Das Landgericht Düsseldorf hat in dem vorliegenden Fall entschieden, dass eine gebundene Versicherungsvermittlerin auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn sie auf einem “Business Portal” als “Versicherungsmaklerin” bezeichnet wird.
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz sowie für Informationstechnologierecht, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Die Beklagte vermittelt Versicherungen als sogenannte „gebundene Versicherungsvermittlerin“. Über eine Erlaubnis als Versicherungsmaklerin verfügt sie nicht. Im Februar 2020 war in dem streitgegenständlichen Business Portal ein Eintrag zu der beklagten Vermittlerin abrufbar. Darin waren unter ihrem Bild und Namen die Worte “Versicherungen, Versicherungsmakler/in” angegeben. Mit dem Portalbetreiber ist die Beklagte vertraglich verbunden.
Der Kläger, zu dessen Satzungszwecken es zählt, zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs und eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs beizutragen und unlautere, wettbewerbswidrige Maßnahmen zu bekämpfen, begehrt mit seiner Klage gegenüber der beklagten Versicherungsvermittlerin Unterlassung mit dem Hinweis “Versicherungsmakler/in” zu werben.
Die rechtliche Wertung des LG Düsseldorf
Die Klage hatte Erfolg (LG Düsseldorf, Urt. v. 22.01.2021 – Az. 38 O 68/20). Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 UWG zu. Denn das Bereitstellten und das Bereithalten des Seiteninhalts mit den Kontaktdaten und der Angabe des Tätigkeitsbereichs der Beklagten verwirkliche die Merkmale einer geschäftlichen Handlung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Diese sei nach dem Dafürhalten des Gerichts gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig.
Weiter führt das Gericht aus, dass die geschäftliche Handlung irreführend gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 UWG sei. Denn die in ihr enthaltene Angabe „Versicherungsmakler/in” sei unwahr. Die beklagte Vermittlerin verfüge nämlich über keine Erlaubnis zur Tätigkeit eines Versicherungsmaklers. Dadurch werde bei dem Nutzer des Portals eine Fehlvorstellung hervorgerufen. Die irreführende Handlung sei schließlich geschäftlich relevant (§ 5 Abs. 1 S. 1 UWG). Sie könne die Nutzer des Portals zur geschäftlichen Entscheidung (§ 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG) veranlassen, mit der Beklagten in Kontakt zu treten, um sich bei ihr näher über ihr Angebot zu informieren, so das Gericht.
Haftung der Versicherungsvermittlerin
Wegen dieser geschäftlichen Handlung stehe dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung zu. Gemäß § 8 Abs. 1 UWG sei Schuldner der Abwehransprüche jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt.
In Betracht komme hier eine Haftung für Handlungen Dritter nach § 8 Abs. 2 UWG. Eine solche sei gegeben, wenn die Zuwiderhandlung in dem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden. Dabei werden dem Inhaber eines Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter oder Beauftragten ohne jegliche Entlastungsmöglichkeit zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigen und sich der Unternehmensinhaber, dem die Geschäftstätigkeit seiner Beauftragten zugutekommt, sich bei seiner Haftung nicht hinter die von ihm abhängigen Dritten verstecken können soll.
Weiter führt das LG Düsseldorf aus: Bindet der Unternehmer den Beauftragten vertraglich, werde er nicht dadurch entlastet, dass letzterer sich über die vereinbarten Einschränkungen seiner Befugnisse hinweggesetzt hat ohne, dass es darauf ankomme, ob der Unternehmer mit einer solchen Verletzung vertraglicher Pflichten konkret rechnen musste.
Danach hafte die Beklagte jedenfalls gemäß § 8 Abs. 2 UWG für die unmittelbar von dem Portalbetreiber begangene Handlung, so das Landgericht Düsseldorf.
Hinweis für die Praxis
Die Entscheidung des LG Düsseldorf ist nachvollziehbar und kann im Ergebnis vollen Umfangs überzeugen, zumal viele Versicherungsvertreter, ob gebunden oder auch ungebunden, sich als Versicherungsmakler darstellen, obwohl sie hierfür über keine entsprechende Erlaubnis der zuständigen Aufsichtsbehörde verfügen. In diesem Bereich kommt es daher immer mehr zu Abmahnungen seitens solcher Mitbewerber, die über eine Erlaubnis zur Tätigkeit als Versicherungsmaklers verfügen.
Dieses ist auch dem Grunde nach richtig. Denn Verbraucher sollen sich von ihrem Vermittler vor der Inanspruchnahme der Beratung „ein Bild machen können“. Dieses ist natürlich auch dahingehend wichtig für den Verbraucher, da Versicherungsvertreter – ob gebunden oder ungebunden – in der Regel nicht alle Versicherungen am deutschen Markt vermitteln können.
Dieses ist bei einem Versicherungsmakler – mit gewissen Ausnahmen – jedoch der Fall. Versicherungsmakler können in der Regel alle am deutschen Markt verfügen Versicherungen vermitteln, mit der Ausnahme derjenigen Versicherungen, die nicht mit Versicherungsmaklern zusammenarbeiten wollen. Dieses sind zum Beispiel Versicherungen, welche über ein eigene „Vertriebseinheiten“ verfügen, sogenannte Ausschließlichkeitsvertriebe.
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