Das OLG Brandenburg hatte einen Fall zur Leitungswasserversicherung zu überprüfen. Es ging dabei um die Frage, ob solche Reparaturkosten „notwendig“ sind, die wegen der Beseitigung eines Wasserschadens an weiteren Gebäudeteilen entstehen.
Ein Beitrag von Björn Thorben M. Jöhnke, Rechtsanwalt der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Der Versicherungsnehmer will seine Versicherung in Anspruch nehmen. Aufgrund eines Leitungswasserschadens wurden Reparaturen vorgenommen. Dabei kam es im Rahmen von Schadensbeseitigungsmaßnahmen zu Schäden an Heizungsrohren im Fußboden des Wohnhauses.
Die Klauseln der Wohngebäudeversicherung versprechen den Ersatz der „notwendigen“ Reparaturkosten. Der Versicherer verweigerte die Leistung für die zusätzlich entstandenen Schäden und betrieb Maßnahmen zur Schadens- und Kostenminimierung. Das OLG Brandenburg (Urteil v. 28.04.2021 – AZ: 11 U 186/20) gab dem Kläger jedoch Recht.
Auslegung der entsprechenden Klausel
Streitgegenständlich war nicht die Frage, ob ein Leitungswasserschaden vorliegt. Darüber waren sich die Parteien unstrittig einig. Es ging um die Bewertung, ob Folgeschäden bei der Mängelbeseitigung noch zum Ersatz von „notwendigen“ Reparaturen gehören. Das OLG Brandenburg legte dementsprechend die Klausel aus. Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei aufmerksamer Durchsicht verstehen muss. Versicherungsrechtliche Spezialkenntnis wird nicht berücksichtigt. Der erkennbare Sinnzusammenhang ist jedoch beachtlich. Die Klausel kann so verstanden werden, dass sich der Ersatz nur auf die ursprüngliche Schadensbeseitigung erstreckt. Jedoch wird mit dem Begriff „Notwendigkeit“ die Erwartung des Versicherungsnehmers geweckt, dass alle Kosten, die im Zusammenhang entstehen, ersatzfähig sind.
Widersprüchlichkeit des Verhaltens des Versicherers
Im Übrigen klärte das OLG Brandenburg, ob sich der Versicherer widersprüchlich verhielt, indem er ein kooperierendes Werkunternehmen mit der Schadensbeseitigung betraute. Kommt es infolge der Beauftragung eines Unternehmens zu Schäden beim Versicherungsnehmer, kann sich der Versicherer nicht darauf berufen, dass die von dem beauftragen Unternehmen verursachten Schäden vom Versicherungsnehmer zu tragen sind. Insoweit verhielt sich der Versicherer entgegen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB durchaus widersprüchlich. Die Leistungsverweigerung wäre ihm auch unter diesem Gesichtspunkt verwehrt gewesen.
Fazit und Hinweis für die Praxis
Sind in einer Schadensklausel alle „notwendigen“ Reparaturkosten gedeckt, gelten damit auch Schäden als versichert, die in Folge der Schadensbeseitigung eintreten. Insbesondere wenn der Versicherer selbst ein Unternehmen zur Reparatur beauftragt hat. Kommt es zu Komplikationen mit dem Versicherer, sollte zwingend fachanwaltliche Unterstützung aufgesucht werden.
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