Die Stimmung der deutschen Immobilienfinanzierer stürzt im dritten Quartal 2022 weiter ab: Der Barometerwert fällt von -12,01 im Vorquartal auf nun -16,91 Punkte. Damit wird der bisherige Tiefstwert von -15,24 Punkten aus dem zweiten Quartal 2020 noch einmal unterboten. Zur Verschlechterung des Stimmungsindex haben zahlreiche Faktoren beigetragen, allen voran, dass 82 Prozent der Befragungsteilnehmer restriktivere Bedingungen bei Finanzierungen sehen. Im zweiten Quartal waren es noch 68 Prozent.
Manuel Köppel, CFO der BF.direkt AG, erscheint der erneute Einbruch des Barometerwerts überraschend, denn die Zinsentwicklung habe sich seit dem zweiten Quartal nicht weiter verschärft. Seines Erachtens machen sich nun konjunkturelle Sorgen stärker bemerkbar, etwa wegen der sich zuspitzenden Energiekrise. Hinzu kommen die Faktoren, die schon im zweiten Quartal die Rahmenbedingungen verschlechtert haben, etwa die steigenden Baukosten und die hohe Inflation.
Bei der Einschätzung des Neugeschäfts setzt sich der Trend des Vorquartals fort. Inzwischen beobachten 37 Prozent der befragten Experten ein abnehmendes Neugeschäft (+22 Prozentpunkte), während nur noch 22 Prozent einen Anstieg verzeichnen (-7,6 Prozentpunkte).
Bei der Frage, wer in den Unternehmen die Kreditentscheidungen durchsetzt, gibt es deutliche Veränderungen im Vergleich zum Vorquartal. 43 Prozent der Experten beobachten, dass die Kreditentscheidungen eher von der Risikoabteilung beeinflusst werden (+19 Prozentpunkte). Niemand hält mehr die Neugeschäftsabteilung allein für ausschlaggebend (-15 Prozentpunkte). Ausgewogenheit zwischen Risiko- und Neugeschäftsabteilung sehen 57 Prozent der Befragten.
Professor Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS und wissenschaftlicher Berater des BF.Quartalsbarometers, kommentiert:
Die Risikoaversion zieht sich wie ein roter Faden durch das Untersuchungspanel.
Die Entwicklung der Beleihungsausläufe spreche eine deutliche Sprache, so Dr. Sebastian. Der durchschnittliche Loan-to-Value der Bestandsobjekte betrage nur noch 63 Prozent, der Loan-to-Cost der Projektentwicklungen 67 Prozent. Köppel ergänzt, dass die gute Nachricht sei, dass der Finanzierungsmarkt per se weiterhin funktioniere. Banken und alternative Kreditgeber seien durchaus finanzierungsbereit, haben aber das Risiko im Blick und gehen selektiver vor.
Die Margen sind im Vergleich zum noch nicht von der Corona-Krise beeinflussten vierten Quartal 2019 deutlich gestiegen, bei den Bestandsfinanzierungen von 127 auf nun 172 Basispunkte, bei den Projektentwicklungsfinanzierungen von 201 auf 291 Basispunkte. Während die Margen bei den Projektentwicklungen im Vergleich zum Vorquartal nochmal leicht zulegen konnten, sind sie bei den Bestandsfinanzierungen um 19 Basispunkte gesunken.
Zur Methodik
Das BF.Quartalsbarometer wird im Auftrag der BF.direkt AG, Spezialist für die Finanzierung von Immobilienprojekten, durch das Analyseunternehmen bulwiengesa AG erarbeitet. Der Index gibt die Stimmung und das Geschäftsklima der Immobilienfinanzierer in Deutschland umfassend wieder.
Zur Ermittlung des BF.Quartalsbarometers werden vierteljährlich etwa 110 Experten befragt, die größtenteils direkt mit der Vergabe von Krediten an Immobilienunternehmen betraut sind. Das Panel besteht aus Vertretern unterschiedlicher Banken und anderen Finanzierern.
Der Wert des BF.Quartalsbarometers setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen des Fragebogens zusammen: aus der Einschätzung zur Veränderung der Finanzierungsbedingungen, der Entwicklung des Neugeschäfts, der Höhe der gewährten Kredittranchen, der Risikobereitschaft der Finanzierer nach Assetklassen, der Höhe der LTV-/LTC-Werte, der Entwicklung der Margen, der Bedeutung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten und der Entwicklung der Liquiditätskosten.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Stimmung der Immobilienfinanzierer ist gut
Leichte Stimmungsaufhellung bei den Immobilienfinanzierern
Nach sechs aufeinanderfolgenden Tiefstwerten steigt der Wert des BF.Quartalsbarometers erstmals wieder leicht auf nun -17,29 Punkte an. Während sich wichtige Parameter des Sentiment-Index für Immobilienfinanzierer nicht weiter verschlechtert haben, zeigen sich vereinzelt höhere Kreditvolumina.
Stimmung unter Immobilienfinanzierern hellt sich leicht auf
Nach einem Tiefstwert von -20,22 Zählern im Q3 2023 steigt das BF. Quartalsbarometer im Q4 2023 wieder leicht auf -17,98 Zähler an. Für Optimismus in der Branche sorgen etwa der Rückgang der Inflationsrate und des Zehn-Jahres-Zinsswaps. Das sind gute Neuigkeiten für die Immobilienbranche.
Negativrekord bei Sentiment-Index für Immobilienfinanzierer
Nach einer leichten Stimmungsaufhellung im Vorquartal sinkt das BF.Quartalsbarometer für Immobilienfinanzierer um rund 3 Zähler. Restriktivere Finanzierungsbedingungen, rückläufiges Neugeschäft und steigende Liquiditätskosten drücken den Barometerwert auf einen neuen Tiefstand.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Zwischen Zauber und Zahlen: Warum deutsche Aktien wieder Chancen bieten
Trotz Konjunktursorgen, geopolitischer Spannungen und struktureller Probleme sehen viele Anleger wieder Potenzial im deutschen Aktienmarkt. Portfoliomanager Olgerd Eichler von MainFirst nennt sechs gute Gründe – mit überraschend positiven Langfristaussichten.
Höhere Pfändungsfreigrenzen ab 1. Juli 2025: Was das für Gläubiger bedeutet
Zum 1. Juli 2025 steigen die Pfändungsfreigrenzen – für Schuldner:innen bedeutet das mehr finanzieller Spielraum, für Gläubiger hingegen weniger pfändbare Beträge und längere Rückzahlungszeiträume. Was das konkret heißt und worauf Gläubiger jetzt achten müssen.
In der Steuerung des Kreditrisikos liegt ein strategischer Hebel
Protektionismus, Handelskonflikte, geopolitische Risiken – die Unsicherheit an den Märkten bleibt hoch. Passive Kreditstrategien stoßen in diesem Umfeld schnell an ihre Grenzen. Warum gerade aktives Management und ein gezielter Umgang mit Kreditaufschlägen den Unterschied machen können, erklärt Jörg Held, Head of Portfolio Management bei Ethenea.
Mehrheit befürwortet Rüstungsinvestments – Akzeptanz steigt auch bei nachhaltigen Fonds
Private Geldanlagen in Rüstungsunternehmen polarisieren – doch laut aktueller Verivox-Umfrage kippt die Stimmung: 56 Prozent der Deutschen halten solche Investments inzwischen für legitim. Auch nachhaltige Fonds greifen vermehrt zu.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.