Börsennotierte Immobilienunternehmen werden von vielen Analysten als „werthaltig“ oder „Value“ eingestuft und aufgrund ihrer angeblichen Bilanzsolidität und niedrigen KGV-Bewertung als „Kauf“ bewertet. Aufgrund der deutlich gesunkenen Aktienkurse wird sogar die Meinung vertreten, Anleger könnten sich nun mit einem Abschlag „günstiger“ an einem Immobilienportfolio beteiligen.
Eine Einschätzung von Dominikus Wagner, Fondsmanager des W&F Unternehmerfonds und Gründer von Wagner & Florack
Aus der Perspektive von Wagner & Florack sind die werthaltige Einschätzung von börsennotierten Immobilienunternehmen irreführend. Nach unsere Überzeugung sind börsennotierte Immobilienaktien ein Produkt des jahrzehntelangen Aufwärtstrends am Immobilienmarkt.
Viele verfolgen ein Geschäftsmodell, in dem rückläufige Preise strukturell nicht verkraftet werden können: Bei zahlreichen Immobilienaktien löst ein Preisrückgang am Immobilienmarkt eine Abwärtsspirale aus, die möglicherweise nicht mehr aufzuhalten ist.
Aufwertung des Immobilienvermögens
Die Grundlage des Geschäftsmodells sind kontinuierliche Aufwertungen des Immobilienvermögens: In der letzten Dekade haben sich die bilanziellen Anlagevermögen börsennotierter Immobiliengesellschaften – ohne Berücksichtigung von Zukäufen – allein über Aufwertungen nahezu verdoppelt. Dank der Bewertungsgutachten von Sachverständigen wurden Bestandsimmobilien zum Teil sogar im ersten Halbjahr 2022 noch aufgewertet.
Erst durch die Aufwertungen konnten Immobilienunternehmen oft ein positives Nachsteuerergebnis ausweisen und eine Dividende ausschütten. Im Kerngeschäft fallen jedoch in der Regel Verluste an. Aufgrund hoher Renovierungs- und energetischer Sanierungsinvestitionen ist der freie Barmittelzufluss (Free Cash-Flow), der im Unterschied zum Nachsteuerergebnis auch Abschreibungen, Betriebskapital und Investitionen berücksichtigt, bei vielen Immobiliengesellschaften negativ.
Verlustreiches Kerngeschäft beeinträchtigt den Free Cash-Flow
Wegen des verlustreichen Kerngeschäfts können viele börsennotierte Immobilien-Firmen den Betrieb nur durch fortgesetzte Kreditaufnahme sicherstellen. Der niedrige oder gar negative Free Cash-Flow erschwert aber die Tilgung von Krediten und erfordert oft sogar neue Kredite, um fällige Zahlungen zu begleichen.
Muss das Immobilienportfolio aufgrund der Marktentwicklung abgewertet werden, kann das eine Abwärtsspirale auslösen: Nötige neue Fremdkapital-Finanzierungen sind noch schwieriger zu finden und damit steigt der Druck, Bestandsimmobilien bei rückläufigen Preisen verkaufen zu müssen. Der Wettlauf zwischen Veräußerungen und Preisverfall ist eröffnet. Immobilienunternehmen könnten mit „Notverkäufen“ sogar den Abwärtstrend auf dem Markt verschärfen. Dazu kommt: Ohne Aufwertungen sind Dividendenzahlungen in Gefahr.
Börsennotierte Immobilienunternehmen sind nach Ansicht von Wagner & Florack ein typisches Beispiel dafür, dass Unternehmen ohne profitables Kerngeschäft für langfristige, auf Kapitalerhalt ausgerichtete Investoren ungeeignet sind. Für einen Value-Investor kommen sie alleine wegen der hohen Verschuldung und des negativen Free Cash-Flows nicht in Frage. Die Risiken sind beträchtlich.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Lage, Lage, Finanzierbarkeit: der deutsche Immobilienmarkt im Wandel
Nach der langanhaltenden Phase rückläufiger Zinsen traf die abrupt eintretende Zinswende im Sommer 2022 auf eine Gemengelage weiterer negativer Einflüsse im Immobilienmarkt. Ein Überblick über die Auswirkungen der unterschiedlichen Faktoren.
Auswirkung der Krisen auf die deutschen Wohnträume
Unter Immobilieninteressenten herrscht große Verunsicherung und eine gewisse Abwartehaltung. Gleichzeitig gibt es neue Chancen: Das Immobilienangebot steigt und Kaufpreise können verhandelt werden – besonders bei weniger energieeffizienten Immobilien.
Immobilienmarkt: Noch herausfordernd, aber mit neuen Chancen
Nach einem sehr turbulenten zweiten Halbjahr 2022 haben sich die Immobilienpreise im Q1 2023 überraschend rasch stabilisiert. Der Markt scheint sich, trotz der herausfordernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu beruhigen und bietet aktuell ungeahnte Chancen.
Keine Angst vor Inflation
Auch wenn die aktuelle Inflation und weltweite Krisen vielen Menschen Angst um ihre Zukunft bereiten, bleiben Investitionen in Immobilien eine langfristige und solide Anlage. Wer die richtigen Kennzahlen kennt, kann am Immobilienmarkt erfolgreich sein.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
BFH-Urteil zum freiwilligen Wehrdienst: Wann Kindergeld trotz Soldatendienst gezahlt wird
Der Bundesfinanzhof schafft Klarheit: Ein freiwilliger Wehrdienst allein begründet keinen Anspruch – doch wer ausbildungswillig ist und keinen Platz findet, kann profitieren. Was das Urteil für Familien bedeutet.
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.