Hybride Tarife kommen bei Lebensversicherungen zum Tragen, die aus verschiedenen Beitragstöpfen gespeist werden. So wird häufig ein Anteil des Versicherungsbeitrags in einen oder mehrere Investmentfonds eingezahlt. Ein weiterer Anteil wird ‚klassisch‘ im Sicherungsvermögen des Versicherers investiert. Die unterschiedliche Wertentwicklung der beiden Anteile kann für Verwirrung bei den Versicherten sorgen.
Beim Abschluss solcher Versicherungstarife werden meist unverbindliche Wertentwicklungen dargestellt. Diese Hochrechnungen berufen sich auf Zinsprognosen, die den Anteilen des jeweiligen Beitragsanteils zugeordnet sind. Für den Verbraucher ist diese Darstellung manchmal intransparent und schlecht kontrollierbar.
Oft wird bei diesen Darstellungen nicht danach differenziert, dass eine Verzinsung auf das Guthaben im Sicherungsvermögen regelmäßig geringer ist als die Verzinsung des Fondsguthabens. Stattdessen wird häufig der gesamte Sparanteil pauschal mit bis zu sechs Prozent Verzinsung pro Jahr hochgerechnet.
Das entspricht etwa dem Zuwachs, der mit den Fondsanteilen erzielt werden kann. Dem Kunden wird durch diese Darstellung aber eine Ablaufleistung suggeriert, die mitunter als „völlig unrealistisch“ bezeichnet werden kann. Das hat jetzt ein Anwaltsbüro im Auftrag der Bayerischen Beamten Lebensversicherung A.G. festgestellt.
Welche Dimensionen eine fehlerhafte Berechnung der Hochrechnungen haben kann, zeigt dieses Beispiel. Die durchschnittliche Fondsquote über die Laufzeit liegt oft nicht höher als 30 bis 40 Prozent. 60 bis 70 Prozent der Beiträge für die hybride Lebensversicherung landen also im Sicherungsvermögen, das eine deutlich geringere Verzinsung aufweist.
Der Kunde sieht aber die Hochrechnung mit einem Zinssatz 6 Prozent, der auch für das Sicherungsvermögen als Grundlage angenommen wird. Tatsächlich liegt die Verzinsung des Sicherungsvermögens aber im Schnitt bei nur etwa bei 2 bis 3 Prozent. Schon eine um einen Prozentpunkt geringere Wertentwicklung reduziert die zu erwartende Ablaufleistung bei einer Laufzeit von im Schnitt 30 Jahren aber erheblich.
Juristische Risiko-Einschätzung
Juristen sollten jetzt prüfen, ob rechtliche Risiken bestehen, wenn Versicherungen derartige Wertentwicklungen gegenüber ihren Kunden darstellen. Und sie haben beleuchtet, wie Versicherer, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler sich in solchen Beratungen zu verhalten haben.
Das Ergebnis ist relativ klar. Alle drei Gruppierungen, die Kunden eine solche Versicherung anbieten, sollten die von Versicherern dargestellte Wertentwicklungen bei hybriden Tarifen im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nachvollziehen: „Sie dürften dazu verpflichtet sein, ihre Kunden darüber aufzuklären, wenn diese Darstellung aus ihrer Sicht nicht plausibel ist. Schadenersatzansprüche könnten drohen, wenn Kunden trotz einer vermeidbaren Fehlvorstellung einen solchen Tarif abschließen, der sich als nachteilig herausstellt und den Kunden dadurch Vermögensschäden entstehen”, heißt es in dem Gutachten.
Besondere Verantwortung der Versicherungsmakler
„Gerade uns Versicherungsmaklern kommt im Verhältnis zu den Kunden eine besondere Rolle zu”, urteilt auch André Disselkamp, Co-Founder von Insurancy. Versicherungsmakler wie Insurancy, die ja bekanntermaßen im Lager des Kunden stehen, haben per Gesetz weitreichende Beratungspflichten. Sie sollten nach Disselkamp auf gegebenenfalls unrealistische Zinsprognosen hinweisen, aber: „Nach unseren Erfahrungen wissen nur die wenigsten Versicherungsmakler über die Problematik bei den Hochrechnungen Bescheid.“
Das Gutachten stellt die Frage, ob sie nicht verpflichtet sind, von Versicherern dargestellte Wertentwicklungen bei hybriden Tarifen im Sinne einer Plausibilitätskontrolle nachzuvollziehen. Die Hauptleistungspflicht der Versicherungsmakler besteht vor allen Dingen darin, eine Deckungsanalyse vorzunehmen, die richtige Versicherung und eine bedarfsgerechte Versicherungssumme zu ermitteln. Seine Beratung soll sich nicht nur an der Komplexität der Versicherung, sondern auch an den Vorkenntnissen des Kunden orientieren.
Er ist dazu verpflichtet, den Kunden über Umstände aufzuklären, die für eine Entscheidung wichtig sind, und irrige Vorstellungen des Versicherungsnehmers richtigzustellen. Dafür kann es sogar nötig sein, die Solvenz der angebotenen Versicherung zu prüfen, bei ausländischen Versicherungen auch mit Blick auf das dortige Insolvenzrecht und dadurch entstehende Nachteile.
Ähnliche Beratungspflichten wie bei Versicherungsmaklern werden in dem Gutachten auch bei Direktabschluss von Kunden mit Versicherungen oder mit Versicherungsvertretern vermutet. Schließlich ist Versicherern vorgeschrieben, „stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichen Interesse” zu handeln.
Konkurrenz und Beratungspflichten
Allerdings sind deren Beratungspflichten nicht so weitreichend wie die des Versicherungsmaklers. Das liegt auch daran, dass Versicherungen und Versicherungsvertreter nur zu solchen Produkten beraten, die von ihnen selbst angeboten oder vermittelt werden. Die Juristen stellen klar: „Beide müssen ihre eigenen Positionen nicht dadurch schwächen, dass sie konkurrierende Versicherungstarife empfehlen.”
Im Übrigen müssten aber auch sie ihre Beratung nach den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden ausrichten und sie müssen, ähnlich wie ein Versicherungsmakler, die jeweilige Risikosituation des Kunden erfragen und prüfen, welche der von ihnen angebotenen beziehungsweise vermittelbaren Versicherungstarife am besten geeignet sind.
Fazit
Das Gutachten stellt fest, dass es hohe Ansprüche an die Arbeit der Versicherungsmakler gibt, wenn es um hybride Lebensversicherungen und die Berechnung der Wertentwicklung geht. Das schützt die Kunden und stärkt auf der anderen Seite die Position und Glaubwürdigkeit der Versicherungsmakler.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.
Höherer Garantiezins ab 2025: die Bayerische schließt 2024-Neukunden ein
Zum 01.01.2025 vervierfacht sich der Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen von bislang 0,25 auf 1 Prozent. Kundinnen und Kunden in der privaten Altersvorsorge und für Berufsunfähigkeitsversicherungen des Jahres 2024 profitieren ebenfalls ab 01.01.2025 vom neuen Höchstrechnungszins.
Geldanlage mit Investnow von AXA
Das Konzept Easy bietet drei vorkonfigurierte Portfolios: „Defensiv“, „Ausgewogen“ und „Chance“. Mit dem Konzept werden Anlagen individuell zusammengestellt und können auf die vier Bausteine „AXA Aktien-ETF-Selektion“, „AXA Megatrends“, „AXA Zinsertrag“ und „Geldmarkt“ aufgeteilt werden.
IVFP analysiert Renditen von Indexpolicen
Trotz dem eigentlich sehr guten Börsenjahr 2023 gab es nur für etwa 40 Prozent aller Inhaber*innen von Indexpolicen eine Renditegutschrift. Erfreulich für Kunden: der Trend zu mehr Überschüssen und somit besseren Ertragschancen hat sich auch im Jahr 2024 fortgesetzt.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
BFH-Urteil zum freiwilligen Wehrdienst: Wann Kindergeld trotz Soldatendienst gezahlt wird
Der Bundesfinanzhof schafft Klarheit: Ein freiwilliger Wehrdienst allein begründet keinen Anspruch – doch wer ausbildungswillig ist und keinen Platz findet, kann profitieren. Was das Urteil für Familien bedeutet.
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.
Nebenkostenabrechnung 2024: Was zählt – und was nicht
Die Abrechnung der Betriebskosten für 2024 fällt für viele Mieter höher aus als erwartet – trotz sinkender Energiepreise. Warum das vergangene Jahr kein fairer Vergleichsmaßstab ist.