Massenverarbeitung als Schlüssel für Digitalisierung in der bAV

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Seit geraumer Zeit steigen die Kundenerwartungen an die Versicherungsunternehmen beziehungsweise Versorgungsträger, aber auch an den Versicherungsvertrieb insbesondere den Maklervertrieb. Gleichzeitig nimmt das Thema Nachhaltigkeit deutlich an Bedeutung zu und auch der steigende Kostendruck hat Einfluss auf das Handeln der Beteiligten. Dies gilt auch für Themen rund um das Thema der betrieblichen Altersversorgung. Dementsprechend nimmt die Digitalisierung an Stellenwert zu und die Ableitung und deren Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen wird forciert.

Ein Beitrag von Sandra Weis, Senior Business Consultant bei adesso

Sandra Weis, Senior Business Consultant bei adesso

Ein wichtiger Bestandteil, um die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit voranzutreiben, ist die Modernisierung und Erweiterung der bestehenden Systeme. Eine Möglichkeit die Kundenerwartungen zum Beispiel in Bezug auf Schnelligkeit zu erfüllen oder gar zu übertreffen und gleichzeitig den Verwaltungsaufwand und die -kosten zu reduzieren ist die Nutzung von Massenverarbeitungen.

In der Praxis wird eine Datei mit den relevanten Daten wie Kollektivvertragsnummer durchzuführender Geschäftsvorfall, Vertragsnummer, Änderungstermin und für die Durchführung des Geschäftsvorfalls individuell notwendigen Daten erstellt. Bei Bedarf wird von einem Mitarbeitenden eine Datenbereinigung vorgenommen und die Daten in das relevante System übermittelt.

Der Massenverarbeitungsjob wird gestartet, die Datei in das zu verarbeitende Systeme übertragen und die einzelnen Datensätze auf Logik geprüft. Automatisiert werden aus den übermittelten Datensätzen die Geschäftsvorfälle generiert, verarbeitet und einzelvertraglich durchgeführt. Abhängig vom Workflow werden die relevanten Schnittstellen bedient und dort weiterverarbeitet. Beispielsweise werden die die Daten historisiert, die Dokumente automatisiert erstellt, versandt und archiviert sowie Beitragsänderungen im Inkassosystem und im Bedarfsfall im Provisionssystem vermerkt.

Einsatz der Massenverarbeitung

Geeignet sind vor allem Geschäftsvorfälle, die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in Massen auftreten. Hier bestehen die gleichen Rahmenbedingungen wie derselbe Versicherungsnehmer oder Kollektivertrag. Ab welcher Anzahl Geschäftsvorfälle es sich lohnt die Massenverarbeitung einzusetzen, ist individuell von den Aufwänden beim Versicherungsunternehmen beziehungsweise Versorgungsträger abhängig. Ein Vergleich der Aufwände für die Massenverarbeitung und für die individuelle einzelvertragliche Bearbeitung der Geschäftsvorfälle durch einen Mitarbeitenden gibt Aufschluss über die Wahl des vorteilhafteren Verfahrens.

Genutzt werden kann die Massenverarbeitung bereits im Rahmen von Ausschreibungen für die Erstellung von Beitragstabellen. Wünscht der potenzielle Kunde oder der Versicherungsvertrieb eine Auflistung der versicherten Leistungen, die sich in Abhängigkeit vom Produkt, dem Eintritts- und Endalter sowie der Beitragshöhe ergeben, ist ohne die Massenverarbeitung ein hoher manueller Aufwand erforderlich.

Die Ermittlung der Werte werden meist durch einen Mitarbeitenden einzeln für jede Berechnungskombination im Angebotssystem vorgenommen und von diesem manuell in eine Liste eingetragen. Gegebenenfalls wird durch einen weiteren Mitarbeitenden eine Qualitätssicherung der erstellten Beitragstabelle vorgenommen.

Mit der Massenverarbeitung können die Rahmenbedingungen für die Erstellung einer Leistungsübersicht vorgegeben und vom System automatisch für die Leistungskombinationen berechnet und in aufbereiteter Form dokumentiert werden.

Makler können profitieren

Hier können Versicherungsmakler in zweifacher Hinsicht profitieren. Zum einen indem sie bei großen Belegschaften nicht auf eine wenige Musterberechnungen mit standardisiertem Beitrag und festen Eintrittsaltersstufen (zum Beispiel alle fünf Jahre) Leistungstabellen anfragen, sondern per anonymisierter Personalliste gleich konkrete individualisierte Leistungsübersichten beim Versicherungsunternehmen anfordern. Der Vorteil liegt auf der Hand, denn der einzelne Mitarbeiter findet sich im erstellten Vorschlag wieder, so dass sich die Abschlusswahrscheinlichkeit (bei Entgeltumwandlung) erhöht. Zum anderen kann der Anteil von Neuberechnungen im Rahmen der Beratung reduziert werden und die Angebotsliste als Antragsliste verwendet werden, was den administrativen Aufwand erheblich reduzieren kann.

Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung wurde bei etlichen Kollektivverträgen ein listenmäßiges Aufnahmeverfahren vereinbart. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber für die Neuanmeldung seiner Mitarbeitenden eine Liste mit den Informationen über die zu versichernden Mitarbeitenden und Leistungen erstellt anstatt für jeden Mitarbeitenden einen Einzelantrag. Die Einreichung erfolgt oftmals über den Versicherungsvertrieb insbesondere Versicherungsmakler, die die Anmeldeliste an das Versicherungsunternehmen beziehungsweise Versorgungsträger weiterleiten.

Reduktion des administrativen Aufwands

Ähnliches gilt für Vertragsänderungen wie Beitragsanpassungen und Unternehmensaustritte. In der Praxis werden diese vom Arbeitgeber in Listenform mit den relevanten Daten an den Versicherungsmakler, das Versicherungsunternehmen beziehungsweise Versorgungsträger übermittelt und beinhalten Informationen zu den gewünschten einzelvertraglichen Änderungen. Dies kann in Papierform oder auch digital erfolgen wie beispielsweise per Mail oder über ein Firmenkundenportal. Selbstverständlich wird während des gesamten Prozesses der Datenschutz eingehalten. Auch hier reduziert sich der administrative Verwaltungsaufwand, insbesondere für die Versicherungsmakler, erheblich.

Darüber hinaus ergeben sich auch bei den Versicherungsunternehmen beziehungsweise Versorgungsträger Anpassungsbedarf von bestehenden Verträgen wie beispielsweise die Übertragung des Bestandsinhabers. Ohne den Einsatz der Massenverarbeitung werden diese Geschäftsvorfälle dann pro Versicherungsvertrag manuell von einem Mitarbeitenden bearbeitet.

Dadurch kommt es bei der Bearbeitung der Geschäftsvorfälle insgesamt zu einem teilweise enorm hohen manuellen Aufwand mit einer gewissen Fehlerquote und -Korrektur bedarf. Die Folge sind negative Auswirkungen unter anderem auf die Durchlaufzeiten für die Durchführung des Geschäftsvorfalls, die Verwaltungskosten sowie auf die Zufriedenheit und -bindung des Kunden, aber auch auf die des Versicherungsvertriebs insbesondere der Versicherungsmakler. Die Massenverarbeitung wirkt diesem entgegen.

Die Listen für Neuanmeldungen und Vertragsänderungen werden möglichst digital erstellt und übermittelt. Die Datensätze mit den Daten werden gesamthaft, also nicht auf Einzelvertragsebene, in das relevante Angebots- oder Bestandsführungssystem eingespielt und verarbeitet. Die Schnittstellen wie Druck, Inkasso und Provisionssystem werden beliefert. Demzufolge werden beispielsweise Versicherungsdokumente erstellt, Sollstellungen im Inkassosystem und Provisionsberechnungen oder -rückrechnungen erzeugt.

Nutzen für die Beteiligten

Die Massenverarbeitung von Geschäftsvorfällen wird von Versicherungsunternehmen und Versorgungsträgern, wenn überhaupt, überwiegend nur ansatzweise eingesetzt. Und das, obwohl dies besonders im Rahmen von Kollektivverträgen der betrieblichen Altersversorgung sinnvoll und der Nutzen offensichtlich ist. Zumal sich für alle Beteiligten deutliche Vorteile ergeben, auch für den Versicherungsvertrieb insbesondere den Versicherungsmaklern.

Schlanke Wertschöpfungsketten

Die rund um die Geschäftsvorfälle bestehenden Prozesse können entlang der Wertschöpfungskette für alle Beteiligten schlank gestaltet werden. Durch die Massenverarbeitung wird weitestgehend die Dunkelverarbeitung genutzt. Die manuelle Bearbeitung oder ein Eingriff durch einen Mitarbeitenden reduziert sich auf ein Mindestmaß. Der administrative Aufwand ist dadurch deutlich geringer. Auch die Fehlerquote und der Aufwand für Fehlerkorrekturen wird durch die weitestgehend automatisierte Verarbeitung reduziert. Dieses Vorgehen trägt somit positiv zur Schonung der administrativen Ressourcen bei, was zur Senkung der Verwaltungskostenquote beiträgt.

Eine schnelle Verarbeitung der Geschäftsvorfälle senkt die Durchlaufzeiten für die Durchführung des Geschäftsvorfalls. Insbesondere in Stoßzeiten wie zum Jahresende ist dies ein klarer Vorteil. Die Versicherungsnehmer erhält zeitnah eine Rückmeldung zu den Vertragsänderungen und die relevanten Versicherungsdokumente. Der Versicherungsvertrieb erspart sich das häufige Nachfragen zum Bearbeitungsstatus , die Erinnerung der durchzuführenden Vertragsänderungen sowie die Rückmeldung von Bearbeitungsfehlern zu einem Geschäftsvorfall und kann so seinem Kunden den erwarteten schnellen Service bieten.

Die Digitalisierung fördert den Verzicht auf die analoge Kommunikation, beispielsweise per Papier, und trägt somit positiv zur Nachhaltigkeit einschließlich der Verminderung des ökologischen Fußabdrucks bei.

Die Reduktion der administrativen Tätigkeiten beim Versicherungsvertrieb insbesondere der Versicherungsmakler setzen Kapazitäten frei und bieten dem Vertrieb neuen Freiraum für kundenaktive Zeit: den Auf- und Ausbau von Kundenbeziehungen sowie das Vertreiben von Finanzdienstleistungs- und Versicherungsprodukten. Insgesamt hat dies einen positiven Einfluss auf die Gewinnung, Bindung und Zufriedenheit des Kunden sowie des Versicherungsvertriebs.

Spürbarer Mehrwert

Versicherungsunternehmen und Versorgungsträger, die ihren Versicherungskunden und Vertriebspartnern die Massenverarbeitung anbieten, bieten diesen sowie dem eigenen Unternehmen einen spürbaren Mehrwert und erzielen also einen klaren Wettbewerbsvorteil. Insbesondere im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit den externen Vertriebspartnern.

Schlanke Prozessabläufe werden beispielsweise immer häufiger das wichtigste Entscheidungsmerkmal der Versicherungsmakler bei der Auswahl des Versicherungsunternehmens. Schließlich hat die Servicequalität des Versicherungsunternehmens Einfluss auf die Reputation des Versicherungsmaklers gegenüber seinen Kunden und führt im positiven Falle zu einer gefestigten, langfristigen sowie ertragsreichen Geschäftsbeziehung.

Bild (1): © Sandra Weis