Trotz steigender Beiträge: Mitgliederplus der PKV hält an

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Die private Krankenversicherung als Alternative zur gesetzlichen Gesundheitsversorgung wird immer beliebter. Das zeigt die alljährliche Bilanz des PKV-Verbandes. Für das Geschäftsjahr konnten die privaten Krankenversicherer erneut einen stärkeren Zuwachs aus den gesetzlichen Krankenkassen verzeichnen als umgekehrt. Der Trend hält damit das fünfte Jahr in Folge an.

Bereits im Januar hat der Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) die vorläufigen Branchenzahlen für das Geschäftsjahr 2022 veröffentlicht. Diese machen deutlich, dass der Trend zum Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung ungebrochen ist. Seit nunmehr fünf Jahren verzeichnen die privaten Krankenkassen einen stärkeren Zulauf aus den gesetzlichen Versicherungen als dies umgekehrt festzustellen ist.

„Die Private Krankenversicherung ist auch 2022 weiter stabil gewachsen“, erklärt Thomas Brahm, Vorsitzender des PKV, im Rahmen der Veröffentlichung auf der Internetpräsenz des Verbandes. „Die Gesamtzahl der Versicherungen stieg auf 37,8 Millionen. In der Zusatzversicherung wuchs die Zahl der Verträge um 2,1 Prozent auf insgesamt 29,1 Millionen. Das zeigt den unverändert starken Wunsch vieler Menschen nach garantierter, bestmöglicher Versorgung bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit.“

Ein besonders interessantes Signal für einen anhaltenden Trend im Gesundheitssektor ist aber die Entwicklung der Vollversicherung. Hier haben sich in den vergangenen Jahren die Zugangsvoraussetzungen für den Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenkasse zwar zunehmend verschärft, trotzdem ist ein stabiler Wechseltrend bei Versicherten festzustellen.

Die private Krankenversicherung wird immer häufiger als bestmögliche Gesundheitsversorgung und sinnvolle Alternative zu den gesetzlichen Kassenleistungen betrachtet „2022 entschieden sich 145.500 Personen für einen Wechsel aus der GKV in die PKV“, berichtet Brahm. „Umgekehrt wechselten 115.900 Personen in die GKV, wobei diese Abgänge in der Regel nicht freiwillig erfolgen.“

Häufige Gründe für den unfreiwilligen Wechsel von einer privaten Vorsorge zu einem gesetzlichen Versicherer sind vor allem wirtschaftlich begründet. Die hohen Beiträge in der privaten Krankenversicherung sind im Rentenalter oft nicht mehr leistbar. Auch Kündigungen von Seiten des privaten Anbieters wegen falscher Angaben zum Gesundheitszustand oder den Einkommensverhältnissen führten nicht selten zur Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung.

Gesetzgeber schränkt Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung stark ein

Wer aus der gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen einer Vollversicherung zu einem privaten Anbieter wechseln möchte, sollte diesen Schritt gut überlegen und langfristig planen, denn die Rückkehr ist in den meisten Fällen nicht möglich. Der Gesetzgeber schließt einen beliebigen Wechsel von der privaten Krankenversicherung zurück zu einem gesetzlichen Anbieter grundsätzlich aus.

Wer freiwillig gesetzlich krankenversichert ist, kann jederzeit zu einem privaten Anbieter wechseln, umgekehrt sieht die Rechtslage dies aber ohne zwingenden Grund nicht vor. Insbesondere im Alter kann ein Wechsel schwierig werden, da die gesetzlichen Krankenkassen einkommensabhängige Tarife anbieten, während die private Versicherungstarife in der Regel risikoabhängig berechnet werden.

Ein Wechsel zurück zu einer gesetzlichen Krankenversicherung kann dem Gesetzgeber nach erfolgen, wenn sich die Lebensumstände der versicherten Person „derart verändern, dass erstmals oder erneut eine Versicherungspflicht in der GKV entsteht“. Das gilt allerdings nicht für Wechselwillige, die

  • das 55. Lebensjahr vollendet haben und
  • in den letzten fünf Jahren nicht gesetzlich versichert waren und
  • mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hauptberuflich selbst­ständig waren.

(Quelle: https://www.bundesgesundheitsministerium.de)

Ausbau von Pflegeleistungen als starkes Argument

Die privaten Krankenversicherer haben sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. In Anlehnung an Veränderungen im Gesundheitssektor verstehen sie sich heute nicht mehr vornehmlich als Kostenerstatter, sondern haben ihre Gesundheitsleistungen ausgebaut und agieren immer mehr als kundenorientierter Gesundheitspartner. Diese Neupositionierung vieler privater Anbieter hat das Interesse gesetzlich Versicherter an einem Wechsel weiter verstärkt.

Ein gewichtiges Argument der privaten Krankenkassen ist der starke Ausbau der Pflegeleistungen bei gleichzeitigem Anstieg der in Anspruch genommenen Versicherungsleitungen. Im Geschäftsjahr 2022 sind die Einnahmen in der Kranken- und Pflegeversicherung durch Beiträge von Versicherten um 3,1 Prozent auf 46,8 Milliarden Euro gestiegen. 5,1 Milliarden Euro davon entfallen auf die Private Pflegepflichtversicherung (PPV).

Das entspricht im betrachteten Zeitraum einem Plus von 14,7 Prozent. Die Hauptursache für den starken Anstieg der Pflegebeiträge ist umfangreiche Ausweitung von Pflegeleistungen im Rahmen der gesetzlichen Pflegereformen. Der Gesetzgeber hat entschieden, die Pflegeversicherung in zwei Teilschritten grundlegend zu reformieren. Zum 01. Juli 2023 trat die erste Stufe in Kraft, mit der eine Verbesserung der Pflegeleistungen zum 01. Januar 2024 erreicht werden soll. Mit der zweiten Stufe sollen zum 01. Januar 2025 die Leistungen noch einmal deutlich angehoben werden.

Bereits 2022 stiegen die in Anspruch genommenen Versicherungsleistungen nach Angaben des PKV um 3,8 Prozent auf 33,1 Milliarden Euro. Davon entfallen 2,3 Milliarden Euro allein auf die Pflegeversicherung. Um das wachsende Leistungsniveau nach den gesetzlichen Reformen und in Anbetracht des demografischen Wandels langfristig halten zu können, haben auch die privaten Krankenkassen damit begonnen, höhere Altersrückstellungen aufzubauen. Vor diesem Hintergrund können privat Versicherte auch im Rahmen der Vollversicherung künftig von den gesetzlichen Pflegereformen profitieren.

Nachhaltige Gesundheitsversorgung: PKV setzt auf Demografie-Vorsorge

Alterungsrückstellungen sind insbesondere für private Anbieter die Grundlage für eine nachhaltige Geschäftspolitik. Eine umfangreiche Vorsorge zum Ausgleich des demografischen Wandels im Gesundheits- und Versicherungssektor garantiert anhaltend gute Gesundheitsleistungen für alle Versicherten.

Nach Angaben des PKV haben die privaten Krankenversicherer im Geschäftsjahr 2022 erneut in eine nachhaltige Demografie-Vorsorge investiert. Sie steigerten ihre Alterungsrückstellungen um 4,5 Prozent auf 315,5 Milliarden Euro. Hochrechnungen zufolge fließt damit jeder dritte Euro, der aus den Beiträgen privat Krankenversicherter generiert wird, in die entsprechenden Reserven für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung. Damit wollen die privaten Krankenkassen dem zu erwartenden demografischen Wandel Rechnung tragen und frühzeitig Mittel generieren, aus denen der zu erwartende steigende Bedarf an Gesundheitsleistungen im Alter gedeckt werden soll.

Im Vergleich dazu wird in den meisten gesetzlichen Krankenkassen nach dem aktuellen Gesundheitssystem die Mehrbelastung durch den demografischen Wandel an jüngere Generationen weitergegeben, die diese durch steigende Beiträge finanzieren müssen.

Starkes Wachstum auch bei betrieblicher Krankenversicherung

Wie der PKV im Rahmen der veröffentlichten Geschäftszahlen berichtet, ist es für das Geschäftsjahr 2022 zu einem extrem starken Wachstum im Bereich der betrieblichen Krankenversicherungen (bKV) gekommen. 2022 boten rund 22.300 Unternehmen mit Sitz in Deutschland ihren Angestellten eine durch den Arbeitgeber getragene betriebliche Krankenversicherung an. 2021 waren es noch 18.200 Unternehmen. Das entspricht einem Zuwachs von 22,5 Prozent. Betrachtet man die Zahl der Angestellten, die eine vom Arbeitgeber angebotene bKV nutzen, konnte ein Anstieg um 12 Prozent auf knapp 1,8 Millionen ermittelt werden.

Die bKV wird in Kooperation zwischen den Unternehmen und den privaten Krankenkassen angeboten. Der angebotene Umfang hängt von den Konditionen ab, die der Arbeitgeber mit dem Versicherungsunternehmen aushandelt. Der PKV empfiehlt Versicherten, das Angebot des Arbeitgebers auch als privaten Zusatzschutz zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen.

Für Unternehmen kann die betriebliche Krankenversicherung, ähnlich wie die betriebliche Altersvorsorge, ein Wettbewerbsvorteil auf dem umkämpften Arbeitsmarkt sein. Im Kampf um die begehrten Fachkräfte kann ein attraktiver Versicherungsschutz als Vermögenswerte Leistung und Ergänzung zur gesetzlichen Gesundheitsvorsorge ein attraktives Wettbewerbsargument für das eigene Unternehmen werden.