Oscars 2023: Aufschwung und Risiken in der Unterhaltungsbranche

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Mit der Verleihung der Oscars am 12. März sind alle Augen auf die globale Unterhaltungsindustrie gerichtet. Der Glamour, die Einnahmen und das Publikum mögen nach der Pandemie zurückkehren, aber das Film- und Live-Event-Geschäft hat sich trotzdem noch nicht vollständig von der Covid-Krise erholt.

Gleichzeitig muss sich die Unterhaltungsbranche neuen Herausforderungen stellen, die sich aus neuen Technologien, dem wirtschaftlichen Umfeld und einem wachsenden Fokus auf Nachhaltigkeit und Diversity ergeben, so der neue Entertainment-Ausblick des Versicherers Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS).

AGCS ist ein wichtiger Akteur auf dem globalen Markt für Film- und Veranstaltungsversicherung und hat fünf der zehn Filme versichert, die dieses Jahr für die Oscar-Verleihung in der Kategorie „Bester Film“ nominiert sind. Damit setzt AGCS eine lange Tradition der Partnerschaft mit der Filmindustrie fort, die bis zu den Filmen von Charlie Chaplin vor 100 Jahren zurückreicht.

„Die Unterhaltungsindustrie hatte ein sehr gutes Jahr 2022 und ein willkommener Aufschwung ist definitiv im Gange, aber wir sind noch nicht über den Berg“, sagt Michael Furtschegger, Global Head of Entertainment bei AGCS.

In den drei Jahren der Corona-Pandemie habe sich die Welt verändert, fährt Furtschegger fort. Die Branche müsse sich zudem mit neuen Technologien, immer zahlreicheren Plattformen, grundlegend veränderten Konsummustern sowie mit Veränderungen in der öffentlichen Meinung, insbesondere bei den jüngeren Generationen, auseinandersetzen.

Trotz des Gegenwinds kehrt das Publikum in die Entertainment-Foren zurück, wie aktuelle Zahlen belegen. Gower Street Analytics berichtet, dass die weltweiten Einnahmen an den Kinokassen im Jahr 2022 25,9 Mrd. US-Dollar erreicht haben – ein Plus von 27 Prozent gegenüber 2021, aber immer noch 35 Prozent hinter dem Durchschnitt der drei Jahre vor der Pandemie (2017 bis 2019).

Die Einnahmen aus Live-Musik sollen bis zum Jahr 2024 das Niveau vor der Pandemie übersteigen, wobei digitale Musik-Streaming-Abonnements das Wachstum bei Musikveröffentlichungen ankurbeln, deren Einnahmen laut PwC im Jahr 2026 voraussichtlich 45,8 Mrd. US-Dollar erreichen werden (36,1 Mrd. US-Dollar im Jahr 2021).

Auch das Live-Theater feiert mit steigenden Einnahmen und Besucherzahlen ein Comeback, während sich die globale Sportindustrie dank Medienrechten, Sponsorenverträgen und weit im Vorfeld geplanten internationalen Veranstaltungen und Turnieren als besonders robust erweist.

Das große Ganze

Wie andere Industriezweige auch, ist der Unterhaltungssektor nicht immun gegen wirtschaftliche Trends wie steigende Kosten oder Personalmangel. „Unsere Kunden aus der Unterhaltungsbranche bekommen die Auswirkungen der Inflation zu spüren, da die Kosten für Produktion und Live-Events steigen“, erklärt Furtschegger.

Die Personalkosten seien infolge des Fachkräftemangels gestiegen, der nach der Pandemie auftrat, als viele die Branche wegen des Stillstands verließen, weiß der Experte. Die Veranstaltungsorte seien knapper als früher, weil es immer noch viele Shows gebe, die wegen der Pandemie verschoben wurden und zusätzlich zu neu hinzukommenden Veranstaltungen und Festivals stattfinden müssen.

Größere Events florieren durchaus, aber kleinere Veranstaltungen seien durch Faktoren wie knappe Veranstaltungsorte und steigende Transport- und Energiekosten stärker gefordert. Furtschegger erwartet daher eine weitere Konsolidierung in der Branche, bei der kleinere, angeschlagene Produktionsfirmen und Location-Betreiber von größeren Akteuren aufgekauft werden.

Qualität statt Quantität

Die Technologie hat die Einstiegshürden für produzierte Inhalten gesenkt, da praktisch jede Person mediale Inhalte auf TikTok, YouTube oder Instagram hochladen kann, während am anderen Ende der Skala die großen Studios und Technologieunternehmen ihre eigenen Plattformen betreiben. Die schiere Menge an Content, die mittlerweile erstellt und verbreitet wird, macht die Qualität zu einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal in einem überfüllten Markt.

„Bei der kommerziellen Filmproduktion sehen wir einen Trend hin zur Qualität, aber das lässt natürlich die Kosten steigen“, sagt Bastian Widdermann, der für die AGCS Zentral und Osteuropa die Entertainment-Versicherung verantwortet.

Seines Erachtens sollten Unternehmen sich mit einen ausreichenden Versicherungsschutz für anspruchsvolle Produktionen auf der sicheren Seite wähnen. Wenn die Kosten steigen, und das tun sie mit jedem zusätzlichen Drehtag, steigen auch die Risiken im potenziellen Schadenfall.

Wachsamkeit in Sachen Nachhaltigkeit

ESG-Themen (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) gewinnen in der Branche zunehmend an Bedeutung. Bei der diesjährigen Oscar-Verleihung werden auf dem roten Teppich grüne Kleider zu sehen sein, da die Academy einen verantwortungsvolleren Umgang mit Mode anstrebt.

Im Bereich der Live-Veranstaltungen hat sich die britische Band Coldplay verpflichtet, die mit ihrer aktuellen Welttournee „Music of the Spheres“ verbundenen Kohlenstoffemissionen im Vergleich zu 2016/2017 zu halbieren, und ist eine Reihe weiterer nachhaltiger Verpflichtungen eingegangen, darunter die Zahlung eines Zuschlags für Flugbenzin, die Beschaffung nachhaltiger Waren und das Pflanzen eines Baumes für jede verkaufte Eintrittskarte.

„Jüngere Generationen sind besonders an Nachhaltigkeit interessiert, und vor allem Festivalveranstalter reagieren darauf“, sagt Furtschegger. „Immer mehr Konzertmanager verpflichten sich zu Nachhaltigkeitszielen, um die mit Live-Tourneen verbundenen Emissionen zu reduzieren.“

Die virtuelle Zukunft

Da Streaming heute ein wesentlicher Bestandteil der Unterhaltungs- und Medienlandschaft ist, stellen virtuelle Konferenzen einen großen Wachstumsbereich dar. Der weltweite Markt für virtuelle Veranstaltungen wurde im Jahr 2021 auf über 114 Mrd. US-Dollar geschätzt und wird voraussichtlich bis 2030 um durchschnittlich 21,4 Prozent wachsen.

Auch ohne Live-Publikum sind virtuelle Konferenzen mit Risiken behaftet, wie zum Beispiel dem Ausfall der Übertragung aufgrund eines Wetterereignisses oder einer Naturkatastrophe, einem Brand in der Sendeeinheit oder Netzwerkproblemen, die sich auf die Sendeinfrastruktur auswirken. Auch gemietete Geräte und Studioräume können durch Sach- und Haftpflichtschäden gefährdet sein.

Reality- und Live-Inhalte nehmen ebenfalls weiter zu, was durch On-Demand-Dienste und Social-Media-Plattformen begünstigt wird. Virtual Reality (VR) ist das am schnellsten wachsende Unterhaltungs- und Mediensegment laut PwC, und es wird erwartet, dass das globale VR-Wachstum zwischen 2021 und 2026 das Segment auf 7,6 Milliarden Dollar ansteigen lässt. Prognosen zufolge werden bis 2026 85 Prozent des gesamten VR-Umsatzes auf Spiele entfallen.

„Gaming-Plattformen wie Fortnite und Roblox dienen zunehmend als soziale Knotenpunkte, während Gaming-Inhalte sich immer stärker auf Social Media- und Streaming-Plattformen verlagern“, sagt Furtschegger. „The Last of Us“, eine Videospieladaption, die in einer post-apokalyptischen Welt spielt, wurde im Januar 2023 von US-Fernsehanbieter HBO mit großem Beifall aufgenommen.

Zugleich entwickelt sich E-Sports/Videogaming auch immer mehr zum Zuschauermagnet: Die Gesamtzahl der E-Sports-Zuschauer weltweit wird laut Schätzungen bis 2025 möglicherweise 640 Millionen übersteigen.

Aufkommende Risiken in der Szene

Gesundheits- und Sicherheitsprotokolle, insbesondere für den Fall künftiger Pandemien, zunehmende Wettergefahren und die Sicherheit von Menschenmengen sind einige der Hauptrisiken für die Unterhaltungsindustrie. „Die Covid-Krise und ein tragischer Schusswechsel an einem Filmset haben zuletzt gezeigt, dass die Branche ihre Sicherheitsprotokolle weiterhin gut im Auge behalten muss“, sagt Furtschegger.

Der Klimawandel sei ein weiterer Grund zur Besorgnis. „Wir erleben immer mehr wetterbedingte Anomalien wie schwere Stürme und Überschwemmungen in Europa und Buschbrände in Kalifornien. Diese verursachen unweigerlich Chaos bei Live-Veranstaltungen, wenn Absagen drohen oder gar die Sicherheit der Menschen bedroht ist.“

„Menschenmengen waren schon immer mit Risiken verbunden“, betont Kurt Miner, Managing Director, Entertainment, bei Allianz Risk Consulting, Nordamerika. Veranstalter seien jetzt besser in der Lage, große Menschenmengen zu überwachen und sie sowie auch die Künstler durch den Einsatz von Echtzeit-Videoüberwachung zu schützen. Blockierte Ausgänge oder beschädigte Absperrungen können so schnell entdeckt werden.

Auch soziale Medien lassen sich immer besser nutzen für das Crowd Management, um dem Ansturm auf die Ein- und Ausgänge zuvorzukommen und Massenpaniken zu verhindern, weiß Miner. Die häufigste Ursache für Versicherungsschadenfälle bei Live-Veranstaltungen sind Ausrutschen und Stürze, daher sollten die Organisatoren dafür sorgen, dass medizinisches Personal und ein Transport zu örtlichen medizinischen Einrichtungen vor Ort verfügbar sind.