick auf das zu Ende gehende Jahr zeigten sich Menhart und Haegeli erfreut über die konjunkturelle Stärke der USA. „Das war für mich die größte Überraschung“, sagte Menhart bei der live auf der GDV-Webseite übertragenen Veranstaltung. Haegeli sprach davon, dass der USA-Pessimismus „überzogen war“. Alle drei Ökonomen nannten die Kriege in Nahost und in der Ukraine als größte geopolitische Schocks 2023, allerdings mit begrenzten Folgen für die Weltwirtschaft.
Subran hob im Rückblick den Aufstieg von ChatGPT hervor und „wie schnell die Märkte diese Innovation eingepreist haben“. Zugleich kritisierte er die deutsche Politik, die angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Schwäche „fatalistisch mit der Zukunft des Landes umgeht“.
Uneinigkeit über Zeitpunkt für Zinssenkungen
Menhart lobte die Zinspolitik der Zentralbanken in den vergangenen Monaten. „Sie haben mit großer Konsequenz Inflation bekämpft und ihre Glaubwürdigkeit zurückgewonnen“, so der Munich Re-Chefvolkswirt. „Und es gibt wieder Zinsen!“
Allerdings rechnet er damit, dass die Inflation noch länger oberhalb der von der EZB angestrebten zwei Prozent verharren wird und die Leitzinsen daher 2024 eher nicht gesenkt werden. Ähnlich argumentiert Haegeli. Die EZB habe „zu spät reagiert“, jetzt sei der Zinsgipfel erreicht und für 2024 keine Senkung zu erwarten – „zur Enttäuschung der Märkte“. Subran hielt dagegen. Er empfahl, nicht dogmatisch am Zwei-Prozent-Inflationsziel festzuhalten und rechnet mit einer EZB-Zinssenkung im Oktober 2024, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Hier geht es zur Videomitschnitt des #GDVlive Chefökonomen-Talk: US-Wahlen 2024 entscheidend für Weltwirtschaft
Themen:
LESEN SIE AUCH
Versicherer gehen gestärkt aus der Multikrise
Die europäischen Versicherer meistern das aktuelle makroökonomische Umfeld. Umsichtiges Kapitalmanagement als Kernkompetenz und die generell grundlegende Bedeutung von Versicherungsprodukten, verschaffen der Branche Widerstandsfähigkeit in einem rezessiven Umfeld.
Ukraine-Konflikt führt zu steigenden Insolvenzen
Trumps Zolloffensive: Protektionismus auf Kosten der Weltwirtschaft
US-Präsident Trump führt drastische Zölle gegen China und weitere Handelspartner ein – mit gravierenden Folgen für globale Märkte. Ökonomen warnen vor Preisschocks, Lieferkettenstörungen und einer möglichen Rezession. Eine Analyse der ökonomischen Risiken und politischen Motive.
Weltwirtschaft im Umbruch: Handelskonflikte, Zinsentscheidungen und wirtschaftliche Unsicherheiten
Die globale Wirtschaft steht Anfang 2025 vor großen Herausforderungen. Während die USA und China ihr Wachstum behaupten, stagniert die Wirtschaft im Euroraum.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Personalumbau im Bundeswirtschaftsministerium: Katherina Reiche vollzieht Bruch mit Habeck-Ära
Katherina Reiche zieht nach ihrem Amtsantritt als Bundeswirtschaftsministerin einen radikalen Schlussstrich unter die Ära Habeck: Mit umfassenden Personalentscheidungen ersetzt sie zentrale Staatssekretäre und Abteilungsleiter. Was hinter dem überraschenden Bruch im Wirtschaftsministerium steckt – und welche politischen Signale Reiche damit sendet.
USA und Ukraine gründen gemeinsamen Wiederaufbaufonds: Strategisches Bündnis zur wirtschaftlichen Stärkung und geopolitischen Positionierung
USA und Ukraine gründen einen gemeinsamen Wiederaufbaufonds zur Stärkung der ukrainischen Wirtschaft – mit Fokus auf Öl, Gas und strategische Rohstoffe. Militärhilfe kann als Beitrag gewertet werden. Europa droht geopolitisch ins Hintertreffen zu geraten.
Neuanfang im Wirtschaftsministerium: Katherina Reiche steht für das Gegenmodell zur Ära Habeck
Katherina Reiche übernimmt als Wirtschaftsministerin – und steht für den radikalen Kurswechsel: marktwirtschaftlich, praxisnah und tief verankert in Politik und Wirtschaft. Als Ostdeutsche und erfahrene Managerin verkörpert sie das Gegenmodell zur Habeck-Ära. Die Erwartungen sind groß – jetzt muss geliefert werden.
Unternehmen in Deutschland: Beschäftigungsabbau setzt sich fort – Unsicherheit erreicht Höchststand
Die Stimmung hellt sich leicht auf, doch zunehmende Unsicherheit und anhaltender Stellenabbau bremsen die wirtschaftliche Erholung in Deutschland weiterhin spürbar aus.