Auskunftei Schufa gibt nach und verkürzt Dauer von Datenspeicherung: Einträge zu Privatinsolvenzen werden künftig nach sechs Monaten gelöscht
Die Auskunftei Schufa gibt dem Druck der Verbraucher und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nach und verkürzt die Speicherdauer für Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate. Im Vorfeld hatte am EuGH der Generalanwalt Priit Pikamäe in seinen Schlussanträgen am 16. März 2023 bereits angedeutet, dass die lange Speicherdauer von drei Jahren dem europäischen Datenschutz widerspricht (Az.: C-634/21).
Geschäftsmodell der Schufa steht am EuGH auf der Kippe
- Im ersten Rechtsstreit (Rechtssache C-634/21) verlangt der Kläger von der Schufa, seinen Eintrag zu löschen und ihm Zugang zu den Daten zu gewähren. Ihm war ein Kredit verwehrt worden. Die Schufa stellte sich jedoch quer, gab ihm nur seinen Score-Wert und allgemeine Informationen zur Berechnung bekannt. Daraufhin klagte der Verbraucher. Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden legte den Fall dem EuGH vor. Das VG interessiert sich besonders für die Frage, ob es sich bei dem Schufa-Scoring um eine automatisierte Verarbeitung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 DSGVO handelt. Entscheidungen mit rechtlicher Wirkung dürfen nach dieser Norm, nicht nur durch die automatisierte Verarbeitung von Daten getroffen werden. Doch genau so verhält sich das Scoring nach Ansicht des Generalanwalts. Die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Kreditwürdigkeit stellt eine solche verbotene automatische Entscheidung dar. Dabei spielt es keine Rolle, wenn beispielsweise Banken endgültig entscheiden, ob die Person kreditwürdig sei.
- Mit dem Thema Restschuldbefreiung nach einer Insolvenz beschäftigen sich zwei weitere Verfahren (Az.: C-26/22 und C-64/22). Privatleute haben die Möglichkeit, sich durch eine Verbraucherinsolvenz innerhalb eines begrenzten Zeitraums von ihren Schulden zu befreien, auch wenn sie nicht alles zurückzahlen können. Am Ende eines erfolgreichen Verfahrens steht die sogenannte Restschuldbefreiung. Alle nicht getilgten Schulden werden dabei erlassen. Die Privatinsolvenz soll Verbrauchern zum Neustart verhelfen. Daher löschen Insolvenzgerichte öffentliche Informationen über Privatinsolvenzen nach einem halben Jahr. Die Schufa löscht die Einträge in ihrem eigenen Register allerdings erst nach bis zu drei Jahren.
- Das lange Aufbewahren der Daten über private Insolvenzen wertet der EuGH-Generalanwalt als rechtswidrig. Ziel der Restschuldbefreiung sei es, dass die Betreffenden sich wieder am Wirtschaftsleben beteiligen können. Das würde vereitelt, wenn private Wirtschaftsauskunfteien die Daten über die Insolvenz länger speichern dürften. Betroffene hätten deshalb das Recht, von der Schufa zu verlangen, dass die Daten unverzüglich gelöscht werden.
DSGVO stärkt Verbraucherrechte gegen Auskunftei Schufa
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