Normalerweise wird ein Testament handschriftlich auf einem Blatt Papier aufgesetzt und danach in den eigenen Unterlagen aufbewahrt. Möglich wenngleich unüblich ist es aber auch, das Testament in Briefform an die darin bedachte Person zu versenden. Das geht aus einer neuen Entscheidung des Oberlandesgerichts Saarbrücken hervor, auf die das Erbrechtsportal "Die Erbschützer" hinweist (Az.:5 W 62/21).
In dem Fall hatte eine unverheiratete und kinderlose Erblasserin einem Paar am 27.12.2018 eine Grußkarte folgenden Inhalts geschrieben:
„Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken. Im neuen Jahr gehe ich mit Toni zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich nicht mehr um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen.“
Im September 2019 ließ die Erblasserin tatsächlich von einem Notar einen entsprechenden Testamentsentwurf anfertigen. Aufgrund einer sturzbedingten Krankenhauseinweisung konnte der vereinbarte Notartermin nicht mehr stattfinden.
Die von der Erblasserin vorgesehenen Erben beantragten nach dem Tod der betagten Dame beim Amtsgericht St. Wendel aufgrund der Grußkarte die Erteilung eines Erbscheins, der sie als rechtmäßige Erben ausweisen sollte. Und tatsächlich erließ das Nachlassgericht einen entsprechenden Beschluss, gegen den die gesetzlichen Erben Beschwerde beim Oberlandesgericht Saarbrücken einlegten – mit Erfolg.
Die Saarbrücker Richter führten aus, dass ein privatschriftliches Testament grundsätzlich auch in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief enthalten sein kann. Ein solches Testament könne allerdings nur dann juristisch Bestand haben, wenn der Erblasser den Brief mit ernsthaftem Testierwillen verfasst, habe,
berichtet Rechtsanwalt Dr. Sven Gelbke, Geschäftsführer des Legal Tech Portals „Die Erbschützer“.
Im konkreten Fall äußerte das Oberlandesgericht Saarbrücken genau an dem Testierwillen der Briefeschreiberin Zweifel. Zwar habe sie in der Grußkarte festgehalten, dass die beiden genannten Personen allein ihre Erben sein sollten. Zugleich kündigte sie aber an, dafür im neuen Jahr einen Notar aufzusuchen. Vor diesem Hintergrund, so das Gericht, könne der Testierwille nicht eindeutig festgestellt werden. Vielmehr handele es sich allein um die Ankündigung einer künftigen Erbeinsetzung.
„Die Tatsache, dass die Erblasserin später von einem Notar einen Testamentsentwurf formulieren ließ und einen Notartermin vereinbarte, deutet nach Ansicht des Gerichts darauf hin, dass die Dame selbst davon ausging, mit der Grußkarte noch kein Testament abgesetzt zu haben. Der Fall zeigt, dass hochbetagte ErblasserInnen möglichst schnell und eindeutig ihre Rechtsnachfolge regeln sollten.“ Sonst, so Gelbke, bestehe die Gefahr, dass genau diejenigen Personen erben, die der Erblasser eigentlich von der Erbfolge ausschließen wollte.
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