Fast jeder zweite Bundesbürger gehörte im Jahr 2018 zur Mittelschicht – dieser Wert hat sich seit Jahren praktisch nicht verändert. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt außerdem, ab welchem Einkommen die Mittelschicht beginnt und warum 18- bis 34-Jährige heute seltener dazugehören.
Wer 2018 als Singlehaushalt mehr als 1.620 Euro Nettoeinkommen pro Monat zur Verfügung hatte, gehörte zur Mittelschicht im engeren Sinne. Das zeigt eine neue IW-Studie auf Basis der Langzeitbefragung des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Fünf Jahre zuvor lag die Grenze inflationsbereinigt noch fast 200 Euro niedriger. Nach IW-Definition zählt zur Mittelschicht im engeren Sinne, wer 80 bis 150 Prozent des Medianeinkommens hat. Im Bereich von 60 bis 80 Prozent des Medianeinkommens gehört ein Haushalt zur unteren Mitte, der Bereich von 150 bis 250 Prozent definiert die obere Mitte.
Wie steht es um die Stabilität der Mittelschicht?
Auch wenn in den vergangenen Jahren häufig auf eine schrumpfende Mittelschicht verwiesen wurde, zeigt die IW-Auswertung, dass sich die relative Größe der Mittelschicht seit gut einem Jahrzehnt kaum verändert hat. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2005 sank der Anteil der Mittelschicht an der Bevölkerung von 54,4 Prozent auf 49,8 Prozent. Seitdem hat sich der Anteil allerdings nur unmerklich verändert: Im Jahr 2018 gehörte mit rund 49 Prozent knapp jeder Zweite zur Mittelschicht im engeren Sinne. Im Generationenvergleich zeigt sich jedoch, dass junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 34 Jahren heute seltener zur Mittelschicht gehören als ihre Elterngeneration im gleichen Alter. Eine naheliegende Erklärung: Die Studien- und Ausbildungszeiten sind heutzutage länger und junge Menschen wohnen häufiger allein als früher.
Weniger Sorgen
Auch das Empfinden der Menschen deutet auf eine stabile Mittelschicht hin: Gegenüber dem Jahr 2006 sind die finanziellen Sorgen in allen Einkommensschichten zurückgegangen. Damals machte sich jeder Vierte in der Mittelschicht große Sorgen um seine materielle Lage, 2019 waren es unter zehn Prozent. Studienautorin Judith Niehues erklärt, dass für die Zeit vor der Corona-Pandemie die Daten und das Empfinden der Menschen auf ein positives Bild hindeuten, auch wenn in der Öffentlichkeit häufig von einer zunehmend verunsicherten und von Abstiegsängsten geplagten Mittelschicht die Rede sei. Studienautor Maximilian Stockhausen fügt außerdem hinzu:
In unseren Mobilitätskennzahlen finden sich zudem keine stichhaltigen Gründe für steigende Ängste. Die finanziellen Abstiegsrisiken haben sich für die Mittelschicht im engen Sinn seit vielen Jahren nicht nennenswert verändert.
Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine auf das Schichtgefüge haben, kann erst in den kommenden Jahren beantwortet werden.
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