Studie untersucht Compliance von FinTechs

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Compliance ist vor allem in der Finanzindustrie ein komplexes und wichtiges Thema. Eine Studie von PwC zeigt nun, wie Fin- und InsurTechs damit umgehen.

Compliance, also das Verhalten in Übereinstimmung mit geltendem Recht, betrifft nicht nur Konzerne. Compliance im Mittelstand (KMU) sowie für Start-ups wird auch zunehmend wichtiger. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hat eine Studie dazu erstellt, wie FinTechs die regulatorischen Leitlinien umsetzen. Es handelt sich dabei um Start-ups, die digitale Finanzinnovationen anbieten und deshalb besonders reguliert sind.

Im Rahmen der Studie definierten die Autoren Compliance als „Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und Regularien sowie das Befolgen interner Richtlinien und Vorgaben durch Ihr Unternehmen“. Teilgenommen haben an der Befragung 39 Compliance-Verantwortliche aus Fin- und InsurTechs. Das Ziel war den Wissensstand der Unternehmen in Bezug auf Compliance zu untersuchen und ihre Chancen und Herausforderungen zu beleuchten. Die Meinungen der Umfrageteilnehmer ermöglichen somit eine realistische Einschätzung dazu, wie Start-ups in der streng regulierten Finanzindustrie mit dem Thema der Compliance umgehen.

Rechtliche Vorgaben zwingen zur Compliance

Ein Großteil (82 Prozent) der Unternehmen nannte die rechtlichen Vorgaben in Deutschland als Hauptgrund dafür, wieso sie sich mit Compliance beschäftigen. Zudem sind die Interessen und Anforderungen der Stakeholder bei mehr als der Hälfte (56 Prozent) der Unternehmen ein Hauptgrund dafür, sich mit Compliance zu beschäftigen. Der hohe Stellenwert der Compliance in der Finanz- und Versicherungsbranche wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass in fast jedem zweiten FinTech die Gründer oder die Geschäftsführung unmittelbar an deren Umsetzung beteiligt sind.

Compliance gut aufgestellt?

Ihre Compliance bewerten drei Viertel der FinTechs als „gut aufgestellt“. Die Autoren der Studie sehen diese Eigenbewertung im Anbetracht ihrer Erfahrungen aus dem Beratungsalltag jedoch als kritisch. „Rasantes Wachstum, Ressourcenengpässe, und junge Mitarbeiter*innen, die zum Großteil nicht aus der Finanzbranche kommen, führen dazu, dass bei Compliance Themen durchaus Verbesserungspotenzial besteht“, erklärt Sven Meyer, Leiter FinTechs PwC Deutschland. „Wenn man nicht weiß, was man nicht weiß, dann erkennt man das Problem nicht“, so die Studienautoren.


https://paymentandbanking.com/wp-content/uploads/2022/05/insurtech-compliance-aufstellung-1.png – Bild einfügen – Quelle PwC

Anforderungen an Compliance nehmen zu

Nahezu alle FinTechs (92 Prozent) rechnen trotz der bereits umfassenden gesetzlichen Regulierung damit, dass in den kommenden Jahren noch mehr Aufwand bei der Compliance anfallen wird. Dafür sprechen unter anderem Änderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im letzten Jahr.

Mehr Vertrauen durch Compliance

Obwohl Compliance in den FinTechs zu einem hohen zusätzlichen Arbeitsaufwand führt, wird das Thema von den Unternehmen nicht ausschließlich negativ bewertet. Mehr als die Hälfte (62 Prozent) der befragten Fin- und InsurTechs sind der Ansicht, dass die hohen Anforderungen an Compliance das Vertrauen ihrer Partner, Investoren und Kunden in das Unternehmen stärkt.

Außerdem sind die Unternehmen (38 Prozent) der Meinung, dass ihre Attraktivität am Markt durch Compliance zunimmt. Die Finanzmarktregulierung sorgt zudem bei in der Grownup-Phase dafür, dass die Mitarbeiter sensibilisiert werden und im Tagesgeschäft durch klare Vorgaben eine höhere Qualität liefern können.

Compliance verlangsamt viele Prozesse

Leider sorgen die strengen Richtlinien in vielen Start-ups des Finanzsektors nicht nur für positive Stimmung. Knapp ein Drittel der Umfrageteilnehmer erklärte, dass ihre Prozesse durch Compliance verlangsamt werden. Betroffen sind davon FinTechs in allen Entwicklungsstufen. In weiter entwickelten Unternehmen sorgt zudem das nötige Wissen für die fachliche korrekte Umsetzung der Compliance für Probleme. Die Grownups, also Start-ups, die sich inzwischen am Markt etablieren konnten, bemängeln überdies, dass der hohe Aufwand, der bei der Einhaltung aller Vorgaben und Regeln anfällt, nicht monetarisiert werden kann. Es entstehen also viele Arbeitsstunden, die nicht unmittelbar für mehr Umsatz sorgen.

Ob Compliance als Bremse oder Motor gesehen wird, hängt von der Perspektive ab: Einige Unternehmen befürchten, dass sie dadurch Wettbewerbsnachteile gegenüber ausländischen Unternehmen haben. Andere nutzen Compliance gezielt, um neue Märkte zu erschließen,

erklärt Sven Meyer, Leiter FinTechs PwC Deutschland.

Die zentralen Handlungsfelder der Compliance

Damit es in ihren Unternehmen nicht zu Compliance-Verstößen kommt, haben sich die FinTechs breit aufgestellt. In den meisten Unternehmen (77 Prozent) sorgen Aspekte beim Datenschutz und bei der Cyber- und IT-Sicherheit für den größten Aufwand bei der Compliance. Zudem ist die Geldwäsche-Prävention bei vielen FinTechs (64 Prozent) ein großer Aufwandstreiber.

Welchen Fokus die Compliance in einem FinTech hat, hängt primär von dessen Entwicklungsphase ab. In der Seed-Phase ist vor allem der Aufbau von Prozessen zum Schutz vor Finanzkriminalität essenziell. Unternehmen in späteren Phasen investieren hingegen vor allem in ihre Cyber- und IT-Sicherheit.

Zusammenfassend zeigt die Studie somit, dass deutsche Fin- und InsurTechs Compliance als zentrales Thema sehen. Der langfristige Unternehmenserfolg im Finanzsektor kann aufgrund der strengen Vorgaben somit nur erreicht werden, wenn diese eingehalten werden, ohne dass dadurch die Innovationskraft verloren geht. Möglich ist dies laut den Experten von PwC durch klare Verantwortlichkeiten in den FinTechs sowie eine kluge Prozessentwicklung, die die Einhaltung der Compliance-Anforderungen sicherstellt. 

Bilder (2–4): © PricewaterhouseCoopers GmbH