Femtech ist ein relativ junger Subsektor in der Healthcare-Branche. Warum in diesem Bereich große Wachstumsmöglichkeiten für Unternehmen sowie Anlegerinnen und Anleger schlummern.
Ein Beitrag von Andreas Dittmer, Produkt- und Client Portfolio Manager bei der Apo Asset Management GmbH (apoAsset)
Die Medizin wird gewissermaßen weiblich: Bei Femtech, einer Wortschöpfung aus den beiden Begriffen Female und Technology, handelt es sich um einen noch jungen Bereich in der Medizintechnik. Im Kern geht es um neue Technologien, Programme und Services, die speziell auf die Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten sind. Eigentlich ist es erstaunlich, dass es diesen Bereich noch nicht länger gibt.
Immerhin kommen Frauen auf einen Anteil von rund 50 Prozent an der Weltbevölkerung. Gleichzeitig unterscheiden sich abhängig vom Geschlecht in zahlreichen Bereichen die Anforderungen an die medizinische Versorgung erheblich. Schließlich gelten Frauen als gesundheitsbewusster als Männer.
Interessanterweise wurden im Bereich der Medikamentenentwicklung die meisten Präparate für weiße Männer in der westlichen Welt entwickelt. In der Anwendung zeigt sich, dass diese nicht für alle Menschen gleichermaßen wirken.
Die dänische Internetunternehmerin Ida Tin gilt als Erfinderin des Begriffs Femtech. Dabei handelte es sich nicht um eine reine Wortschöpfung. Tin stellte 2016 auf der Messe TechCrunch Disrupt ihre Menstruations-App Clue vor. Die Entwicklung startete also gerade einmal vor rund sieben Jahren.
„Ich dachte, es ist verrückt, dass wir einen Mann auf den Mond schicken können, aber wir kein Werkzeug haben, das uns hilft, die eigenen Muster unseres Körpers zu verstehen“, erklärte Tin. Damit fiel gewissermaßen ihre Entscheidung, eine Zyklus-App zu entwickeln.
Femtech ist deutlich mehr als Zyklus-Tracking
Seitdem haben sich sowohl der Begriff Femtech als auch eine ganze Reihe an Innovationen aus diesem Bereich in zahlreichen Anwendungsgebieten etabliert. Allein im Bereich Zyklus-App gibt es mittlerweile weltweit mehr als 100 Programme für das Smartphone. Femtech ist jedoch deutlich umfassender.
Dazu gehören auch Themen wie Reproduktionsmedizin, Schwangerschaft, Geburt und Neugeborenenservices, Becken- und Uterusgesundheit oder Allgemeine Frauengesundheit. Dabei handelt es sich um Bereiche, die eine hohe Zahl von Frauen betreffen.
In den industrialisierten Ländern haben zehn Prozent der Frauen, die schwanger werden wollen, damit Schwierigkeiten. In Deutschland haben sogar rund ein Drittel der Frauen Probleme mit den Wechseljahren. Aufgrund der hohen Verbreitung spielt auch das Thema Brustkrebs eine wichtige Rolle.
Bei Femtech handelt es sich somit nicht um ein Nischenthema, sondern um einen Wachstumsmarkt, der aufgrund seines jungen Alters über enormes Potenzial verfügt.
Raus aus den Kinderschuhen
Typisch für einen jungen Bereich haben anfangs vor allem Start-ups die Femtech-Szene dominiert. Mittlerweile mischen aber auch Konzerne mit milliardenschweren Umsätzen und Börsenwerten bei dem Thema mit. Zum Beispiel Establishment Labs.
Das Unternehmen aus Costa Rica ist vor allem auf die Brustästhetik und -rekonstruktion spezialisiert. Konkret geht es um silikongefüllte Brust- und Körperimplantate. Seit 2010 hat Establishment Labs bereits mehr als 2,5 Millionen Implantate an plastische Chirurgen in mehr als 80 Ländern geliefert.
Nach der rasanten Aktienrallye der vergangenen Jahre kommt das Unternehmen mittlerweile auf einen Börsenwert von rund 1,6 Milliarden Euro (Stand: 28.02.2023). Die Implantate von Establishment Labs gelten als Hightech- Medizinprodukte.
Oder Richter Gedeon. Das Unternehmen bekannt als Generikahersteller aus Ungarn bietet nach eigenen Angaben Frauen jeder Altersgruppe hochwirksame, sichere und preislich erschwingliche Präparate in allen relevanten Indikationen der Frauengesundheit an. Das Biotech-Unternehmen kommt derzeit auf eine Marktkapitalisierung von 3,8 Milliarden Euro.
InMode aus Israel schafft es immerhin auf einen Börsenwert von 2,9 Milliarden Euro. Das Unternehmen entwickelt und verkauft auf Hochfrequenz (RF) basierende Technologien, die bei Schönheitsbehandlungen eingesetzt werden. Im Gegensatz zu den meisten herkömmlichen Verfahren benötigen die Behandlungen mit InMode nur eine lokale Betäubung, sind narbenfrei und in der Regel günstiger.
Rasante Entwicklung
Zurück zu Ida Tin. Mittlerweile nutzen weltweit in mehr als 190 Ländern rund elf Millionen Frauen die Zyklus-App Clue. Das Beispiel zeigt, welches Potenzial im Bereich Femtech steckt. Der Healthcaremarkt insgesamt zeichnet sich seit Jahren durch ein robustes und weitgehend konjunkturunabhängiges Wachstum aus.
Zu den wesentlichen Treibern zählen das weltweite Bevölkerungswachstum und eine Vielzahl von Innovationen. Beim Bereich Femtech kommt dazu, dass das Thema Frauengesundheit bis vor wenigen Jahren völlig vernachlässigt wurde. Es besteht somit ein enormer Nachholbedarf. Und der Innovationszug hat hier gerade erst Fahrt aufgenommen.
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